Die zweite Reise der Brüder Josephs nach Ägypten

Der einzige Weg (1. Mose 41,55)In der hungergeschüttelten Welt war Joseph der einzige Rettungsweg. Er war die einzige Hoffnung, die einzige Quelle des lebenspendenden Brotes.Hierin sehen wir ein vollkommenes Bild von dem Herrn Jesus, der gesagt hat: »Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich« (Joh. 14,6).Petrus erinnert uns an das Gleiche:Und es ist in keinem anderen Heil, denn auch kein anderer Name unter dem Himmel ist den Menschen gegeben, in dem wir errettet werden müssen (Apg. 4,12).Und Paulus sagt: »Denn einen anderen Grund kann niemand legen, ausser dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus (1. Kor. 3,11).Heute meint man, es sei engstirnig, Christus als den einzigen Weg zu Gott zu bezeichnen. Aber solches Reden ändert die Fakten nicht. Hätten wir auf irgendeine andere Weise errettet werden können, hätte Gott nicht Seinen Sohn gesandt, um für uns zu sterben. Nie hätte Er den höchsten Preis bezahlt, wenn es ein geringerer auch getan hätte. Wenn wir auf andere Weise selig werden könnten, wäre Christus umsonst gestorben (Gal. 2,21).Zum Fest geladen (1. Mose 43,16)Als der Herr Ägyptens seine Brüder mit Benjamin sah, ordnete er an, ein Fest für sie vorzubereiten. Er sass allein an einem Tisch. Die Brüder sassen für sich an einem anderen. Und die Ägypter hatten auch einen eigenen Tisch. Das war eine seltsame Geschichte: Die Hebräer waren den Ägyptern »ein Gräuel«. Gewöhnlich waren es die Heiden, auf die von den Juden herabgeblickt wurde.Die Brüder missverstanden Josephs Absichten und meinten, er wolle sie wegen des Geldes in ihren Säcken bestrafen. Darum erklärten sie dessen Hausverwalter lang und breit, sie seien in dieser Angelegenheit völlig unschuldig. Doch er versicherte ihnen, dass sie nichts zu fürchten hätten.So wird es auch an jenem kommenden Tag dem Volk Israel ergehen. Der Messias wird sie nicht abweisen oder sie hinauswerfen. Er hat Sein altes irdisches Volk nicht aufgegeben. Die dem Abraham gegebenen Verheissungen müssen erfüllt werden. In der Zwischenzeit wartet Er darauf, Israel Gnade erweisen zu können (Jes. 30,18).Erfüllte Träume (1. Mose 43,16)Nachdem Joseph die Freilassung Simeons angeordnet hatte, begegneten die Brüder dem Herrn Ägyptens und neigten sich vor ihm, um so die fünfundzwanzig Jahre alten Träume zu erfüllen. Sie dachten sicher nicht an Ähren und Sterne; aber Joseph erkannte, wie alles in Gottes Plan zur Erfüllung gelangte, wie alle diese Ereignisse die Handschrift Gottes trugen. Die Lösung des Knotens stand nahe bevor.Dies weist auf jene Zeit hin, wenn ein Rest aus Israel den Herrn Jesus als seinen Messias und Retter anerkennen wird. Vielleicht sehen wir diesen herrlichen Höhepunkt schon nahen; denn in nie gekanntem Ausmass wenden sich heute Juden zu Jeschua, als ihrem Messias. In den allerletzten Jahren taten dies mehr als in all den 1900 Jahren zuvor.Freudentränen (1. Mose 43,30)Von seinen Gefühlen überwältigt – vor allem, weil er Benjamin wiedersah – suchte Joseph einen Ort, an dem er allein war und weinen konnte. Es gibt sieben Stellen, an denen wir ihn weinen sehen: Das erste Mal, als er hörte, dass seine Brüder zugaben, wie schlecht sie ihn behandelt hatten (1. Mose 42,24). Dann, als sie zum zweitenmal nach Ägypten kamen und Joseph ihnen sagen wollte, wer er ist (1. Mose 45,2), danach, als er Benjamin umarmte (1. Mose 45,14), dann, als er seine Brüder küsste (1. Mose 45,15), weiter, beim Tode seines Vaters Jakob (1. Mose 50,1) und schliesslich, als seine Brüder ihn baten, ihnen zu vergeben (1. Mose 50,17).Jahrhunderte später weinte der Mann der Schmerzen am Grab des Lazarus (Joh. 11,35). Er weinte über die Stadt Jerusalem und sagte: »Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, … und ihr habt nicht gewollt« (Luk. 19,47; Matth. 