Wenn die schönste Herberge voll ist

Jürg Opprecht (55) ist Unternehmer, Bonvivant und Entwicklungshelfer
Hilfe zur Selbsthilfe. Jürg Opprecht bringt Fachwissen in die Entwicklungsländer.
Arbeit für den Vater dieses Kindes in Benin. Dafür sorgt Opprecht mit kleinen Unternehmen.
Der Lenkerhof

Als Josef und Maria in Bethlehem vor langer Zeit eine Unterkunft suchten, waren alle Herbergen besetzt. Das „Hotel des Jahres“ in der Schweiz ist dies heute ebenso. Doch der Besitzer hat in seinem Leben Platz für das Christkind. Und ein Herz für die Armen dieser Welt. Aber während sein Fünfsternehotel „Lenkerhof“ von GaultMillau und IWC Auszeichnungen einheimst, ist sein Besitzer oft auf Reisen: Er hilft Jungunternehmern in den ärmsten Ländern der Welt, eine Existenz aufzubauen. Jürg Opprecht über sein Leben in zwei Welten – und die Quelle seiner Kraft.

Herr Opprecht, in einem Buch empfehlen Sie christlichen Geschäftsleuten unter der Führung des Heiligen Geistes zu planen. Hat Gott Ihnen gesagt, dass Sie Millionen in den «Lenkerhof» investieren sollten?
Der «Lenkerhof» ist für mich ein Bubentraum, den mir Gott ermöglicht hat. Auf meinen Reisen sah ich, dass nur zehn Prozent der Hotels erfolgreich sind. Deren Geheimnis ist, dass sie den üblichen Rahmen sprengen. Dabei ist das Personal viel entscheidender als man meint. Meine Vision war, ein Hotel zu haben, in dem auf höchstem Niveau eine entspannte Atmosphäre herrscht. Das heisst, dass man auch in Jeans willkommen ist. Diese Vision legte ich Gott hin. Dann sah ich eines Tages, dass in Lenk ein Hotel zum Verkauf stand. Wie Gideon in der Bibel verlangte ich ein Zeichen von Gott. Ich nannte ihm einen symbolischen Betrag, den ich bereit wäre, für dieses Gebäude zu bezahlen. Wenn ich es für diese Summe bekommen sollte, würde ich dies als ein «ja» von Gott interpretieren. Genau dies ist eingetroffen.

Was fasziniert Sie an der Hotellerie?
Die Kunst der Gastfreundschaft. Meine Mutter war sehr gastfreundlich. Sie blühte auf, wenn unser Haus voller Leute war. Das prägte mich. Zudem gefällt mir an der Hotellerie die Verbindung zum Kreativen, zu Kunst, Architektur und Küche. Da ich selber male, kann ich hier meine Bilder ausstellen – und meine Freude mit den Leuten teilen.

Jesus hat gesagt, wer ihm nachfolgen wolle, dürfte sein Herz nicht an weltliche Dinge hängen. In Ihrem Hotel werden einem aber auch weltliche Freuden ermöglicht.
Jesus ist nicht gegen Reichtum. Aber er warnt vor den Gefahren des Reichtums. Dieser ist die grösste Herausforderung überhaupt. Der Besitz soll nicht mich regieren, sondern ich den Besitz. Das Geld darf also nicht jeden Entscheid von mir beeinflussen. Dies musste ich auch lernen. Menschlich gesehen vermittelt Geld Sicherheit. Aber das kann eine falsche Sicherheit sein. Denn Gott sagt: «Ich habe Dir mehr gegeben, jetzt trägst Du eine grössere Verantwortung.» Überdies erfülle ich mir bestimmte Wünsche bewusst nicht. Viele Dinge hätte ich gerne und könnte sie mir leisten. Aber ich verzichte darauf, weil sie nicht nötig sind oder falsche Eindrücke erwecken könnte. Zum Beispiel fahre ich bewusst nur ein Auto.

Gab es auch Phasen in Ihrem Leben, wo Sie unten durch mussten?
O ja. Vor einigen Jahren war ich an einer Firma im Telekom-Bereich beteiligt. Als diese Branche nach der Jahrtausendwende in die Krise kam, war auch mein Unternehmen betroffen. Dies zog mich sehr tief runter. Ich dachte immer, dass mir so etwas nie passieren würde. Meine Beziehung zu Gott kam unter Druck: «Gott, ich tue doch so viel für Dich – warum lässt Du das zu?» Ich machte dieselbe Erfahrung wie Hiob in der Bibel. Dennoch bemühte ich mich, keine Bitterkeit aufkommen zu lassen. Zudem stand mir meine Frau zur Seite. Sie ermutigte mich, meine Empfindungen zu kommunizieren. So schrieb ich einen Rundbrief. Ich teilte meinen engsten Freunden mit, wie es mir geht. Zwar habe ich Gott in dieser Phase nicht verstanden, aber es war mir, als sässe Jesus die ganze Zeit neben mir. Er war da wie ein Freund – aber er schwieg. Im Rückblick hat Gott viel bei mir bewirkt. Diese Erfahrung hat mich so verändert, wie es kein Seminar je könnte.

