Nach 60 Jahren: Franz Steeg heimgekehrt

Wien - Der letzte russische Kriegsgefangene ist am Wochenende nach Österreich zurückgekehrt. Vor bald 60 Jahren zog Franz Steeg aus dem Burgenland an der ungarischen Grenze in den Krieg. Nun kehrte er in Begleitung seiner Enkelin Swetlana zurück. Franz Steeg, krebskrank, erhielt unter Leonid Breschnew überraschend eine Ausreiseerlaubnis - und ging tatsächlich zurück, nach Weißrußland. Der in Oesterreich Vermisste war nach Ablauf der Gefangenschaft durch Behördenwillkür sowjetischer Bürger geworden.

Steeg, Jahrgang 1921, hatte sich zum Primarlehrer ausbilden lassen. Zuerst diente der Artillerist in Frankreich, einem Heimaturlaub entsprang ein Sohn. 1942 wurde Steeg nach Weissrussland verlegt. Der Besatzungssoldat lernte eine weißrussische Fabrikarbeiterin kennen. Beide wurden am 10. April 1943 in einem Dorf bei Smolensk von Partisanen gefangengenommen, denen sie sich anschlossen. Obwohl Stalins Geheimdienst den beiden zubilligte, sie hätten nicht an Kampfeinsätzen teilgenommen, wurden sie 1944 in Mordwinien östlich der Wolga interniert.

1948 wird Steeg mit seiner Partnerin und zwei Kindern in eine Sowchose verlegt, doch der Ausländer wird von den Seinen isoliert. Ein Jahr später wollten ihn die Behörden zurückschicken. Die Familie wird in ein Lager des Innenministeriums bei Moskau überstellt. Steeg will heim nach Oesterreich - und man sagt ihm, dass er hier Familie hat. 1950 wird Steeg sowjetischer Staatsbürger - gegen seinen ausdrücklichen Willen. Die Sowjets schicken die Familie dorthin, wo seine Partnerin herkommt, nach Weissrussland. Steeg arbeitet fortan als Turnlehrer in einer Schule, später als Ingenieur.

1968 wird Franz Steeg erstmals ein Besuch in Oesterreich erlaubt - ohne Begleitung. Da erfährt er von seinem erstgeborenen Sohn, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrem Bericht schreibt. Und nun ist er endgültig da: "Erst nach sechs Jahrzehnten hat Franz Steeg nun verwirklicht, was er stets vorhatte. Den hiesigen Sohn trifft er nicht mehr an: Er ist vor zwei Wochen an den Folgen eines Krebsleidens gestorben".

Quelle: FAZ

Datum: 16.07.2002

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung