Merkmale einer Erweckung (I)

Wenn sich sogar die Gefängnisse leeren

Der schottische Erweckungsprediger Duncan Campbell (1898–1972), der die Erweckung auf den Hebriden massgeblich prägte, hat es so definiert: «Das Hauptmerkmal einer Erweckung ist ein Gottesbewusstsein, das sich über eine ganze Gegend legt, sodass es für alle Teile sichtbar ist.»
Die Hebriden – 1957 Ort einer Erweckung

Alle Erweckungen sind gekennzeichnet durch eine machtvolle Gegenwart Gottes, die zu Gottesfurcht und Sündenerkenntnis führt. In Erweckungszeiten sind es nicht die Evangelisten, die auf der Suche nach busswilligen Sündern sind, sondern die busswilligen Sünder sind auf der Suche nach Evangelisten, um ihre Lasten ablegen zu können und Frieden im Herzen zu erlangen. Bei aller Verschiedenartigkeit des Handelns Gottes gibt es Merkmale, die allen erwecklichen geistlichen Aufbrüchen gemeinsam sind.

1. Gottes Gegenwart bewirkt Gottesfurcht und Sündenerkenntnis

Gottesfurcht verbunden mit einer starken Sündenerkenntnis ist sicher das Kennzeichen der Gegenwart Gottes. In Erweckungszeiten wird den Menschen ihre Sündhaftigkeit zutiefst bewusst, wie dies bei Jesaja der Fall war (Die Bibel, Jesaja, Kapitel 6, Vers 5). Dies zeigt sich auch in einem Bericht im Rahmen einer der letzten erwecklichen Aufbrüche in Europa: «Im April 1957 kamen vier hübsche Evangelistinnen der ‹Edinburgh Faith Mission›, die in ihren Zwanzigern waren, nach North Uist, einer Insel der Äusseren Hebriden in Schottland. In Lochmaddy wiesen die Pastoren die Bewohner an, den Frauen keine Unterkunft anzubieten, sodass sich diese halt selbst eine ärmliche Wohnung besorgten. Zwei Wochen hielten die Evangelistinnen Gott seine Verheissung vor, ‹Wasser auf dürres Land zu giessen› (Die Bibel, Jesaja, Kapitel 44, Vers 3), bis sie Gewissheit erhielten, dass die Erweckung kommen würde. Eine von ihnen predigte während einer Stunde über den reichen Mann und Lazarus und zitierte dabei John Bunjan: ‹Hört auf die Seufzer der Hölle.› Von diesem Moment an brach auf der Insel die Erweckung aus. Eine Person schrie in ihrer Sündenerkenntnis laut auf, und andere begannen am ganzen Körper zu zittern. Noch um Mitternacht wurden die jungen Frauen in ihrer Hütte von dreissig bussfertigen Personen besucht. Am nächsten Morgen war die örtliche Kirche überfüllt. Die Furcht Gottes erfüllte in der Folge die ganze Insel.»

2. Menschen werden tiefgreifend verwandelt

Bei der Erweckung in Wales (1904–1906) wurden aus Spielernaturen und Trinkern fürsorgliche Ehemänner und Väter, aus Taugenichtsen disziplinierte Arbeiter und aus schüchternen Frauen mutige Zeuginnen für Jesus, die mit göttlicher Autorität den Menschen den Weg wiesen. Herkunft und Ausbildung spielten nur noch eine nebensächliche Rolle. Durch das Wirken des Heiligen Geistes kamen die positiven Persönlichkeitsmerkmale zum Tragen, und die schwierigen traten in den Hintergrund.

Die bestimmenden Persönlichkeitszüge waren die Freude am Herrn und der tiefe Wunsch, dass ihre Mitmenschen diese Freude auch erleben mögen. William Stead, der später beim Untergang der Titanic ums Leben kam, sah in der Tatsache, «dass aus Christen Evangelisten wurden», das wichtigste Merkmal der Erweckung in Wales. Und David Matthews, ebenfalls ein Augenzeuge, fasste es so zusammen: «Schwächlinge wurden zu Giganten. Junge, schön gekleidete Frauen knieten mit Vagabunden. Sie baten diese eindringlich, den falschen Weg zu verlassen und ihr Leben Christus, dem neuen und lebendigen Weg, anzuvertrauen.»

3. Die Atmosphäre ist von Liebe und Freude geprägt

Colin Peckham beschrieb die Atmosphäre zur Zeit der Erweckung auf den Hebriden vor sechzig Jahren anhand zweier herausragender Merkmale: «Ein Geist der Liebe durchwehte alles. Die Einheit untereinander war unbeschreiblich. Man muss es erlebt haben, um es zu glauben. Die ganze Atmosphäre war von einer tiefen Freude geprägt.» Evan Roberts, der Kohlenarbeiter, der zur Schlüsselperson der Erweckung in Wales wurde, betonte die Tatsache, dass die Gläubiggewordenen sich als eine grosse Familie empfanden: «Es gibt keine Spaltungen mehr. Wir haben lange genug einander bekämpft. Von nun an haben wir mehr Zeit, den Teufel zu bekämpfen.»

