«Willkommen daheim»

Ein Neues Testament, das verblüfft

Die Bibel zu verstehen ist gar nicht so leicht. Das dachte sich auch Fred Ritzhaupt, der immer wieder auf den griechischen Urtext zurückgriff, um mehr zu verstehen, was denn wirklich gemeint ist. Dabei wurde ihm klar, wie sehr Gott ein «Papa» ist, der Menschen lieb hat.
Pastor Fred Ritzhaupt
Willkommen Daheim.

Jetzt hat Ritzhaupt das Neue Testament noch einmal übersetzt. Herausgekommen ist eine simple und ermutigende Version, die alte Bibelhasen verblüffen und Neulinge nicht vor Rätsel stellen wird. Wir haben uns mit Fred Ritzhaupt über seine Bibel «Willkommen daheim» unterhalten.

Jesus.ch: Herr Ritzhaupt, warum noch eine Bibelübersetzung?
Fred Ritzhaupt: Die meisten Menschen haben eine Bibel zu Hause, meistens schön mit Staub bedeckt, aber sie kommen damit nicht zurecht. Sie lesen ein bisschen darin, dann verstehen sie nichts und legen das Buch wieder zur Seite. Und wenn man das drei, vier Mal versucht, schreibt man die Bibel irgendwann eben doch als ein antiquiertes Buch ab. Mir war es wichtig, tief in den griechischen Urtext einzutauchen und zu fragen: Was will er uns wirklich sagen? Manchmal muss man dem deutschen Satz ein paar Worte hinzufügen, damit man den Sinn sofort versteht, wenn man es liest. Dabei kamen ganz spannende Sachen heraus. Ich fand es faszinierend.

Ein Beispiel?
Es ist erstaunlich, wie schnell griechische Worte übersetzt werden. Die erste Bedeutung eines Wortes ist zum Beispiel «Gebot». Aber die Sprache bedient sich nicht immer mit dem erstbesten Wort der Übersetzung. Es gibt diesen berühmten Satz: «Wenn ihr mich liebt, dann haltet ihr meine Gebote.» Und vielen Leuten geht es damit gar nicht gut, es bringt sie unter Druck, denn sie denken: «Ich halte die Gebote nicht immer so genau, also liebe ich Gott nicht.»

In Wirklichkeit steht da etwas ganz anderes: «Wenn ihr mich liebt», und dann steht da das Futur: «dann werdet ihr mit gespannter Aufmerksamkeit achten auf», dann steht da das griechische Wort «entolas», das sind meine «Anliegen», mein «Auftrag». Das ist etwas ganz anderes als ein Gebot. Und eigentlich etwas ganz Natürliches: Wenn ich jemanden lieb habe, dann werde ich doch ein bisschen darauf achten, was ihm wichtig ist und was ihm gefällt. Und so haben viele Dinge plötzlich eine andere Farbe bekommen und man merkt: Da fühle ich mich angesprochen.

Warum heisst ihre Bibel «Willkommen daheim»?
Weil das der Wunsch unseres Gottes ist, dass seine Kinder zu ihm nach Hause kommen. Jeder. So wie der verlorene Sohn. Und da soll man es nicht schwer haben und vor einem Buch mit sieben Siegeln stehen, sondern man soll es leicht haben, hineinzufinden in das, was Jesus uns vermittelt hat. Er hat seinen Vater «Abba» genannt und hat uns eingeladen, genauso mit Gott zu reden. «Abba» heisst «Papi» oder «Paps». Gott bietet uns eine Heimat und heisst uns herzlich willkommen.

Welche Herausforderungen gab es bei der Übersetzung?
Für die Briefe von Paulus habe ich am längsten gebraucht. Schon damals hat sich ja Petrus über Paulus beschwert – und manche seiner Texte sind wirklich nicht einfach zu verstehen. Da bin ich oft an einem Bandwurm-Satz gehangen und hab mir gedacht: Paulus, was wolltest du jetzt eigentlich sagen? Manchmal sass ich zwei, drei Stunden an einem Satz, bis mir langsam dämmerte, was ihm für diese Gemeinde auf dem Herzen lag. Manchmal ist es gut, den Hintergrund zu kennen. Und dann kamen oft ganz interessante Ergebnisse dabei raus.

Sie haben etwa tausend Stunden an der Übertragung gearbeitet. Was hat Sie dabei besonders berührt?

Der Galaterbrief ist ein enorm wichtiger Einstieg in das Neue Testament. Zum Hintergrund: Viele Galater haben durch Paulus zum Glauben gefunden. Er ist weitergereist und etwa ein Jahr später merkt er, dass die ganz wo anders hin abdriften. Ich denke, das ist auch heute noch unser Problem. Wir müssen heute verstehen, warum Paulus mit Schimpfen und Flehen, mit Tränendrüse und mit allem Möglichen versucht hat, die Galater wieder auf den richtigen Weg zu bringen.

Sie haben das ganze Neue Testament übersetzt. Lesen Sie jetzt überhaupt noch in der Bibel?

Ja, umso mehr. Ich habe mir eine jüdische Bibel besorgt und es ist so spannend, das Neue Testament aus jüdischer Sicht zu sehen. Man findet immer wieder Neues.

Der Autor Fred Ritzhaupt (65) war 25 Jahre Mitglied des katholischen Jesuitenordens. Später arbeitete er als pastoraler Mitarbeiter einer evangelischen Gemeinde in Niederhöchstadt und als Lektor. Zurzeit ist er Pastor einer Freikirche in Göppingen, wo er mit seiner Familie lebt.
 

Datum: 26.08.2010
Autor: Miriam Hinrichs
Quelle: Jesus.ch

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