Kreativität

Vielfältigen Ausdruck (er)finden

Für ein glückliches Leben braucht der Mensch Kreativität, ist Kerstin Hack überzeugt. In ihrem Ratgeber erklärt sie, wie jeder seine kreative Ader entdecken und fördern kann. 
Bunte Regenschirme


Bunt ist meine Lieblingsfarbe. —Walter Gropius

«Langweilig können auch die anderen sein!» Das ist ein Satz, den ich gern sage. Ich geniesse Vielfalt und Buntheit. Es macht mir Spass, neue Kombinationen auszuprobieren. Neu bedeutet nicht unbedingt Neuanschaffung. Es heisst vielmehr, Dinge in bisher nicht vorhandener Weise zu kombinieren: Möbel, Kleidungsstücke und Lebensmittel ebenso wie Worte, Konzepte und Ideen.

Einen einzelnen Puppenarm habe ich zum Halter von Toilettenpapier umfunktioniert, eine alte Backform, in der meine Oma immer meinen Lieblingskuchen gebacken hat, dient jetzt als Lampenschirm. Die kreative Neuanwendung hat den emotional wertvollen, aber praktisch nicht mehr nutzbaren Gegenständen eine neue Funktion geschenkt und nebenbei Geld gespart.

Die Essenz der Kreativität

Das ist das Wesen der Kreativität: Dinge neu zusammenzustellen, die bisher nicht da waren. Das lateinische Wort bedeutet nichts anderes als «schöpferische Kraft». Diese Kreativkraft steckt natürlich zuerst im Schöpfer selbst, der im Englischen auch als «Creator» bezeichnet wird –wie übrigens auch die Menschen, die Neues kreieren.

Ich mag die intensiven Bilder der Schöpfungsgeschichte. Zum Beispiel Tag eins. Da schuf Gott das Licht. Licht inmitten der Dunkelheit. Explosives Licht. Es muss eine rauschhafte Erfahrung gewesen sein: plötzlich Licht in unendlich vielen Farben, sich glitzernd auf dem Wasser brechend, regenbogenirisierend, strahlend, hell ... das ist kreativ pur.

Ein bisschen davon kann ich erahnen, wenn ich vom Computer aufblicke und nach draussen zum Fluss sehe. Ich sehe von meinem Hausboot aus glitzerndes Wasser. Die Nachmittagssonne bricht sich gleissend hell auf den kleinen, dynamischen Wellen... Ich kneife die Augen zusammen, um das Strahlen auszuhalten.

Anders als Gott können wir Menschen nicht aus dem Nichts heraus etwas schaffen. Doch wir können aus dem Vorhandenen heraus unendlich kreativ gestalten, Dinge kombinieren und neu zusammenstellen.

Kreativität Raum geben

Für ein glückliches, ausgewogenes Leben braucht man Kreativität, das einfallreiche Ausprobieren von neuen Dingen.

Wenn man Kinder beobachtet, sieht man viel von der Sehnsucht nach Entdecken, nach Erfahrungen des Neuen. Sie lieben es, etwas auszuprobieren, und stellen Dinge auf ganz ungewöhnliche Art und Weise zusammen. Sie sind noch nicht eingeschränkt durch enge Vorstellungen darüber, wie «man» es macht.

Einmal beobachtete ich ein dreijähriges Mädchen, das am Einbruchgitter der gläsernen Haustür in zwei Meter Höhe kletterte. Ich sagte erschrocken: «Bitte komm wieder nach unten. Wenn jemand die Tür öffnet, könntest du abstürzen.» Erstaunt sah sie mich an: «Wofür ist das denn dann da?» Sie sah in dem Ding, in dem ich als Erwachsene nur einen Einbruchschutz erkennen konnte, eine wunderbare Möglichkeit zum Entdecken und Experimentieren.

Wenn wir uns zu selten die Erfahrung des Entdeckens und Neu-Kombinierens gönnen, verkümmert unser kreatives Potential. Es droht die Gefahr, dass wir uns in unserem eigenen Leben zu langweilen beginnen. Vielleicht denken wir, wir sind treu, weil wir bei einer Sache bleiben und die Dinge immer gleich tun. Aber eigentlich sind wir nur träge.

Kreativität zu leben, kann in einer Partnerschaft bedeuten, kreative Wege zu finden, den anderen neu zu erleben. Das kann im Job bedeuten, den Mut zu haben, eigene Ideen einzubringen. Oder sich weiterzubilden und mehr aus den Fähigkeiten zu machen, die man hat. Das kann privat bedeuten, die eigenen Talente zu entfalten.

Eine ganz einfache Möglichkeit, Kreativität zu entfalten, ist, einen alltäglichen Gegenstand – etwa einen Toaster – zu nehmen und zu überlegen: Was könnte man ausser dem eigentlichen Zweck noch alles damit machen? Das Kreativitätsspiel kann man auch mit anderen spielen. Der Kreativität sind keine Grenze gesetzt.

Praxistipps

■ Überlegen Sie: Welche Dinge habe ich bisher aus Angst, Trägheit oder sonstigen Gründen nicht ausprobiert? Wer oder was könnte mir helfen, mich zu entfalten? Welche Art von Kreativität liegt mir?
■ Ausprobieren: Kombinieren Sie etwas auf eine ganz neue Art und Weise.

Medientipps

■ Thorsten Huith: Kreativität entwickeln. Potentiale entdecken und entfalten. Down to Earth, 2011.
■ Viele kreative Ideen – vor allem für Gruppen und Seminare.

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Datum: 24.11.2019
Autor: Kerstin Hack
Quelle: Jesus.ch

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