Die Sucht nach der nackten Lust

Viele Männer, verheiratete wie unverheiratete, haben ihre geheime „Ecke“, in der sie ihr sexuelles Eigenleben führen.
Wer Pornografie konsumiert, vereinsamt trotz aller Hochgefühle
Innige Herzensbeziehung befriedigt und erfüllt wesentlich mehr, als weit entfernte Idealbilder

„Ich bin seit fünf Jahren verheiratet. Ich liebe meine Frau, und wir können zufrieden sein, auch im sexuellen Miteinander. Aber ich schlage mich mit einem Problem herum, das unsere Ehe von Anfang an belastet. Ich bin visuell dermassen sexualisiert, dass ich auf jede noch so kleine erotische Anregung reagiere ...“

Schon eine leicht bekleidete Frau auf der Strasse bringt die Fantasie von Matthias und seinen Kreislauf auf Touren. Und dann sind da noch der Fernseher und das Internet ... „Wenn ich mein suchtartiges Verhalten nicht in den Griff bekomme, setze ich meine Ehe aufs Spiel“, sagt Matthias. „Ich will unbedingt von dieser unseligen Abhängigkeit loskommen, weiss aber nicht wie!“

Die geheime „Ecke“

Matthias ist kein Einzelfall. Viele Männer, verheiratete wie unverheiratete, haben ihre geheime „Ecke“, in der sie ihr sexuelles Eigenleben führen. In dieser „Ecke“ konsumieren sie mit gierigen Blicken nackte Frauenkörper. Jung, straff, formvollendet und jederzeit zum variantenreichen Koitus bereit, lassen sie keinerlei sexuelle Wünsche offen. Im Laufe der Zeit werden die Ansprüche der Betrachter immer „schärfer“. Dann müssen noch offenere, noch extremere Varianten und Reize her, bis hin zur Darstellung sexueller Perversitäten. Männer, die sich nach derartigem optischen Konsum erneut ihren Frauen zuwenden, die meist ganz normale Frauen sind, kommen immer weniger damit zurecht, dass sich zwischen dem, was sie in ihrer „Ecke“ konsumiert haben und der realen sexuellen Begegnung eine unüberbrückbare Kluft auftut. Denn Fiktion und Wirklichkeit liegen mindestens genauso weit voneinander entfernt wie der Nord- vom Südpol, so dass viele Wünsche und Sehnsüchte unerfüllt bleiben.

Starker Sog

Wer Pornografie konsumiert, löst einen wesentlichen Lebensbereich aus der ehelichen Gemeinschaft heraus und vereinsamt. Er bleibt allein mit seinen Bildern, Fiktionen und Fantasien, die die sexuelle Begegnung auf den körperlichen Akt reduzieren. Dennoch übt diese Scheinwelt besonders auf Männer einen derartig starken Sog aus, dass sie – trotz fester Vorsätze – immer wieder in sie eintauchen und sich von den Bildern und deren Atmosphäre „überfluten“ lassen.

Wie ist dieses Phänomen zu erklären? Die Ehe und damit auch die Sexualität in der Ehe gelingen in dem Masse, wie Geben und Nehmen relativ ausgewogen sind. Wenn ich Liebe, Geborgenheit, Zufriedenheit und nicht zuletzt auch sexuelle Befriedigung erleben möchte, muss ich „investieren“, und zwar mich selber. Dazu gehört, dass ich meine Frau in ihren Erwartungen und Vorlieben, aber auch in ihren (sexuellen) Grenzen respektiere. Eine normale Frau ist weder allzeit zum Koitus bereit, noch hat sie unbedingt das, was man heute für einen makellosen Körper hält, noch ist sie darauf aus, in jeder erdenklichen Situation und Position „genommen“ zu werden. Eine normale Frau möchte von ihrem Mann schlicht und einfach geliebt werden. Sie möchte bei ihm gut aufgehoben sein. Das geht nicht ohne Rücksichtnahme und Zurücknahme seiner Erwartungen, die oft deutlich auf die Befriedigung der eigenen Wünsche abzielen.

Der Preis der Lust

Im Konsum von Pornografie glauben viele Männer, ihre unerfüllten sexuellen Wünsche und Vorlieben kompensieren zu können. Auf dieser „Spielwiese“ gelingt es ihnen, zumindest in der Fantasie, grenzenlos zu agieren, ganz im Gegensatz zum Ehebett. Und der Preis, den Männer und Frauen dafür im realen (Ehe-)Leben zahlen: Entfremdung, Frustration, bei vielen Lustlosigkeit, bis hin zur Impotenz. Denn wer Lust anstrebt, dem vergeht sie irgendwann!

