Der Preis der Ehrlichkeit: Illegal in der Schweiz, Sinneswandel, Ausschaffung

Neuanfang in der alten Heimat: Serob und seine Frau Mariam (rechts), sein Bruder Samuel und die Schwägerin
Serob vor der neuen Schreinerei; die Türe haben ihm die Freunde in der Schweiz bezahlt.
Eine bessere Zukunft für die Kinder: Warthui und Anna
Der Rohbau: Jungunternehmer haben’s nicht leicht in Armenien.

Seine Schweizer Freunde nannten ihn Samuel. Als Samuel stellte er sich ihnen vor. Doch sein richtiger Name ist Serob. Weil er illegal in die Schweiz einreiste, verschwieg er seinen Namen.

Serob (Jahrgang 1970) reist als Gastarbeiter von Armenien über die Niederlande in die Schweiz ein. Das Datum: 23.August 2001 – am Geburtstag seiner Tochter Anna. „Weil ich nicht legal einreisen konnte, versuchte ich mein Glück an einem Grenzbahnhof: Mit pochendem Herz überquerte ich in Genf die Geleise. Niemand nahm Notiz.“

In der Schweiz beantragt Serob Asyl und kommt tatsächlich in die Baracken von Kloten, wo er lange Zeit wohnt. Da lernt er auch Deutsch und sucht die Schweizer Kultur verstehen zu lernen. Er findet einen ersten Job und dank seinem Einkommen kann er seine Frau Mariam und die beiden Töchter in die Schweiz nehmen. Durch seine Kinder kommt er in Kontakt mit einer Christin; sie nimmt ihn in die Freie Evangelische Gemeinde mit.

Gottes Hilfe – wofür?

„Diese Christen könnten mir helfen, in der Schweiz zu bleiben“ – so denkt Serob. Und tatsächlich: Ein Freund in der Gemeinde findet für ihn eine regelmässige Arbeitsstelle als Schreiner. Serob hat einen guten Draht zu seinem Vorgesetzten und hofft, nie wieder nach Armenien zurück zu müssen.

Natürlich setzt er sich auch mit dem christlichen Glauben auseinander, der in seiner armenischen Heimat zur nationalen Tradition gehört, aber ihm bisher wenig bedeutete. Er liest in der Bibel, diskutiert mit verschiedenen Leuten und entschliesst sich darauf, an diesen Christus zu glauben.

Er hofft sehr auf Gottes Hilfe, um in der Schweiz zu bleiben. Gleichzeitig ist für ihn aber klar: Als Christ kann er nicht mehr unter falschem Namen leben. Auch sein Vorgesetzter und die Freunde in der Freikirche haben das Recht, den ganzen Schwindel zu erfahren. Und sogar der Staat soll wissen, dass Serob illegal in die Schweiz eingereist ist: „Sie haben das Recht, die Wahrheit zu erfahren“, meint er.

Die Konsequenzen der Ehrlichkeit

Serob fasst sich ein Herz und schreibt mit Unterstützung seiner Freunde einen Brief an die Asylbehörde. Er stellt sich freiwillig, was grosse Verwunderung in diesem Amt auslöst. Niemand sonst stellt sich freiwillig. Aber für Serob ist klar: Weil er es um der Ehrlichkeit willen tut, wird Gott ihm beistehen. Die Asylbehörde macht ihn nochmals darauf aufmerksam, dass dieses Geständnis seine Ausschaffung bedeuten könnte. Ja, dessen ist er sich bewusst. Er hofft.

Die Monate verstreichen. Warthui und Anna, Serobs Kinder, leben sich in der Schweiz ein. Serob schliesst weitere Freundschaften. Da kommt der verhängnisvolle Brief von der Asylbehörde: Die ganze Familie muss zurück nach Armenien. Ein harter Schlag für Serob, Mariam, Warthui und Anna. Die Gemeinde betet für die Familie und versucht, ihr den Abschied so leicht wie möglich zu machen. Sie versichern Serob, den Kontakt über die weite Distanz aufrecht zu erhalten und ihn beim Aufbau einer neuen Existenz zu unterstützen.

Zurück in Armenien

Serob, seine Frau Mariam und ihre beiden Töchter leben seit einigen Monaten in Tairov (Nähe von Erewan, Armenien). Leicht fällt es ihm nicht. Das Leben ist viel unkomfortabler und härter – auch Korruption und Vetternwirtschaft machen ihm zu schaffen. Keine Frage: in der Schweiz hätte er es besser. Er hätte allen Grund, stinksauer auf Gott zu sein - manchmal ist er es auch.

Trotzdem steht er zu seinem Glauben. Auch wenn er immer noch nicht versteht, weshalb Gott ihn nicht in der Schweiz gelassen hat, bleibt er ihm treu. Mit Telefongesprächen und Besuchen ermutigen ihn Christen aus der Schweiz. Er erfährt, dass er nicht im Stich gelassen wird, auch wenn er Tausende von Kilometern entfernt ist.

Eine eigene Schreinerei

Die Leute der Freikirche halten ihr Versprechen: Sie unterstützen Serob im Bau einer eigenen Möbelschreinerei. Sie finanzieren Stück für Stück sein neues Projekt: Mauern, Türen und Fenster, Stromanschlüsse. Das Schreinerhandwerk beherrscht seine Familie, aber der Schritt zu einem eigenständigen Unternehmen bereitet ihm immer noch Mühe. Mit seinem Bruder zusammen packt er es an. Bald werden die ersten Möbel Serobs Schreinerei verlassen.

Autor: Thomas Gerber

Datum: 20.12.2005
Quelle: Jesus.ch

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