Diagnose im Karrierehoch

«Es traf mich wie eine Tonne Ziegelsteine»

Gerade, als Phil Wickham den Worship-Olymp erreicht hatte, als sein Hit «This is amazing Grace» um die Welt ging, wurde er von einem Polypen auf den Stimmbändern getroffen. «Es war, als hätte mich eine Tonne Ziegelsteine getroffen.» Doch dies sollte nicht das Ende sein. Was dann geschah, überraschte die Ärzte.
Phil Wickham
Phil Wickham

Phil Wickham gehört zu den prägenden Worship-Musikern. Seine Single «This is amazing Grace» (Das ist wunderbare Gnade) erreichte Gold-Status, 2014 wurde sie zum meist-ausgestrahlten Lied bei christlichen Radios. 2015 folgte die Krönung bei den «BMI Christian Awards» zum Lied des Jahres, ausserdem wurde er mit drei «Dove-Award»-Nominierungen geehrt, welche als die christlichen Grammys gelten. In den US-Gemeinden war dieses Lied der am zweitmeist gesungene Song.

Wickham war also auf einem wirklichen Höhenflug, als ihn eine niederschmetternde Nachricht ereilte. «Ein Polyp wurde an meinen Stimmbändern diagnostiziert, zwei Wochen nachdem 'This is amazing Grace' zur Nummer eins geworden war.» Das sei schwer gewesen. «Ich freute mich gerade, zu sehen, was Gott durch diese Aufnahme tat – und auf einmal musste ich meine Stimme komplett herunterfahren.»

«Ich hatte den Song schon vergessen»

Sein bisheriger Worship-Weg war lang: 2006 war sein Debut erschienen und in den folgenden Jahren liessen ihn mehrere Singles bekannt werden, darunter «Grace», «After your Heart» oder «At your name (Yahweh, Yahweh)». Dann kam der Mega-Hit. «Ich war überrascht. Das Lied 'This is amazing Grace' hatte ich schon mehrere Jahre vorher mit einem Freund geschrieben. Wir hatten über die Gnade Gottes gesprochen und das Stück war geboren, oder zumindest die erste Version davon.»

Jeremy Riddle von der «Bethel Church» in Kalifornien hörte es schliesslich und sah darin Potential. «Er fragte mich, ob er den einen oder anderen Vers und die Lyrik generell etwas umschreiben dürfe. Ich hatte das Stück bereits vergessen gehabt.» Wickham mochte die neue Version, die zunächst von Riddle aufgenommen und auf einem Bethel-Album publiziert wurde.

«Wie eine Tonne Ziegelsteine»

Bald fand das Lied den Weg in die Gemeinden und stieg bei den christlichen Radios ganz nach oben. «Ich rief Jeremy an und sagte: 'Mann, das ist wunderbare Gnade!' (Anm. d. Red.: Ein Wortspiel mit dem Songtitel) Wir brachen in schallendes Gelächter aus. Es war schön, Teil dieser Geschichte zu sein, eines Songs, der die Möglichkeit schenkt, Liebe und Dankbarkeit gegenüber Gott zu empfinden, der diese Gnade gegeben hat.»
Er habe sich geehrt gefühlt, dass dieses Lied rund um den Globus gegangen sei.

Und dann die Diagnose. «Das traf mich wie eine Tonne Ziegelsteine.» Eine Operation wurde nötig und zum ersten Mal als Erwachsener sah er sich vor einer ungewissen Zukunft: seine Liebe zur Musik, sein Ruf, sein Einfluss und auch seine Möglichkeit, ein Einkommen zu verdienen.

Zwei Monate Stille

Die Ärzte verordneten ihm nach der Operation zwei Monate komplette Stille. «Zudem bestand die Gefahr, dass es nicht richtig heilt und ich nie mehr in der Lage sein würde, professionell zu singen.» Sicherheitshalber sagte er die Auftritte der folgenden fünf Monate ab. «Zudem wusste ich, dass ich für lange Zeit nicht mit meinen Kindern und meiner Frau reden durfte. Und zu wissen, dass ich zuletzt vielleicht nicht komplett geheilt werden könnte, frustrierte mich. Ich fühlte mich depressiv und nervös, was die Zukunft anbelangte.»

