Vom Mechaniker zum Diener Christi

«Warum gehst du nicht zu Gott?»

Tauben züchten, Messgeräte reparieren, Panflöte spielen und die frohe Botschaft verkünden. Wie aus einem Menschen, der nach dem Sinn des Lebens suchte, ein leidenschaftlicher Nachfolger Christi wurde, erzählt Ueli Haus, befragt von seinem Sohn, im Interview.
Ueli Haus hat in seinem Leben die Kraft Gottes auf vielseitige Art und Weise erfahren.
Einen Tag vor seinem 70. Geburtstag raschelte es vor dem Fenster seines Zimmers. Als Ueli nach draussen ging, entdeckte er diese Landschildkröte.
Der begabte Mechaniker hat für die Firma Tettex Instruments AG gearbeitet und beispielsweise Amperemeter repariert. Diese Geräte messen den Strom.
Die Weihnachtslieder des Panflötenspielers Gheorghe Zamfir haben Ueli inspiriert, selbst Musik zu machen.
Früher besuchte Ueli die Stadtmission in Baden. Aus diesem Projekt ist unter anderem das christliche Sozialwerk HOPE entstanden.

Guido Haus: Hast du als Kind schon von Jesus gehört?
Ueli Haus:
Eigentlich schon. Meistens freute ich mich auf Weihnachten und Ostern. Dabei fühlte ich mich wohl, es war schön und ich spürte einen Frieden, obwohl ich die Bibel nicht kannte. Dass es einen Gott gibt, habe ich immer gewusst. Niemand auf der Welt kann sagen, es gebe keinen Gott, denn jeder kann in den Spiegel schauen und fragen, woher komme ich? Dazu fallen mir die zwei Bibelworte «Gott schuf den Menschen zu seinem Ebenbilde» und «Gott hat den Menschen aufrichtig gemacht, aber sie suchen allerlei Künste» ein. Dieses Wissen hat uns Gott von Anfang an ins Herz gelegt. Dennoch staune ich, dass ich in späteren Jahren, als ich Probleme hatte, nicht Gott um Hilfe bat.
In der Schule fürchtete ich mich so sehr vor Prüfungen, dass ich vor Angst in die Hosen machte. In der fünften Klasse wurde ich deshalb von meinen Mitschülern gehänselt, weil ich dementsprechend gerochen habe. Ich bin nicht gerne in die Schule gegangen. Schlimm war beispielsweise der Schwimmunterricht, weil ich mich vor dem Wasser fürchtete. Leider erkannte meine Lehrerin das Problem nicht. Stattdessen durfte ich jeweils 50 Mal an die Wandtafel schreiben: «Ich darf den Schwimmunterricht nicht schwänzen».

Ist es richtig, dass du in deiner Jugend auch Tauben gezüchtet hast?
In meiner Jugendzeit kaufte ich fünf Pfauentauben und hielt sie im Dachstock des Elternhauses. Der Verkäufer hat mir gesagt, ich müsse die Vögel mindestens vier Wochen im Käfig behalten, damit sie sich an die Umgebung gewöhnen und wissen, wo ihr Zuhause ist. Nach fünf Wochen liess ich die Tauben frei, weil man mir sagte, sie kämen wieder zurück. Erstaunlicherweise fanden ständig weniger Exemplare den Weg in den Dachstock, bis dann gar keine Taube mehr heimkehrte. Nach einiger Zeit beschwerte sich eine Nachbarin bei mir, weil eine Taube in ihrem Schlafzimmer hockte, die nicht mehr hinaus wollte.
Ich hatte schon immer Freude an Tieren. Einen Tag vor meinem 70. Geburtstag raschelte es vor dem Fenster meines Zimmers. Als ich hinaus ging, entdeckte ich im Schilf eine kleine Landschildkröte. Seither wohnt sie zusammen mit einem Kanarienvogel bei mir.
Auch Schafe übten eine grosse Anziehungskraft auf mich aus. Damals verliess ich während einer Pause den Kindergarten und ging auf die nahe gelegene Weide, um den Hirten und dessen Herde zu beobachten. Ich dachte mir in meinem Herzen, hier möchte ich für immer bleiben.

