Oktoberfest und politischer Erfolg

Die Mär vom Völkermord und Freiluftgefängnis

Inzwischen haben die Begriffe «Freiluftgefängnis» und «Völkermord» etwas abgenommen. Doch sie sind noch da, wenn Israels Bezug zu den Palästinensern beschrieben wird – oft befeuert durch arabische Herrscher. Sachte ändert sich die Tonart. Zurecht.
Oktoberfest in Taybeh.
Justin Abdelkader

Livenet war dabei, als der UNO-Menschenrechtsrat anno 2009 in Genf eine vielbeachtete Konferenz gegen Rassismus abhielt. An der prestigeträchtigen «Durban 2»-Konferenz bezeichnete der lybische Vertreter Abdulati Alobidi Israel einen «Pionier des Genozid». Er vergass – ebenso wie Sudans Vize Abdel Daiem Zumrawi –, den echten und gut dokumentierten sudanischen Völkermord zu erwähnen, der zu diesem Zeitpunkt lief (rund zwei Millionen Tote im Süden und 300'000 in Darfur).

Es waren solche Voten, die oft geschlossen von den arabischen Führern von Algerien bis Saudi-Arabien und den muslimischen Ländern von Mali bis Indonesien auf Israel einprasselten. In den letzten Jahren – gerade angesichts der iranischen Bedrohung – änderte «Wortführer» Saudi-Arabien die Tonlage. Erstmals anerkennt ein saudischer Thronfolger Israel an (Livenet berichtete).

Oktoberfest in Taybeh

Die Realität sah freilich anders aus als diese Darstellung, bloss schaffen es solche Meldungen selten in die hiesigen Gazetten. Oder wussten Sie, dass in palästinensischen Gebieten, in Taybeh in der Nähe von Ramallah ein eigenes Bier gebraut wird (Livenet berichtete) und seit 2005 fast jährlich ein Oktoberfest gefeiert wird? Das nächste steigt am 8. und 9. September 2018.

Palästinenser mit hoher Lebenserwartung

Die Mär vom Freiluftgefängnis, das hermetisch abgeriegelt wird, und dem Völkermord, den Israel begehen soll, dürfte nun, nach 70 Jahren, langsam auserzählt sein. Die Lebenserwartung der Palästinenser ist vergleichsweise hoch (Männer 71,6 Jahre, Frauen 75,4 Jahre). Somit liegt die Rate der palästinensischen Gebiete weit vor Ägypten, Syrien, Irak, Indonesien, Indien, Russland, Bolivien und fast allen afrikanischen und asiatischen Staaten, sogar vor ein paar europäischen Ländern wie Bulgarien oder Rumänien.

Auch was die Kindersterblichkeitsrate anbelangt, liegen die palästinensischen Gebiete laut den Aufzeichnungen der Weltbank vor einer Vielzahl an Staaten. Mit 1,9 Prozent müssen sich beispielsweise Nachbar Ägypten (2,3), Algerien (2,5), Marokko (2,7) und die Philippinen (ebenfalls 2,7) ebenso weiter hinten einreihen, wie der Irak (3,1) und Indien (4,3), wo die Kindersterblichkeit bereits doppelt so hoch ist wie in den palästinensischen Gebieten.

Erfolg wäre möglich

Ein palästinensischer Erfolg wäre möglich. Gaza könnte ein neues Singapur oder Hongkong werden, stellte Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman – der in Moldawien zur Welt gekommen ist – nicht erst heute in Aussicht (Livenet berichtete). Würde der gesellschaftliche und wirtschaftliche Fortschritt anstelle der Separation von politischen und religiösen Trägern vermehrt gesucht, würde sich die Tonart durchaus verbessern. Wenig hilfreich ist, wenn die Hamas via Moscheelautsprecher aufwiegelt und zu Gewaltakten aufruft.

Den Erfolg der Palästinenser zeigt beispielsweise John E. Sununu, welcher während seiner Amtszeit jüngster Gouverneur des US-Bundesstaats New Hampshire war. Gleich wie sein Bruder Chris Sununu, der gegenwärtig Gouverneur ist, blickt er auf palästinensische Wurzeln. Ebenso Antonio Saca, der während fünf Jahren Präsident von El Salvador war. Auch die jordanische Königin Rania, die bald zwanzig Jahre im Amt ist, stammt aus einer palästinensischen Ärztefamilie.

Zu erwähnen wäre auch der Eishockey-Star Justin Abdelkader, der in einer palästinensischen Familie im Nahen Osten zur Welt gekommen ist. Er war der erste arabisch-amerikanische NHL-Spieler. Er spielt bei den Detroit Red Wings und holte mit diesem Team den Stanley-Cup, den wichtigsten Pokal im Club-Eishockey.

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Datum: 15.05.2018
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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