Justin Welby

«Nicht mehr sagen, ISIS hätte nichts mit dem Islam zu tun»

Um im Kampf gegen den Islamischen Staat effektiv zu sein, müsse man das Problem nicht nur sicherheitstechnisch oder politisch, sondern vielmehr religiös angehen. Dieser Meinung ist der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby.
Der Primas und Erzbischof von Canterbury Justin Welby

Immer wieder sind Kommentare zu hören, dass man vorsichtig sein müsse, ISIS mit dem Islam in Verbindung zu bringen. Auch der Begriff «Islamischer Staat» müsse mit Vorsicht benutzt werden. Dem trat jetzt Justin Welby energisch entgegen. Bei einer Lesung am Katholischen Institut von Paris sagte der anglikanische Theologe, terroristische Angriffe wie die in der französischen Hauptstadt zeigten die dringende Not, dass Menschen in Europa Religion verstehen lernen müssten. «Um dies zu verstehen, müssen religiöse Menschen in Europa die Fähigkeit neu erwerben, unser religiöses Vokabular mit dem Rest des Kontinents zu teilen.»

Theologische Stimme als Teil der Antwort

Weiter erklärte Erzbischof Welby: «Wenn wir religiös motivierte Gewalt einzig als Thema der Sicherheit oder der Politik angehen, wird es unglaublich schwierig – vielleicht unmöglich – sein, sie zu überwinden. Eine theologische Stimme muss Teil der Antwort sein und wir sollten nicht schüchtern damit sein, sie anzubieten.»

Um dies zu ermöglichen, sei es notwendig, zu erkennen, dass ISIS eng mit dem Islam verstrickt sei. «Hierfür muss man von dem Argument wegkommen, das immer populärer geworden ist, nämlich zu sagen, ISIS habe 'nichts mit dem Islam zu tun', oder die christliche Miliz in der Zentralafrikanischen Republik habe nichts mit dem Christentum zu tun, oder die hinduistisch nationalistische Verfolgung von Christen in Südindien habe nichts mit dem Hinduismus zu tun. Erst wenn religiöse Leiter aufstehen und Verantwortung für die Taten derjenigen übernehmen, die Dinge im Namen ihrer Religion tun, wird es eine Lösung geben!»

Die Lesung am Katholischen Institut Paris fand im Zusammenhang mit der Verleihung eines Ehrendoktors für Welby statt.

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Datum: 24.11.2016
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / The Telegraph

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