In Lenk haben Sie Ihre Traumwelt. Zugleich verbringen Sie viel Zeit in den ärmsten Ländern der Erde.
Ich kann an beiden Orten glücklich sein. Ich fühle mich im «Lenkerhof» genau so wohl wie auf dem Boden einer Lehmhütte in Kirgisien. Entscheidend sind für mich die Beziehungen. Die Herzlichkeit und Gastfreundschaft, die ich im «Lenkerhof» erlebe, erfahre ich im gleichen Mass bei meinen kirgisischen Freunden. Ich freue mich riesig über mein Hotel, aber meine Tätigkeit für die Hilfsorganisation Business Professionals Network (BPN) ist meine Leidenschaft.

Warum haben Sie Ihre eigene Hilfsorganisation gegründet?
Vor acht Jahren wurde ich an eine Pastorenkonferenz in Kirgisien eingeladen, um darüber zu sprechen, wie man ein Unternehmen gründet. Ich war erstaunt, dass sich Pastoren dafür interessierten. Sie sagten mir: «Wir brauchen keine Missionare. Wir brauchen Leute, die uns helfen, Jobs zu schaffen. 60 Prozent der Menschen hier sind arbeitslos. Kannst Du uns helfen? » An diesem Abend war ich noch nachts um zwei Uhr hellwach. Ich hatte einen Bibelvers aus Matthäus 25 im Kopf. Dort heisst es: «Ich war hungrig, und Du hast mir zu essen gegeben.» Mir war es nun, als ob der Heilige Geist anfügen würde: «Ich war arbeitslos und Du hast mir, Jesus, Arbeit gegeben.» Und plötzlich wurde ich mir der Verantwortung bewusst als jemand, der etwas bewirken kann. Dies war die Geburtsstunde der Stiftung BPN.

Hilft Gott Ihnen auch im Alltag als Geschäftsmann?
Ja. Allerdings erleben das meine Frau und ich oft anders. Meine Frau ist sehr empfindsam. Sie erhält oft spontane Einsichten. Ich bin mehr der Unternehmer. Wenn ich Ideen habe, lege ich diese vor Gott hin. Ich gehe jeweils eine Art Checkliste durch. Erstens muss ich bereit sein, eine Idee loszulassen. Zweitens bitte ich Gott, meinen Willen zu formen. Das Resultat kann sein, dass ich über einer Sache eine innere Ruhe bekomme, wenn mein Vorgehen im Einklang mit Gott ist. Manchmal bitte ich aber Gott auch um ein Zeichen. Ich habe Hochs und Tiefs, doch im Schnitt geht es in meinem Leben aufwärts. Genau wie bei Leuten wie David und Josef aus der Bibel. Diese hatten auch Tiefs und handelten eigenmächtig. Darum ist es gut, dass Gott schnell zur Vergebung und langsam zum Zorn ist.

In vielen Ländern sind Christen mausearm. Hilft Gott in finanziellen Angelegenheiten?
Die Befolgung von christlichen Tugenden wie Genügsamkeit und Fleiss führt langfristig dazu, dass ein gewisser Wohlstand entsteht. Aber es braucht auch eine gesunde Einstellung zum Geld. Wer Geld bloss als notwendiges Übel betrachtet, bleibt immer knapp bei Kasse. Gott hilft, wenn man ihn in finanzieller Not anruft, aber nicht unbedingt, um reich zu werden – obwohl Reichtum auch ein Segen Gottes sein kann.

Als Jesus auf die Welt kam, waren alle Herbergen voll. Haben Sie einen Platz für die Armen in der Schweiz?
Mein Auftrag ist, Arbeitsplätze in den ärmsten Ländern der Welt zu schaffen. Aber ich freue mich auch über alle, die in der Schweiz helfen. Dennoch kann ich nicht überall mitmischen. Besser, ich mache an einem Ort ganze Sache, als dass ich mich verzettle. Was den «Lenkerhof» betrifft, so ist die Herberge zwischen Weihnachten und Neujahr tatsächlich ausgebucht. Aber eine Nacht in einem Luxushotel ist ohnehin nicht das, was die Armen brauchen. Sie brauchen Wärme und Zuneigung.

Und was wünschen Sie sich zu Weihnachten?
Dass die Schweizer wieder wirklich den Geburtstag von Jesus feiern. Und dass wir davon wegkommen, nur zu sprechen, wie man die Welt verbessern kann oder nur Geld zu geben. Stattdessen sollte man die Armut nachhaltig bekämpfen, sprich mit Hilfe zu Selbsthilfe.

Unternehmer, Bonvivant, Entwicklungshelfer
Der 55-jährige Jürg Opprecht ist Inhaber des Fünfsternhotels «Lenkerhof alpine resort» in Lenk im Obersimmental, einer Immobilienfirma und Geschäftspartner einiger Klein- und Mittelunternehmen (KMU). Zugleich ist er Gründer und Präsident des Business Professional Network (BPN). Die Stiftung fördert KMU in Entwicklungsländern durch Schulung, Coaching und Darlehen. BPN hat seit 1999 in Kirgisien und Benin über 190 Unternehmen mit 3700 Arbeitsplätzen gegründet und unterstützt. Als nächstes will Opprecht in Mittelamerika aktiv werden.

In seiner Freizeit malt der Vater von vier fast erwachsenen Kindern oder genehmigt sich eine Fahrt mit der Harley Davidson. Nebenbei hat er das Buch «Jesus auf der Chefetage» zusammen mit dem deutschen Unternehmer Prof. Dr. Jürg Knoblauch geschrieben. Opprecht ist Mitglied einer Freikirche in Bern.

Datum: 02.12.2005
Autor: Stephan Lehmann
Quelle: 4telstunde für Jesus

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