23,37). Und Er weinte im Garten Gethsemane, wie wir in Hebräer 5,7 lesen:... der in den Tagen seines Fleisches sowohl Bitten als auch Flehen mit starkem Geschrei und Tränen dem dargebracht, der ihn aus dem Tod retten kann, und ist um seiner Gottesfurcht willen errettet worden.Hier wird nicht ausdrücklich der Garten erwähnt, so dass die Leiden am Kreuz hier eingeschlossen sein mögen.An der Festtafel gab ihnen der Herr Ägyptens ihrem Alter gemäss ihren Platz. Das versetzte die Männer in Staunen. Wie konnte er wissen, wie die Reihenfolge vom Älteste bis zum Jüngsten war? Nichts schien ihm verborgen zu sein.Benjamins Ehrengericht war fünfmal grösser als das der anderen (1. Mose 43,34). Später sollte Benjamin fünf Wechselkleider und dreihundert Silberschekel bekommen, was auch sicher die fünffache Menge war (1. Mose 45,22). Vordem waren sie neidischgewesen, weil Joseph bevorzugt wurde; nun sahen sie Benjamin, wie er von allem am meisten bekam. Würde dies Erinnern an ihren früheren Neid ihr Gewissen berühren? Und war ihre Eifersucht jetzt gewichen?Noch viel erstaunlicher als die Weise, in der sie Joseph hinsetzte, wird die Fähigkeit des Messias sein, die Stämme Israels, die so lange unter den Völkern zerstreut waren, wieder herauszufinden. Bei Seinem zweiten Kommen, wird Er die Juden aus Äthiopien sammeln, auch die chinesischen Juden von Kaifeng-Fu und die Cochin-Juden aus Indien und die Juden aus Japan und aus anderen Ländern, bis die zwölf Stämme wieder in ihrem Heimatland beisammen sind.Die abschliessende Drangsal (1. Mose 44,6-34)Dunkle Wolken überschatteten die Heimreise! Der Herr Ägyptens hatte seinen silbernen Becher in Benjamins Sack stecken lassen. Dann, nachdem die Brüder sich auf den Weg nach Hause gemacht hatten, befahl er seinem Verwalter, ihnen nachzujagen und sie des Diebstahls zu überführen. Er sollte ihnen vorhalten, wie wenig dankbar sie sich für alle erwiesene Gunst erzeigt hatten.Die Brüder protestierten und beteuerten ihre Unschuld. Sehr übereilt schwuren sie, dass der, bei dem der Becher gefunden wurde, sterben sollte; ausserdem wollten sie allesamt die Sklaven des Pharao werden.Die Suche begann bei dem Ältesten, bis man zu Bejamin kam. Wir können uns das steigende Entsetzen vorstellen, als nach sorgfältigem Suchen bei Ruben, Simeon, Levi, Juda, Sebulon, Issaschar, Dan, Gad, Aser und Naphtali nur noch Benjamin übrig blieb. Natürlich fand der Verwalter dort den silbernen Kelch, den er ja selbst in Benjamins Sack gesteckt hatte. Er sagte, es sei der Kelch, den der Herr Ägyptens zum Wahrsagen gebrauche.Das war eine Art der Zukunftsvorhersage mit Hilfe übernatürlicher Kräfte. So konnte der hellseherisch Veranlagte ein wenig Öl auf Wasser giessen, um dann die entstehende Gestalt und die Bewegung des Öls zu interpretieren. Wahrsagerei wurde später im Gesetz Gottes verboten (5. Mose 18,10-11).Nun war das Schlimmste eingetreten, was nur geschehen konnte. Es mochte bedeuten, dass Benjamin sterben musste (1. Mose 44,9), dass die Brüder Sklaven wurden (44,9), dass Rubens zwei Söhne getötet wurden (42,37), dass Juda lebenslang Schuld tragen musste, weil er nicht für Benjamins Sicherheit gesorgt hatte (43,9), und dass Jakob vor Kummer sterben würde (42,38).Der Wahrsagerkelch (1. Mose 44,5)Viele Christen schütteln den Kopf, wenn sie hören, Joseph habe mit einem silbernen Becher Wahrsagerei betrieben. Was haben okkulte Praktiken wie diese in Gottes Wort zu suchen?Wir müssen immer daran denken, dass die Brüder meinten, der Herr Ägyptens (ihr Bruder) sei ein Ägypter; und so erschien es ihnen selbstverständlich, dass ein heidnischer Beamter einen Wahrsagerbecher hatte, um Geheimnisse zu erfahren. Immerhin hatte dieser Herr schon in bemerkenswerter Weise demonstriert, wie genau er die Fremden aus Kanaan