Keltische Spuren

Andy Lang, Pfarrer und Barde

Seine Fans nennen ihn einen Barden. Irische Musik ist für ihn jedoch mehr als ein Zeitvertreib. Über die christlich-keltische Kultur hat er jetzt auch ein Buch geschrieben: Andy Lang, eigentlich Pfarrer, aber jetzt – Barde.
Auch er hat Geschichten zu erzählen: Andy Lang.

Warum nennt man Dich einen Barden?
Barde ist ein Wort aus dem Keltischen. Ein Barde war zuständig für die mündliche Überlieferung der Geschichte, da es keine schriftlichen Dokumente gab. Bevor sich jemand Barde nennen durfte, musste er zehn Jahre lang Geschichten auswendig lernen.

Streng genommen bin ich natürlich kein Barde, ich war auch in keiner Druidenschule. Aber ich bin Pfarrer und habe sehr wohl wichtige Geschichten zu überliefern.

Keltentum, Druidenschule, das klingt sehr heidnisch ...
Natürlich waren die vorchristlichen Kelten Heiden, das Christentum gab es ja noch gar nicht. Was aber kaum einer weiss: Im vierten Jahrhundert sind die irischen Kelten durch St. Patrick zum christlichen Glauben gekommen. Und haben dann sogar grosse Teile Europas missioniert.

Man kennt vielleicht St. Kilian von Würzburg oder St. Gallus von St. Gallen, das waren irische Mönche! Während zu der Zeit in Grossbritannien die „Dark Ages“ waren, spricht man in Irland vom „Goldenen Zeitalter“. Das Land ist unter den Mönchen regelrecht aufgeblüht.

Ich spreche trotzdem bewusst von christlich-keltischer Spiritualität, um Verwechslungen zu vermeiden. In Deutschland gibt es ja inzwischen wieder eine neuheidnische Szene, in Schottland die «Neo-Druiden». Sie berufen sich auf die heidnischen Kelten. Aber über die ist eigentlich nur sehr wenig überliefert.

Was ist christlich-keltische Spiritualität?
Ein tief im Christlich-Biblischen verwurzelter Glaube. Dabei gibt es interessante Fakten, die uns römisch geprägten Christen gut tun würden. Viele Probleme der Kirche, gibt es in der christlich-keltischen Spiritualität gar nicht. Zum Beispiel den Zölibat oder die untergeordnete Rolle der Frau oder die Vernachlässigung des Körpers. Immerhin sagt Paulus in der Bibel, dass unser Körper der Tempel des Heiligen Geistes ist.

Die christlichen Kelten interpretierten und lebten den Glauben nicht so rational, intellektuell wie die römisch geprägten Christen. Sie waren poetischer. Und während die westlichen Christen bis aufs Blut diskutierten, wie das mit der Dreieinigkeit sein kann, schrieben die Iren einfach ein schönes Lied darüber und versuchten das mit dem Herzen statt mit dem Verstand zu verstehen.

Nenne uns eine Eigenschaft, die wir den keltischen Christen abschauen können.
Der irische Glaube ist der hebräischen Frömmigkeit, dem alttestamentarischen Glauben sehr nahe. Er ist sinnlich, herzhaft, leidenschaftlich. Im Alten Testament werden ja bunte, spannende und auch erschreckende Geschichten über das Leben erzählt.

Im hebräischen und im irischen Glauben findet man Hingabe, Intensität, pures Leben und den Mut, Entscheidungen zu treffen. Wir hingegen lassen uns doch zu gerne einfach mit dem Strom treiben.

Den Kelten war auch sehr bewusst, dass sie Kinder der Erde sind, die sie mit allen Sinnen lieben und bewahren müssen.

Wie kamst Du darauf, über all das ein Buch zu schreiben?
Seit fünf Jahren mache ich jedes Jahr mit 30-40 Leuten eine Pilgerreise durch Irland. Wir erleben das Land weit ab vom Tourismus und entdecken die geistliche Tiefe und kulturelle Weite. Wir wandern durch die wunderschöne Landschaft und machen uns Gedanken zu lebensrelevanten Themen.

Diese Impulse haben mich dazu inspiriert, ein Buch im Plauderton zu schreiben; Gedanken zu Themen, die im Leben auftauchen: Achtsamkeit, Gastfreundschaft, Freundschaft. Wie kann ich in dem guten Fluss des Lebens stehen? Wie kann ich Kraft empfangen und weitergeben?

Ich habe versucht, Gedanken in kleinen Geschichten zu formulieren und herausgekommen ist das Buch „An die Quellen der Sehnsucht – das eigene Leben entdecken“. Ein begleitendes Lied gibt es übrigens auch dazu: «A Thousand Times» – mein tausendstes Konzert.

Was fasziniert Dich an irischer Musik?
Die irische Musik vereint wie kaum eine andere – ausser der Klezmer – Fröhliches und Trauriges in einem Lied. Die Musik ist leidenschaftlich, emotional, gehaltvoll. Wo es in der Popmusik um den tausendsten Lovesong geht, hat die irische Musik eine echte tiefe Botschaft – politisch, ökologisch, religiös.

Du bist gerade mit deinem Weihnachtsprogramm „Celtic Christmas Tournee“ unterwegs, was erwartet einen da?
Viele Kerzen, stimmungsvolle Musik, Weihnachtslieder der schottischen und irischen Tradition und eigene Songs. Und vor allem die Botschaft vom Kind in der Krippe.

Webseite:
www.andy-lang.de

Datum: 06.12.2010
Autor: Miriam Hinrichs
Quelle: Livenet.ch

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