Die Alternative zu solch einem fragwürdigen Ausleben ist keineswegs ein Wegsehen. Diese und andere Vermeidensstrategien haben Männer zu allen Zeiten erfolglos ausprobiert. Ungute, beziehungsschädigende Neigungen und Gewohnheiten mit aller Kraft aufgeben zu wollen, führt meist zu einer einseitigen Fixierung auf das Problem und in dessen Folge zum Versagen: Man(n) hat sich vorgenommen, auf etwas geradezu Liebgewordenes zu verzichten und schafft es nicht. Ständig schwimmt man ins alte Fahrwasser zurück, so dass sich ein nie endender Kreislauf entwickelt: Versagen – Frustration – gute Vorsätze – Versagen ...

Faszination der Frau

Der Ausweg aus diesem von vielen als suchthaft empfundenen Verhalten muss woanders gesucht werden: dass man danach fragt, welche Rolle diese destruktiven Verhaltensweisen im eigenen Leben spielen oder was man davon zu haben glaubt, sich immer wieder in seine „Ecke“ zurückzuziehen und Pornografie zu konsumieren. Wie bereits angedeutet, möchten viele auf diesem Wege etwas ausgleichen, kompensieren, wo sie meinen, im wahren Leben zu kurz gekommen zu sein.

Wenn diese Überlegung zutrifft, dann steht als nächstes die Frage an, inwieweit man auf einem anderen gemeinschaftsfördernden Weg sein Ziel erreichen kann. Dazu müsste man aber nicht nur begreifen, dass wahllos und ungezügelt konsumierte Pornografie eine Sackgasse ist, sondern sich auch aktiv seiner Frau zuwenden: sie ansehen, kennenlernen, erkennen lernen und entdecken, welch kostbaren Schatz Gott einem anvertraut hat. Ausserdem würde man immer deutlicher erkennen, dass Frauen nicht nur Körper, sondern auch in anderer Hinsicht faszinierende Wesen sind, ausgestattet mit einem weitreichenden Repertoire an Fähigkeiten und Möglichkeiten, den Mann zu beschenken, zu bereichern und zu ergänzen. Auf diesem Weg der gelebten Ergänzung kann er zu einer gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit heranreifen: offen, kommunikativ, ehrlich, fürsorglich, verantwortungsbewusst und liebevoll.

Liebe ist mehr

Liebe bedeutet, dass ich den Wert eines anderen Menschen erkenne und anerkenne. Der Apostel Paulus kannte die Männer: „Ihr Männer, liebt eure Frauen so, wie Jesus seine Gemeinde geliebt hat! Er hat sein Leben für sie gegeben.

Seid für sie da, lebt für sie und mit ihnen. Euch selber wird dabei ein hohes Mass an Zufriedenheit und Erfüllung zuwachsen, auch wenn ihr mit euren sexuellen Wünschen nicht immer hundertprozentig zum Zuge kommt.

Zum Wesen der Liebe gehört auch, dass sie alle Dimensionen des Menschseins einbezieht. Pornografie bewirkt genau das Gegenteil: Sie reduziert sie auf den auf einen blossen körperlichen Vorgang, bei dem die Persönlichkeit des Partners zu personaler Beliebigkeit verkommt. Wer sich auf Pornografie einlässt, löst sich mit einem wesentlichen Bereich von seinem Partner und führt das bereits erwähnte Eigenleben, das ihm und seiner Zweisamkeit auf Dauer schadet.

Der neue Weg

Nicht zuletzt gehört die Treue zur Liebe, durch die man sich mit Leib und Seele seinem Partner verpflichtet, so wie Gott sich uns gegenüber mit seiner Liebe verpflichtet hat. Wer untreu geworden ist – zum Beispiel durch Pornografie – hat wie jeder andere, der sich auf Abwege begeben hat, die Möglichkeit, auf den richtigen Weg zurückzukehren; nicht nur durch Vermeidung der Abwege, sondern vor allem durch aktive, liebevolle Hinwendung zu seinem Partner.

Datum: 13.04.2002
Autor: Karl-Heinz Espey
Quelle: Chrischona Magazin

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