Des Rummels nicht wert – besser die Bibel lesen

Wenig Mystery und viel kopflastige Unterhaltung bietet „The Da Vinci Code“ den Kinogängern. Bei der Kritik fällt der Film durch. Nach der Pressevorführung in Cannes rührte sich keine Hand zum Applaus. „Ausgedörrt“, titelte die NZZ, „kreuzbraver Thriller ohne Thrill“, meinte der Spiegel. Deutsche Kirchenvertreter mahnten zur Gelassenheit, in Moskau und Manila gingen die Wogen höher. Der Film ist weltweit in immerhin 20’000 Sälen zu sehen.
Bild: Da Vinci Code
Bild: Da Vinci Code
Charles Martig
In Bombay kämpften Christen und Muslime gemeinsam gegen die „Gotteslästerung“.

Der amerikanische Regisseur Ron Howard setzt in "The Da Vinci Code" die grandiosen europäischen Schauplätze des Romans ins Bild: den Louvre und die Kirche Saint-Sulpice in Paris, die Temple Church in London. Weil sich die Hauptpersonen des Films immer wieder durch Hintereingänge dem Zugriff der Polizei entziehen können, geht dem Film, so der Spiegel, bald die Dynamik aus. „Die Spannungsdramaturgie des Buchs, das in kurzen Kapiteln jeweils ein neues Rätsel entwarf und ein altes klärte, geht bei Howard völlig verloren.“ Das Ganze ist für die NZZ-Kritikerin eine „heruntergehaspelte Fingerübung“ und belegt bloss eines: „mit wie wenig Nichts man einen Medienhype konstruieren kann“.

„Brei von Symbolen und Namen“

Die Süddeutsche Zeitung stösst sich am „Informations-Overkill“, der aus dem Bestreben von Drehbuch und Regie folgt, die 600 Seiten zu verdichten und dem Autor zu entsprechen im Versuch, “eine maximale Fülle von Wahrheiten, Halbwahrheiten und Verschwörungstheorien auf jede Buchseite zu packen… Hier wird in geradezu atemberaubendem Tempo referiert, kombiniert und geschlussfolgert. Das Abendmahl, die Tempelritter, die Kreuzzüge, Kaiser Konstantin, alles rauscht vorbei, auch als Flashback, alles wird ein einziger Fluss, dann Strom, dann Brei von Symbolen und Namen, und merken kann man sich vor allem dies: Die katholische Kirche war mal sehr böse, und besonders böse war sie zu den Frauen…“

„Nur ein Krimi“

In Deutschland haben evangelische und katholische Kirchenvertreter zur Gelassenheit aufgerufen. Es sei nur ein Krimi, erklärte die hannoversche Landesbischöfin Margot Kässmann am Donnerstag. «Es werden wieder neue Thriller kommen, das halten Bibel, Glaube und Kirche in aller Ruhe aus.» Kinobesucher, die mehr über Jesus wissen wollten, sollten die Bibel lesen.

„Das Geheimnis des Glaubens in der Kirche feiern“

Verschwörungstheorien seien „ein alter Hut“, erklärte Petra Bahr, Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). In der Begeisterung für den Roman und den Film zeige sich die «Sehnsucht nach der Verrätselung der Welt», sagte Bahr: «Das ursprünglich Religiöse soll hinter den Mauern der Kirchengeschichte entdeckt und befreit werden, das eigene Leben wird so zum Abenteuer der Befreiung der Religion aus den Fängen der Kirche.»

Doch Kirche sei der Ort, «wo das Geheimnis des Glaubens gefeiert wird». Dafür bedürfe es keiner Geheimhaltung. Mit dem Film komme zudem eine «vergnügliche Lust» an religiöser Bildung zum Ausdruck, sagte Bahr dem epd. Hier könne die Kirche anknüpfen. Es sei dringend notwendig, mehr über die Geschichte des Christentums und über biblische Texte aufzuklären.

Langdon als Gläubiger

Charles Martig vom Filmdienst der Schweizer Landeskirchen bemerkt, dass der Film die Kritik des Buchs an der katholische Kirche abgeschwächt hat: Robert Langdon komme als katholischer Gläubiger daher. „Die Zusammenschau von wissenschaftlicher Rationalität und gläubiger Lebenshaltung wird beim Helden deutlich nachgezeichnet und psychologisierend erklärt.“ Die Mordabsichten schiebe der Film nicht dem Vatikan selbst, sondern einem geheimen Rat von Kardinälen in die Schuhe, schreibt Martig.

Gleichwohl kritisierte der Vatikan die Produktion. Alles darin scheine wirklich ohne reale Grundlage zu sein, sagte der Sekretär der Glaubenskongregation, Angelo Amato. Damit solle die Kirche in Misskredit gebracht werden. Eine offizielle Verurteilung des Romans oder des Films durch den Vatikan werde es voraussichtlich aber nicht geben.

Proteste in Moskau, Manila und Bangkok

In Moskau, wo sich orthodoxe Kreise mit staatlicher Unterstützung zunehmend als Verteidiger des wahren Glaubens aufspielen, kam es zum öffentlichen Protest. Vor dem Puschkin-Kino rief ein Häufchen Gläubige zum Boykott auf und warf ein Filmplakat auf den Scheiterhaufen. Auf einem der entfalteten Plakate stand: „Mit dem Kauf einer Eintrittskarte verkaufst Du Christus“.

Zuvor hatten sich christliche und islamische Geistliche in seltener Übereinstimmung gegen den Film gewandt. Die Führung der russischen Muslime forderte ein Verbot des Films und auch des Buchs. In der philippinischen Hauptstadt Manila mussten Kinos den Streifen auf behördliche Weisung aus dem Programm nehmen. In Thailand kürzte der Verleiher aufgrund kirchlicher Proteste den Film um die letzten zehn Minuten; im Vorspann wird „The Da Vinci Code“ ausdrücklich als Fiktion bezeichnet.

Indien: Furcht vor antichristlicher Hetze

In Indien verurteilten Vertreter christlicher Kirchen den Film als gotteslästerlich. Die Forderung nach einem Aufführungsverbot wurde allerdings zurückgezogen. Die Kirchen befürchten, dass «The Da Vinci Code», der Jesus zum Vater macht, zur antichristlichen Propaganda missbraucht werden könnte.

Die indischen Christen wissen, wovon sie reden: Vor Jahren schon sind westliche Theologen, welche die Glaubwürdigkeit der Evangelien bestritten, von einheimischen Bestseller-Autoren (Arun Shourie) ausgiebig zitiert worden, mit dem erklärten Ziel, den Christen den Teppich unter den Füssen wegzuziehen.

Dossier: www.jesus.ch/da_vinci_code/

Datum: 24.05.2006
Autor: Peter Schmid
Quelle: Jesus.ch

Verwandte News
Werbung
Werbung
Livenet Service