Was hast du nach der Schule gemacht?
Damals stellte ich mir die Frage nach dem Sinn des Lebens. Mein Vater bemühte sich, mir zu helfen und sorgte sich wegen meiner Berufswahl. Nach acht Jahren Volksschule ging ich dann an die Berufswahlschule Juventus nach Zürich. Viermal pro Tag fuhr ich die Strecke mit dem Zug. Die SBB hatte noch die Wagen mit den Holzbänken, die dritte Klasse. Als ich 16 Jahre alt war, unternahmen meine Eltern sogar den Versuch, mich an einer freien evangelischen Schule einzuschreiben. Eigentlich wollte ich Bordmechaniker bei der Swissair werden, da mich der Pilot Charles Lindbergh beeindruckte, der mit seinem einmotorigen Flugzeug den Atlantik überquerte. Ich hatte Angst vor dem Fliegen, dennoch hat mich die Luftfahrt begeistert. Jedenfalls absolvierte ich später eine vierjährige Lehre als Kleinmechaniker.

Hast du diesen Beruf ausgeübt?
Ich arbeitete über ein Jahrzehnt bei der BBC und reparierte im Eichraum unter anderem elektrische Messinstrumente. In dieser Zeit hatte ich ambitionierte Pläne und machte nebenbei einen vierjährigen Fernkurs auf dem Gebiet der Elektronik. Obwohl ich am Schluss dieser Ausbildung ein Diplom in den Händen hatte, muss ich rückwirkend sagen, dass es um meine persönliche Eitelkeit ging. Rauch und Schall sozusagen. Nach 17 Jahren erhielt ich bei der BBC die Kündigung, weil ich einen Voltmeter und andere Geräte aus dem Abfall holte, reparierte und günstig verkaufte oder verschenkte. Ausserdem musste ich für drei Tage ins Gefängnis, weil mich ein Arbeitskollege zu Unrecht eines Diebstahls bezichtigte. In dieser Zeit ging auch die Ehe mit meiner damaligen Frau in die Brüche. Gott hat mir dennoch geholfen und mich durch diese schwere Zeit durchgetragen.

Was passierte nach dem Rauswurf bei der BBC?
Nach der Kündigung erhielt ich ein Angebot von der Firma Metrawatt. Die Tochtergesellschaft der BBC suchte einen Laborchef und stellte mich ein. Doch zeigte sich bald, dass ich dafür nicht geboren war. Meine ruhige Art und das häufige Nachdenken am Arbeitsplatz waren meinem Chef ein Dorn im Auge. Ich wurde in die Werkstatt versetzt und durfte als Servicemechaniker elektronische Geräte wie Regelanlagen reparieren, die in Atomkraftwerken verwendet wurden. Meine Begabung als Troubleshooter kam abermals zum Einsatz. Nach vier Jahren verlor ich auch diese Arbeitsstelle. Heute weiss ich, dass es Gnade war. Bevor ich die Firma Metrawatt verliess, bekam ich von einem Mitarbeiter den Hinweis, mich bei der Tettex zu melden. Dort erhielt ich nochmals die Möglichkeit in einem Labor zu arbeiten und Geräte zu kontrollieren oder zu reparieren. Es hatte dort nette Leute und das Klima war sehr angenehm, so dass mir die Arbeit gefallen hat, trotzdem hatte ich Probleme.
Während dieser Zeit fragte ich stark nach dem Sinn des Lebens und besuchte nach Feierabend unterschiedliche Vorträge an Universitäten und anderen Bildungshäusern. Dort referierten weltlich kluge Köpfe über ihre eigenen Vorstellungen, wie man das Leben interessanter macht. Einer dieser so genannten Lehrer nahm einen Besen und balancierte ihn auf seiner Hand, dazu meinte er, so müsst ihr euer Leben gestalten. Ich beschäftigte mich auch mit Horoskopen und Wahrsagerei und las Bücher über Psychologie. Doch niemand konnte mir Hoffnung geben. Dazu fällt mir das Bibelwort ein: «Hütet euch, dass euch niemand einfange durch Philosophie und leeren Trug, gegründet auf die Lehre von Menschen und auf die Mächte der Welt und nicht auf Christus».