kannte. Woher wusste er das? Vielleicht sollte der Silberbecher nur als eine natürliche Erklärung dienen. Aber hatte der Becher eventuell doch eine dunkle Seite? Doch hätte Joseph so etwas nötig gehabt, um herauszufinden, wie sie ihren verlorengeglaubten Bruder behandelt hatten? Wäre das ein Weg, sie von ihrer Sünde zu überführen?Der Herr Jesus jedenfalls brauchte keinen Wahrsagerbecher. Er ist allwissend. Vor Ihm liegt unser aller Leben wie ein aufgeschlagenes Buch. »Alles ist bloss und aufgedeckt vor den Augen dessen, mit dem wir es zu tun haben« (Hebr. 4,13).Obwohl unendlich herrlich in heil´gen Lichtes Schein, kennt Er die ew´ge Geschichte von jedem Kieselstein.Zwei Becher sind im Leben Jesu von besonderer Bedeutung. Von dem einen sagte Er: »Den Kelch, den mir der Vater gegeben hat, soll ich den nicht trinken?« (Joh. 18,11). Das bezieht sich auf Seine Leiden und Sein Sterben auf Golgatha. Der andere ist der Kelch, der den Neuen Bund in Seinem Blut darstellt, das Er vergossen hat (Luk. 22,20).Nach ihrem Rückmarsch in die Stadt warfen sich die Brüder vor dem Herrn Ägyptens nieder und flehten um Gnade. Dessen Urteil wurde aus Mitleid abgemildert. Er bestimmte, Benjamin solle sein Sklave sein, und die anderen dürften nach Hause gehen.Daraufhin trat Juda als Bürge auf und bekannte alles ohne Umschweife. Sir Walter Scott hat gesagt, diese Rede sei »das vollkommenste Muster echter natürlicher Beredsamkeit, die je in irgendeiner Sprache gehalten worden ist«.Zuerst wiederholte er die Ereignisse, die Benjamin nach Ägypten gebracht hatten: Der hohe Herr habe gefragt, ob die Brüder noch einen Vater oder einen Bruder hätten. Darauf sagten sie, sie hätten noch einen bejahrten Vater, einen jungen Bruder (Benjamin), und einen weiteren Bruder (Joseph), der aber tot sei. (Juda ahnte nicht, dass er mit dem »toten« Bruder sprach.) Der Vater hänge sehr an Benjamin, weil er das einzige überlebende Kind der Rahel war.Juda fuhr fort: Als der hohe Herr damals darauf bestand, Benjamin solle nach Ägypten kommen, hätten sie darauf hingewiesen, dies könne den Tod ihres Vaters zur Folge haben. Der Herr Ägyptens aber sei hart geblieben. Benjamin musste kommen, wenn ihnen in Ägypten geholfen werden sollte. Andernfalls hätten sie den hohen Herrn nie wiedersehen dürfen. So seien sie mit dieser bösen Nachricht heimgekehrt, die den bejahrten Patriarchen in grossen Schrecken versetzt habe. Der habe sie daran erinnert, dass seine Frau Rahel ihm zwei Söhne geboren habe, von denen der eine nach Meinung des Vaters wahrscheinlich von Tieren zerrissen wurde. All das berichtete Juda dem hohen Herrn; und der »tote Sohn« hörte seinem eigenen Nachruf zu.Weil Jakob gesagt hatte, er werde »mit Kummer in den Scheol« hinabfahren, bat Juda aus Liebe zu seinem Vater für Benjamin.Juda sagte weiter, das Reiseverbot sei aufgehoben worden, als er sich für seinen jüngeren Bruder verbürgt habe, und er werde immer schuldig bleiben, wenn er Benjamin nicht zu seinem Vater zurückbrächte.Nachdem er seinen Bericht abgeschlossen hatte, warum Benjamin nach Ägypten gekommen war, bot sich Juda an, an Benjamins Stelle Sklave bei dem Herrn Ägyptens zu sein, wenn nur der Junge zu seinem Vater zurückkehren könnte.Wie hatte sich alles verändert! Früher waren sie hartherzig über die Gefühle Josephs hinweggegangen. Jetzt zeigten sie tiefe Erschütterung und Trauer! Erdman sagt dazu:Einst waren sie grausam, herzlos, neidisch und feindselig; jetzt waren sie bereit, für einander zu sterben. Einst hatten sie mit dem blutbefleckten Rock ihres Vaters Herz gebrochen, jetzt lebte wahre Liebe und zartes Mitempfinden mit dem alten Patriarchen in ihren Herzen.11Judas‘ Bekenntnis war echt. Er versuchte keine Ausflüchte zu machen, nicht die Schuld abzuschieben, nicht ihre Bosheit schönzureden, oder die Wahrheit mit