Studie über Jugend und Gewalt

«Spätestens seit 9/11 haben Muslime ein Reputationsproblem»

Muslimische Jugendliche neigen laut einer neuen Studie der Universität Zürich zu mehr Gewalt. Für Pascal Gemperli von der Föderation islamischer Dachorganisationen der Schweiz (Fids) wirft dieses Resultat Fragen auf.
Pascal Gemperli von der Föderation islamischer Dachorganisationen der Schweiz (Fids)

«Wissenschaftliche Studien belegen, dass die Religionszugehörigkeit keinen kriminalitätsfördernden Faktor darstellt.» Das sagt Gemperli im Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» (NZZ, 17. Juli), die ihn mit einer neuen Langzeitstudie der Universität Zürich konfrontiert hat. Diese stellt laut der Zeitung fest, dass muslimische Jugendliche eher zu Gewalt tendieren als nicht-muslimische.

Monokausale Erklärungen greifen zu kurz

Aus Sicht von Gemperli wirft die neue Studie Fragen auf. Faktoren wie Religion und Kultur seien «höchst abstrakte Konzepte». Weshalb ihm direkte Rückschlüsse auf das Gewaltrisiko «fragwürdig» erschienen. Da spielten weitere Faktoren eine Rolle, sagt der Sprecher des muslimischen Dachverbandes. Das bestätigten auch die gängigen Theorien zur Jugendgewalt.

Jugendgewalt hänge mit sozialen, psychologischen und emotionalen oder mit eigener Gewalterfahrung zusammen. Monokausale Erklärungen, wie die Religion, griffen deshalb zu kurz, so Gemperli weiter. Beim Phänomen «Ehrenmorde» etwa spiele «eine schädliche Kombination verschiedener Faktoren» eine Rolle.

Medien begünstigen falsche Pauschalisierungen

Weiter kritisiert Gemperli an solchen Studien, dass die Resultate von Medien oft so aufgenommen würden, dass falsche und schnelle Pauschalisierungen geschaffen würden. Diese produzierten Islamophobie. «Spätestens seit 9/11 und einer fast ausschliesslich negativen Politisierung in den vergangenen Jahren haben Muslime auch in der Schweiz ein Reputationsproblem.»

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Datum: 18.07.2018
Autor: Francesca Trento
Quelle: kath.ch

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