Am schwierigsten sei aber nicht der Gedanke an die OP und die Zeit der Erholung gewesen, sondern jener daran, dass er seine künstlerische Identität würde verlieren können. «Seit ich 13 Jahre alt bin, habe ich gesungen, den Worship geleitet und Songs verfasst. Das ist das, was ich tue und den Leuten gefällt es. Wenn ich nun kein Sänger mehr wäre, was wäre ich dann?» Und er fragte sich, was seine Identität ist.

Orte, an die Gedanken nicht gehen müssen

Er betete: «Gott, so viele coole Dinge sind geschehen und nun trifft mich das. Ich sehe dich darin nicht. Ich höre dich darin nicht, doch ich will das. Ich weiss, dass du irgendwo in dieser Situation bist. Ich vertraue dir, aber ich spüre dich nicht. Es macht mir Angst, ich fühle mich verloren und bitte dich, zu reden.» Da habe Gott ganz deutlich in sein Herz gesprochen. Nicht akustisch, aber fast hörbar: «Phil, ich bin dein Vater und du bist mein Kind. Vertraue mir.»

Er vertraute Gott in seiner Situation, auch kam ihm in den Sinn, dass er zum Beispiel immer noch Songs schreiben können würde. In den ersten Tagen habe er Angst gehabt, «aber manchmal gehen die Gedanken an Orte, an die sie nicht gehen müssen.»

Schon im Vorfeld schrieb er in den sozialen Medien, wie es ihm erging. Gebete von Fans aus aller Welt waren die Reaktion. «Diese Gebete wurden beantwortet und sie hinterliessen die Ärzte erstaunt.» Zuerst hatten sie nämlich in Aussicht gestellt, dass er zwei Monate würde warten müssen, bis er überhaupt mit der Stimmtherapie würde beginnen können. «Doch zwei Wochen nach der OP untersuchten sie mich und waren hin und weg, wie schnell meine Stimmbänder heilten. Sie konnten nicht einmal mehr die Zeichen des Eingriffs sehen und keine Narbe. Es sah perfekt aus, sie konnten es nicht glauben.»

«Es ist, weil Tausende beten»

Phil erklärte ihnen, dass dies sei, weil tausende Menschen in aller Welt beteten und dass dies kraftvoll sei. «Sie lachten, doch ich glaube, dass Gott eingegriffen hat, um mir zu zeigen, dass ich ihm vertrauen kann. Gott lässt Dinge nicht immer so geschehen, wie wir denken, dass sie sich ereignen sollten. Doch wir können ihm immer vertrauen und am Ende werden wir ihn von Angesicht zu Angesicht sehen.»

Die geistliche Intimität mit Gott während dieser Zeit habe seine Beziehung zum Schöpfer verstärkt. Und dies floss auch in sein neues Album «Children of Gott» (Kinder Gottes) ein, das am 22. April erschienen ist.

«Mehr als der Applaus der Menschen»

Der Gedanke, ein Kind Gottes zu sein, habe ihn stark berührt, als Gott zu seinem Herzen geredet hatte. «Ich spürte diese Freiheit, Freude und Frieden. Ich wusste da noch nicht, ob es bedeutet, dass ich geheilt werde oder nicht. Doch ich konnte auf dem Rücksitz Platz nehmen, im Wissen, dass ich ein Kind Gottes bin, der Schöpfer und Vater ist. Ich hatte nichts zu fürchten. Ich hatte nur noch Hoffnung, Freude, Freiheit und Leben vor mir.»

«Wir sind mehr als der Applaus oder die Kritik von Menschen», hat Wickham gelernt. «Wir sind weitaus mehr als das, was die Leute sagen, dass wir sind. Wir sind das, was Gott sagt, dass wir sind. Und in Jesus ist uns vergeben und wir sind freigesetzt, erlöst, rein und wiedergeboren. Wir sind Kinder Gottes!»

Zum Webseite:
Phil Wackham
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Datum: 29.04.2016
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch/CCM Magazine

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