Pfarrer Brunsons Matryrium

Zurück in die Hölle von Aliaga

Die Verlängerung der schon bald zweijährigen Untersuchungshaft des Presbyterianer-Pastors Andrew Craig Brunson in der Türkei um weitere drei Monate wird zu einer Staatsaffäre zwischen den USA und Ankara.
Eingang zum Hochsicherheitsgefängnis Aliaga bei Smyrna
Andrew Brunson

Der amerikanische Präsident Donald Trump hat seinen türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan aufgefordert, für eine rasche Freilassung des langjährigen Pfarrers der Auferstehungsgemeinde in Smyrna (Izmir) zu sorgen. Eine solche «Enthaftung» sieht das türkische Strafrecht nach Anhörung der Belastungszeugen vor, wie Brunsons Anwalt Ismael Cem Halavurt darlegt. Diese haben ihre Aussagen am Mittwoch 18. Juli abgeschlossen.

Ein Pfarrer als Geisel für Gülen

Erdogan fand es unter seiner Würde, Trump persönlich zu antworten. Er beauftragte damit den Sprecher seines Aussenministeriums Hami Aksoy. Dieser machte ganz unverblümt klar, dass Ankara den angesehenen amerikanischen Missionar und Theologen als Geisel festhält: Da Washington die Auslieferung von Erdogans politischem Gegner Fethullah Gülen aus dessen amerikanischen Exil verzögert, schiebe sich eben auch die Enthaftung von Pfarrer Brunson hinaus. Das Gerichtsverfahren gegen ihn sei aber nach dem Gegenseitigkeitsprinzip auch Vergeltung für die Verurteilung des türkischen Bankenchefs Mehmet Hakan Attila wegen verbotener Devisengeschäfte in New York.

Im Visier politislamischer Staatsschützer

Das Drama um Andrew Brunson scheint also eine staatsterroristische Geiselnahme ohne religiösen Bezug zu sein. Dass aber ausgerechnet der Pfarrer als Opfer dieser Machenschaften ausgewählt wurde, hängt sehr wohl mit dem seit 20 Jahren beispielhaften christlichen Einsatz in Smyrna zusammen. Was jetzt aus den Anschuldigungen der Belastungszeugen hervorging, hat den Pastor ins Visier der politislamischen Staatsschützer Erdogans gebracht, insbesondere sein Bemühen, türkische und kurdische Muslimas und Muslime zu Jesus zu führen. Diese Verkündigung wurde in den Vorwurf umgemünzt, dass er mit Gülens islamischer Gruppe «Hizmet» und den separatistischen Kurden von der verbotenen PKK kollaboriert habe.

Vorverurteilt durch türkische Medien

Die türkischen Medien greifen bei diesen Vorwürfen jetzt einem Schuldspruch für Brunson voraus. Die Verlängerung seiner Untersuchungshaft haben sie tags darauf mit Schlagzeilen wie «Kampf dem Terror» (Sabah) oder «Spionage- und Terroroperationen unter dem Deckmantel christlicher Verkündigung» (Belastungszeuge Levent Alkan im «Yeni Safak») begrüsst.

Faktische Todesstrafe

Pfarrer Brunson droht nun am 12. Oktober eine Verurteilung zu 35 Jahren Gefängnis. Aber bereits seine jetzige weitere Gefangenschaft im heissen türkischen Sommer kommt einer vielleicht tödlichen Strafe gleich. Das Hochsicherheitsgefängnis Aliaga bei Smyrna wird im Juli und August zur Hölle. Die Metallwände der Einzelzellen beginnen in der Mittelmeersonne zu glühen, in Duschen und Toiletten geht das Wasser aus, der Gestank wird fast unerträglich. Brunson hat schon bisher 25 kg abgenommen und hält sich nur mit Beruhigungsmitteln aufrecht. Der Trost einer Bibel wurde ihm bis zuletzt verwehrt! Seine Familie liess er wissen: Hier komme ich nicht mehr lebend heraus!

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Datum: 22.07.2018
Autor: Heinz Gstrein / Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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