Wie hast du aus diesem Irrgarten herausgefunden?
Eines Morgens kam die Wende, als ich total fertig war und am Kopiergerät in der Tettex arbeitete. Plötzlich stand meine Arbeitskollegin Anita vor mir und ich begann ihr von meinen Problemen und Sorgen zu erzählen. Daraufhin sagte sie zu mir: «Warum gehst du nicht zu Gott?». In diesem Moment erlebte ich, wie innerlich eine Fackel angezündet wurde. Es traf mich mitten ins Herz. Anschliessend drehte sich alles um die grosse Frage, wie ich zu Gott komme. Eigentlich wollte ich gerne über Himmlisches mit ihr reden, aber ich konnte damals nur rein irdisch denken. Etwas später lud mich Anita in einen Hauskreis ein. Zuerst war ich skeptisch, aber Anitas Glauben und ihre Ausstrahlung faszinierten mich. Ich dachte, das will ich auch. Also folgte ich der Einladung und hörte zu. Dort gab es Kaffee und Kuchen, man las in der Bibel und sang Lieder. Es waren rund zehn Leute an diesem Abend im Hauskreis versammelt. Jemand las die Bibelstelle, in der Jesus sagt: «Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich». Als ich diese Worte hörte, geschah etwas Faszinierendes. Es war, als ob die Sonne durch den Nebel dringt und das Licht zum Vorschein kommt. Nun war mir klar, dass Jesus Christus der Weg zu Gott ist. Ich besuchte den Hauskreis weiterhin, freute mich auf die Abende in Gemeinschaft und war brennend interessiert mehr vom Wort Gottes zu hören.

Was hast du nach den Besuchen im Hauskreis erlebt?
Ein paar Wochen später erlebte ich ein herrliches Wunder. Ich wurde von einer Krankheit geheilt, die mich belastete. Damals litt ich unter starkem Rheuma und konnte am Morgen teilweise gar nicht aufstehen. Der ganze Körper schmerzte. Gott führte es so, dass ich nach den Erlebnissen im Hauskreis viele Jesus-liebende Menschen traf. So besuchte ich unter anderem die Stadtmission in Baden und lernte dort den Prediger Rudolf von Kelaita kennen. Er gründete das «Jesus Lebt Hilfswerk». In dieser Zeit hörte ich im Radio die Weihnachtslieder des berühmten Musikers Zamfir, deshalb wollte ich Panflöte spielen lernen und Gott schenkte mir Gelingen.
Ich erlebte auch wundersame Situationen in der Firma. Gott hat mir viel geholfen bei der Reparatur von Geräten. Einmal landete eine elektronische Spezial-Messbrücke bei uns in der Qualitätskontrolle, die wir termingerecht nach China ausliefern mussten. Ansonsten drohten über 200'000 Franken Konventionalstrafe. Doch irgendwo verbarg sich ein Fehler. Die Chefingenieure versammelten sich, bewaffnet mit Zigarren und Pfeifen, um das Gerät und suchten fieberhaft nach der Ursache. Ich verliess die mit einer Rauchwolke erfüllte Werkstatt und ging auf die Toilette um zu beten. Als ich zurückkam, hatten die meisten Leute den Raum verlassen. Ich hob das Gerät hoch und sah plötzlich einen kleinen Draht aus dem Gehäuse ragen. Ich untersuchte es genauer und entdeckte, dass dieses Teil bei der Serienfertigung nicht gelötet wurde. Nachdem ich das Kabel verlötet hatte, die Abdeckung schloss und das Gerät einschaltete, funktionierte es. Natürlich wollten die Ingenieure und mein Chef wissen, was ich gemacht hätte, da sagte ich ihnen, dass ich zum Herrn Jesus betete. Ich konnte sogar einige unserer chinesischen Kunden in die Stadtmission einladen. 1988 verliess ich die Firma Tettex, weil Gott andere Pläne mit mir hatte. Es war das einzige Mal, dass ich selbst kündigte.