Lügen zu vernebeln. Er tat wahre Busse, wie Christus sie fordert, göttliche Busse zum Heil (2. Kor. 7,10). Bevor es zur Vergebung kommen kann, ist vollständige, tief empfundene und ernsthafte Busse notwendig.Judas‘ Haltung erinnert uns an die Bürgschaft, die Christus übernommen hat. Juda bot sich selbst als Pfand an. Er wollte an Benjamins Stelle Sklave sein, damit Benjamin zu seinem Vater zurückkehren konnte.Der Herr ist Bürge in einem etwas anderen Sinn. Er ist der Bürge eines neuen und besseren Bundes (Hebr. 7,22). Der alte Bund war das Gesetz. Er war schwach; denn er sagte dem Volk, was es tun sollte, gab ihm aber zur Ausführung nicht die Kraft. Der neue Bund sagt, was Gott tun will. Der alte Bund war auf steinerne Tafeln geschrieben. Der neue Bund wird dem Volk in ihren Sinn und auf ihre Herzen geschrieben. Mit anderen Worten: Sie werden so beschaffen sein, dass sie dem Herrn gehorchen, nicht aus Furcht vor Strafe, sondern weil sie den Herrn lieben.Denn dies ist der Bund, den ich dem Haus Israel errichten werde nach jenen Tagen, spricht der Herr: Meine Gesetze gebe ich in ihren Sinn und werde sie auch auf ihre Herzen schreiben; und ich werde ihnen Gott und sie werden mir Volk sein (Hebr. 8,10).Der Herr Jesus ist Bürge in dem Sinn, dass Er alles geschehen lassen wird, was im neuen Bund verheissen ist. Das wird bei Seinem zweiten Advent stattfinden, wenn Israel sich zu dem Herrn bekehrt und die Freude des Tausendjährigen Reiches geniesst.Bis zu diesem Augenblick hatte eine Trübsal nach der anderen die Brüder geplagt. Ein Elend kam auf das andere. Es war, als »wenn jemand vor dem Löwen flieht, und es begegnet ihm ein Bär, aber er kommt (noch) nach Hause und stützt seine Hand an die Mauer, da beisst ihn eine Schlange« (Am. 5,19). Gott warwie ein Löwe für Ephraim und wie ein Junglöwe für das Haus Juda. Ich, ich zerreisse und gehe davon, ich trage weg, und niemand errettet (Hos. 5,14).Er wartet darauf, dass sie sagen:Kommt und lasst uns zum HERRN umkehren! Denn er hat zerrissen, er wird uns auch heilen; er hat geschlagen, er wird auch verbinden (Hos. 6,1).Noch durch manches andere wurde ihr Gewissen beunruhigt. Zum Beispiel:Als Joseph sie anklagte, Spione zu sein (1. Mose 42,9), mussten sie daran denken, wie sie ihn verdächtigt hatte, sie auszuspionieren (1. Mose 42,11).Sie sagten: »Redliche Männer sind wir!« Wirklich? Hatten sie nicht ihren Vater belogen in Bezug auf das Verschwinden Josephs? Als sie sich bei Joseph vorstellten, sagten sie: »Einer ist nicht mehr« (1. Mose 42,13.32). Dabei müssen sie heftig geschluckt haben!Joseph setzte sie drei Tage lang ins Gefängnis (1. Mose 42,17). Sie sollten daran denken, wie sie Joseph in einer Grube gefangen gehalten hatten.Joseph verlangte, dass sie bei ihrer Rückkehr von Kanaan ihren jüngsten Bruder mitbrächten (1. Mose 42,20.34). Benjamin stand jetzt dem Herzen ihres Vaters am nächsten und nahm Josephs Platz ein.Als sie zurückkehrten um Benjamin zu holen, erschreckte sie der Anblick des Geldes, das sie zum Kornkaufen verwendet hatten (1. Mose 42,27.35). Das liess sie eher als Betrüger denn als »redliche Männer« erscheinen.Bei seiner Rückkehr nach Kanaan fand Benjamin den Wahrsagebecher in seinem Sack (1. Mose 44,2).Ist dies nicht ein Bild der Geschichte des Volkes Israel? Kein Volk hat je so gelitten wie Gottes altes, irdisches Volk. Aber es kommen bessere Tage; denn es heisst: »… so wird ganz Israel errettet werden, wie geschrieben steht: Es wird aus Zion der Erretter kommen, er wird die Gottlosigkeit von Jakob abwenden« (Röm. 11,26). 11 C.R. Erdman: The Book of Genesis, NJ.: Fleming H. Revell Company, 1950, p. 122Fortsetzung: Joseph offenbart sich

Datum: 02.10.2007
Autor: William Mac Donald
Quelle: Joseph erinnert mich an Jesus

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