4. Alter und Geschlecht werden zweitrangig

In einem Rückblick auf die Erweckungsjahre betonte William Edwards in der Zeitschrift «The Sunday Strand» den starken Einfluss der Erweckung auf die Rolle der Frau in Kirche und Gesellschaft: «Die Frauen erhielten einen starken Ruf, sich voll im christlichen Dienst zu engagieren. Es gab revolutionäre Veränderungen in der Rolle der Schwestern. Die Frauen erlebten ihr persönliches Pfingsten und taten während der Erweckung einen wunderbaren Dienst ... Ihre Zungen wurden befreit, und ihr grosses Potenzial zum Dienst haben sie für alle einsichtig demonstriert.»

William Stead sah sogar die Möglichkeit, dass die Frauen als Folge der Erweckung im Staat mehr Rechte bekommen würden: «In der jetzigen Erweckung sind die Frauen überall an der Front, indem sie singen, Zeugnis geben, beten und predigen ... Die gegenwärtige Erweckung könnte gekrönt werden durch die Tatsache, dass die Frauen die staatli­che Anerkennung der vollen Bürger­rechte erhalten.»

David Matthews zeigte sich vor allem beeindruckt von der Rolle, die die Kinder in der Erweckung einnahmen: «Sie drückten ihre Gedanken in Ge­bet und Zeugnis intelligent und schriftgemäss aus, so wie sie durch den Geist Gottes gedrängt und ge­führt wurden. Sogar sehr junge Kin­der im Alter zwischen neun und zwölf Jahren beteten mit einer Weis­heit und in einem Fluss, dass es geradezu unheimlich anmutete.»

5. Sämtliche Bereiche der Gesellschaft werden verändert

Im Rahmen meiner Forschungen konnte ich durch einen göttlichen Zufall die 32-seitige Sonderbeilage der Tageszeitung «Western Mail» vom 31. Januar 1905 über die gera­de im Gang befindliche Erweckung in Wales erwerben. Daraus ein Aus­schnitt über die gewaltigen gesell­schaftlichen Veränderungen: «Eine Erweckung dieser Dimension ist nichts weniger als eine Revolution. Das soziale und politische Leben in Wales hat eine weitreichende Verän­derung erfahren, und in aller Wahr­scheinlichkeit steht ein noch grösse­rer Wandel vor uns. Zuweilen wur­den aus Fussballmatches Gebetstref­fen. Manche Konzerte änderten ihr Programm und setzten Psalmen und Hymnen und geistliche Lieder aufs Programm. Man kann den Zuhörern keine weltliche Musik mehr vorset­zen ... Aus einflussreichen Politikern wurden Erweckungsprediger ... Tau­sende von Männern und Frauen freuen sich zum ersten Mal auf die Gemeinschaft zu Hause. Ihre Kinder erhalten Kleidung und Nahrung und liebevolle Erziehung, wie das noch nie zuvor der Fall war. Arbeiter sind mit ihrem Lohn und ihrem Arbeits­umfeld zufrieden ... Aus Kohleminen wurden Anbetungsstätten. Alles, was wir heute wissen, ist, dass Wales aus dieser gegenwärtigen Taufe stärker und besser zugerüstet hervorgeht für die Aufgaben, die vor uns stehen.»

James Stewart fasste im Rückblick die gesellschaftlichen Veränderungen in Wales so zusammen: «Langjährige Schulden wurden bezahlt, gestohlene Güter retourniert, Trinktavernen ver­lassen, Flüche hörte man keine mehr, sodass man sagte, dass deswegen in den Minen die Pferde die Sprache der Kohlenarbeiter nicht mehr ver­standen. Politische Versammlungen mussten verschoben werden, da die Mitglieder des Parlaments sich an Erweckungstreffen beteiligten. Die Gefängnisse waren leer, sogar an den Universitäten waren Erweckungssze­nen an der Tagesordnung, und das während Monaten.» Kein Wunder, dass noch einige Jahre nach der Er­weckung selbst weltliche Geschäfts­leute sagten: «Wir wollen mehr von dieser Erweckung, da so viele alte Schulden zurückbezahlt wurden und generell die Ehrlichkeit zunahm.»

Zum Thema:
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Datum: 16.08.2012
Autor: Hanspeter Nüesch
Quelle: Christliches Zeugnis

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