Wie ging es nach der dritten Kündigung weiter?
Ich suchte ein Zimmer in Seebach und entdeckte ein Inserat in der Zeitung. Obwohl sich über 80 Leute auf die Anzeige meldeten und ich kein Geld für die Kaution hatte, erhielt ich das Zimmer. Jedenfalls meinte die Vermieterin, sie wisse nicht, weshalb sie mir das Zimmer gab. Drei Monate später bewarb ich mich für eine neue Stelle an der ETH am Hönggerberg. Wichtig war für mich, nur teilzeitlich im Labor tätig zu sein. Das Vorstellungsgespräch verlief wundersam, man wollte keine Zeugnisse sehen und engagierte mich ohne Vorbehalte. Ich erhielt einen befristeten Arbeitsvertrag für zwei Jahre. Als Laborhilfe durfte ich unter anderem Siliziumplättchen mit einer Schleudermaschine reinigen und assistierte bei der Arbeit mit dem Elektronenmikroskop. Als ich den Professoren von Jesus erzählte, gab es interessante Gespräche. Ich erinnere mich daran, dass Pfarrer Ernst Sieber einen Vortrag an der ETH zum Thema «Fusswaschung» hielt. Gegen Ende der Vorlesung öffnete sich plötzlich die Türe und einer meiner eher glaubenskritisch eingestellten Arbeitskollegen betrat den Hörsaal. Faszinierend.
Nachdem der Arbeitsvertrag bei der ETH ausgelaufen war, schenkte mir Gott den Gedanken, dass ich fortan mit einer Panflöte als Selbstständigerwerbender unterwegs sein solle. Geplant war, dem Herrn Jesus vollamtlich zu dienen. Da ich nicht so gut predigen konnte, verteilte ich christliche Traktate, spielte mit der Flöte in Heimen und sang Lieder. Später schaltete ich Inserate und trat an Hochzeiten oder Geburtstagen auf. Eigentlich wollte ich auch bei der Kirche arbeiten, aber das hat sich nie ergeben. Trotzdem baute Gott das Himmelreich in meinem Herzen auf und ich konnte immer mehr tun. Dazu fällt mir das folgende Gleichnis aus der Bibel ein: «Das Himmelreich gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf seinen Acker säte; es ist das kleinste unter allen Samenkörnern, wenn es aber gewachsen ist, so ist es grösser als alle Kräuter und wird ein Baum, sodass die Vögel unter dem Himmel kommen und wohnen in seinen Zweigen».

Du hast mit einer Panflöte Pflegeheime besucht?
Den ersten organisierten Aufritt hatte ich zusammen mit Fred Grob von der Stadtmission. Wir hatten die Idee, Altersheime zu besuchen und Lieder vorzutragen. Fred spielte Klavier und ich Panflöte. Das erste Altersheim war in Schinznach-Dorf. Dort lebte auch meine Tante. So begann es. Später besuchte ich Alters- und Pflegeheime an verschiedenen Orten in der Schweiz, um die Liebe Gottes weiterzugeben. Der Heilige Geist führte mich und zeigte mir, wo ich jeweils anfragen sollte. Neben meiner Panflöte hatte ich einen Kassettenrekorder als Begleitung dabei. Das musikalische Repertoire bewegte sich von rumänischer Folklore über Klassik bis hin zum Gospel. Beim Flötenspielen hat mir Gott gezeigt, dass ich Wachskügelchen für die Röhrchen verwenden kann, um die Halbtöne besser zu treffen oder Moll und Dur zu spielen. Wenn es sich ergab, konnte ich den Menschen von Jesus erzählen. Jeder Auftritt war wie ein Wunder für mich.
Während dieser Zeit hatte ich pro Woche zwei bis vier Auftritte und im Jahr legte ich mit dem Auto rund 60‘000 Kilometer zurück. Manchmal zeigten sich vor den Konzerten Lähmungserscheinungen in Armen und Beinen. In einem Altersheim in Chur hatte ich eine Stunde vor dem Auftritt unter anderem starke Kopf-, Bauch- und Zahnschmerzen. In meiner Not schrie ich zum Herrn Jesus. Als ich dann auf der Bühne stand und die Menschen sah, waren die Schmerzen weg und ich konnte sogleich ein Zeugnis von meiner Heilung ablegen. Dieser Prozess lehrte mich auch Demut. Ich hatte immer im guten Sinne einen Minderwertigkeitskomplex, damit ich mich auf Jesus und Gott verlasse.

Was gab es für Reaktionen auf die Konzerte?
Manchmal kamen die Leute auf mich zu und haben mich gebeten, noch eine Weile dazubleiben, weil es ihnen dann besser ginge. Einmal sang ich ein Lied und eine Frau meinte daraufhin, dass alle ihre Sorgen weg seien. Ich erinnere mich, dass ich aus dem Buch der Sprüche in der Bibel folgende Passage zitierte: «Verlass dich auf den Herrn von ganzem Herzen, und verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern denke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen». Dann rief plötzlich jemand ganz laut aus dem Publikum: «Ja, das ist wahr, an Gott denken». Spannend war auch, dass die Zuhörer selbst anfingen Zeugnisse zu geben und erzählten, was sie mit Gott erlebt hatten. Bei einem Auftritt kam der Leiter eines Altersheimes nach dem Konzert auf mich zu und lud mich zum Nachtessen ein, weil ihn Gottes Wort beeindruckte. Es ist auch passiert, dass ich gar nicht richtig zum Spielen kam und ich einfach mit den Bewohnern redete. Einmal besuchte ich eine so genannte psychiatrische Klinik am Züriberg. Als ich zu Beginn den Psalm 139 mit den Worten «Ich sitze oder stehe auf, so weisst du es» zitierte, ergänzte eine Patientin «und von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir». Der Pfleger, welcher daneben sass, war erstaunt.
Ein anderes Mal besuchte ich ohne Voranmeldung ein Pflegeheim in Winterthur-Wülflingen. Ich war unterwegs mit der Flöte und hatte die Eingebung dorthin zu gehen. Als ich am grossen Saal vorbei lief, sah ich dort viele Menschen sitzen, die auf etwas zu warten schienen. Jemand meinte, dass sie einen Chor erwarteten, der nicht gekommen ist. Daraufhin bat ich das Publikum sitzen zu bleiben. Ich ging auf die Bühne und spielte das Lied «Jesu bleibet meine Freude» von Bach sowie Stücke von Chopin. Die Leute hatten riesige Freude und der Leiter staunte.
Ein Auftritt in der Kirche während einer Hochzeit blieb mir ebenfalls in Erinnerung, weil ich mitten in einem Lied nicht mehr weiterspielen konnte. Der Organist unterstützte mich und beendete das Stück. Jedenfalls wollte ich mich beim Hochzeitspaar entschuldigen, doch sie waren positiv berührt, weil sie merkten, dass niemand perfekt ist. Ich denke, Gott hat diese Situation als Zeugnis genutzt. Eine negative Reaktion erlebte ich in einem Altersheim in Basel. Mein Konzert fand draussen statt. Nachdem ich ein Lied mit dem Text «Der Herr ist meine Hirte, mir wird nichts mangeln» sang, sprang der Heimleiter von seinem Stuhl auf und jagte mich fort.

Heute spielst du nicht mehr Flöte, sondern verkündest das Evangelium auf andere Art und Weise. Wie kam es dazu?
Ich hatte Vorzeichen, die darauf hinwiesen, mit dem Panflötespielen aufzuhören. Den Leuten taten plötzlich die Ohren weh, Hunde jaulten im Hintergrund und ich konnte keine Zeugnisse mehr geben. Eines morgens zerstörte ich die Flöte und warf sie in den Müll. In diesem Moment fuhr die Müllabfuhr vorbei und einer der Männer sagte «wunderbar» als ich ihm den Abfallsack überreichte. Es brach eine neue Zeit an. Meine Mutter schenkte mir mehrmals ein Generalabonnement der SBB, mit dem ich unterwegs war. Gott offenbarte mir durch Träume viele Dinge und führte mich faszinierend.
Auf dem Bahnhof von Bad Ragaz beobachtete ich zwei Leute und ich musste wählen, zu welcher Person ich mich gesellte. Also ging ich zu dem arabisch aussehenden Menschen. Er war von Kopf bis Fuss weiss gekleidet. Es stellte sich heraus, dass es sich um einen Geschäftsmann handelte. Er sagte, er fahre 1. Klasse und ich meinte, dass ich nur 2. Klasse fahren könne, also fuhr er auch 2. Klasse. Als ich ihm von Jesus erzählte, sagte er auf Englisch: «You know about Jesus? I’m very interested. Please write every word that you know about Jesus Christ, please write down what he said». Dann gab er mir Papier, um zu schreiben. Als der Imbisswagen kam, offerierte er mir sämtliche Esswaren und Getränke, die ich wollte. Auf dem Weg nach Zürich redeten wir über das Wort Gottes und meine Erlebnisse mit Jesus. Am Zürcher Hauptbahnhof machte er sein Portemonnaie auf und wollte mir ein Bündel mit Dollarnoten geben. Ich habe ihm gesagt, dass ich einen Kaffee hatte und ich nicht mehr bräuchte. Einmal durfte ich sogar bei einem Radiosender am Sonntagmorgen einen Gottesdienst gestalten. Manchmal ging ich an die öffentlichen Schulen und verkündete dort das Evangelium mit einfachen Mitteln. Es gab Momente, da war ich umringt von einer Schar Kinder, die zuhörte.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass mir der Herr Jesus seit dem 26. Juli 1942 bis heute geholfen hat. Es gäbe noch viel zu erzählen. Jeder Tag würde ein Buch füllen. Zusammengezählt wären das über 25‘550 Bücher, die man über Gottes Wundertaten alleine in meinem Leben schreiben könnte.

Ich habe gehört, du warst auch in Rumänien unterwegs…
Die Reise nach Rumänien 1991 war eine faszinierende Sache. Gemeinsam mit einer Gruppe engagierter Christen brachten wir Kleider und andere Dinge zu den Armen. Eine heikle Aufgabe war das Verteilen der fast 8‘000 Bibeln, die in Wien zwischengelagert wurden und ebenfalls für Rumänien bestimmt waren. Felix, der Einsatzleiter, meinte, dass wir diese Schriften wieder in die Schweiz nehmen und später ausliefern müssten. Es sei denn, jemand hätte eine Offenbarung oder eine Weisung. Ich sagte, dass ich zuvor einen Traum hatte, in dem mich Gott darauf vorbereitete und mir zeigte, dass ich beim rumänischen Zoll durchkäme und die Aktion gelänge.
Also fuhr ich alleine nach Wien, holte die Bibeln und machte mich auf den Weg zurück nach Rumänien. Als ich bei der Grenze eintraf, sah ich tatsächlich Soldaten und verfolgte gespannt, was nun passierte. Der Zöllner fragte mich, was ich transportierte und ich sagte ihm, es handle sich um Neue Testamente. Er nahm eine Ausgabe, fing an darin zu blättern und verschwand. Nach ungefähr zehn Minuten kehrte er zurück und sagte: «You can go, it’s alright». Trotz schwieriger Strassenverhältnisse in Rumänien hat mich Gott wunderbar geführt, bis ich schliesslich bei der christlichen Gemeinde angekommen war. Ich hatte Fieber und konnte mich mehrere Stunden ausruhen. Am Abend des gleichen Tages fand noch ein Gospel-Konzert statt und ich chauffierte einen 20-köpfigen Chor durch die Gegend. In einer Kurve fiel die zirka zwei Meter lange Seitenscheibe des kleinen Busses auf den Boden, weil das Gewicht der Leute dagegen drückte. Ich erschrak, aber die Scheibe war nicht kaputt. Ein Rumäne bot mir an, die Scheibe wieder einzusetzen. Ich dachte, dass das nicht funktionieren könnte und wollte eine Garage aufsuchen. Doch er nahm eine Schnur aus der Hosentasche und behob den Schaden. Dann fiel mir die Aussage Jesu ein: «Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt».

Ungewöhnlich dünkte mich deine Mission in Afrika, die du rund vier Jahre aus der Ferne betreut hast. Wie ist das abgelaufen?
Ich traf nicht nur viele Menschen unterwegs, sondern verschickte die gute Nachricht auch per Post. Bei den Brieffreundschaften aus Afrika kamen wunderbare Kontakte zustande. Ich durfte viel von Jesus weitergeben, obwohl ich mich eigentlich nicht sehr gut schriftlich ausdrücken konnte. Dafür schrieb ich von der englischen Bibel ab oder sandte Kassetten mit dem Evangelium nach Afrika. Ich erfuhr, dass nicht jeder, der diese Briefe empfing, ein Abspielgerät besass und sich deshalb Dutzende von Leuten zusammensetzten, um die Tonbänder gemeinsam zu hören. Einmal schrieb mir ein elfjähriger Knabe aus Ghana, dass ich für ihn beten solle, weil er unbedingt Pfarrer werden und nicht mehr in die Schule gehen wollte. Pro Woche erhielt ich mindestens 40 Briefe. Mit der Zeit kam ich nicht mehr nach mit dem Beantworten der vielen Anfragen und plötzlich verzehnfachte die Post die Gebühren. Selbst war ich nie in Afrika, obwohl Leute auf mich zukamen und mir anboten die Reise zu bezahlen. Ich spürte, dass Gott keinen Auftrag dazu gab, deshalb sagte ich ab.

Hast du auch Bedrängnisse erlebt?
Ich habe Bedrängnisse erlebt, in denen ich wenig Geld hatte, von Leuten attackiert wurde oder unter gesundheitlichen Problemen litt, die mich Tag und Nacht plagten. Aber Gott hat mich nicht alleine gelassen. Es gab eine Zeit, da lebte ich quasi von der Hand in den Mund und war viel unterwegs. Damals habe ich mich von Beeren oder Äpfeln ernährt und von dem, was ich gefunden habe. Rückblickend gesehen, hätte ich meine Schritte überdenken und einige Dinge anders machen müssen, wie die Beziehung zu einer Frau, vor der mich die Leute aus der Gemeinde warnten.
Einmal lief ich auf der Strasse und rief: «Gelobt sei Jesus Christus». Ein Mann, der das hörte, kam auf mich zu und schrie: «Was haben sie gesagt?». Dann warf er mir einen Kugelschreiber nach, verfolgte mich, schlug mit seiner Faust auf meine Schulter und kickte mit seinem Bein in meine Lende. In einer anderen Situation übernachtete ich in einer Jugendherberge und wurde angegriffen, weil ich Zeugnis gab und das nicht jedem gefiel. Beim Abendessen redete ich von Jesus und wie er mich heilte. Einer der Männer warf mir daraufhin eine Bananenschale in den Teller und verschwand. Mit derselben Person teilte ich später auch das Zimmer. Jedenfalls flüchtete ich nach Mitternacht in den Aufenthaltsraum. Kurze Zeit später tauchte der gleiche Mann wieder auf. Als er mich erblickte, hob er einen Eichentisch auf und kam wütend auf mich zu. Ich dachte, er will mich damit erschlagen. Plötzlich stellte er den Tisch vor mir auf den Boden, setzte sich ganz hinten im Raum auf einen Stuhl und sagte: «Jetzt kannst du reden, ich habe genug Abstand». Auf meine Frage, warum er den Tisch nicht auf mich geworfen hat, sagte er, dass er Angst hatte, es würde ihm etwas passieren.
Trotz all dieser Anfechtungen und gefährlichen Erlebnisse spürte ich die Kraft Jesu, um weiter zu machen. Heute bin ich dankbar für alle Züchtigungen von oben, denn sie waren angebracht und bewirkten Wunder. Der Mensch kann halsstarrig sein, dass habe ich an mir selbst bemerkt. Gott führt uns in seiner Liebe und in seiner Gnade. Er motiviert mich genauso, wie er jeden anderen Menschen motiviert. In der Schrift heisst es ja «Damit sie Gott suchen» und «sie werden alle von Gott gelehrt sein».

Datum: 02.12.2012
Autor: Guido Haus
Quelle: Jesus.ch

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