Rinaldo Lieberherr

«Ich bin und bleibe ein Unternehmer»

Rinaldo Lieberherr, 58 Jahre, ist verheiratet und hat zwei Kinder, wohnt in Lachen SZ
Mit 18 Jahren gründete Rinaldo Lieberherr seine erste Firma, heute führt er das IT-Unternehmen UPGREAT in Fehraltorf mit 110 Mitarbeitenden. Er sieht sich dabei nicht als Angelpunkt seines Betriebs.

«Als ich Esther zum ersten Mal sah, wusste ich: Das wird meine Frau!», schwärmt Rinaldo noch heute von seiner Liebsten. Er rät der damals 16-Jährigen: «Mach das KV – ich werde später ein Geschäft führen, da brauche ich eine Buchhalterin.» Was nach Kalkül aussieht, war Liebe auf den ersten Blick – oder Gottes Führung: Seit 30 Jahren ist das Paar verheiratet und Esther kümmert sich um die Zahlen im Betrieb. Bevor sie ihrem Rinaldo 1993 in Naples, Florida, das Ja-Wort gab, hatte sie Gott um ein Zeichen gebeten. Sie wollte nicht ohne himmlischen Segen heiraten. Zu diesem Zeitpunkt standen der damals Dreissigjährige und seine Liebste im Golf von Mexiko. Den Heiratsantrag im Herzen, betete Esther erst einmal… Rinaldo erzählt: «Als wir nach unten schauten, sahen wir uns umringt von einem Schwarm von Fischen. Freunde versicherten uns, dass diese normalerweise viel weiter draussen im Meer leben würden.»

Harte Zeiten

Als Teenager erlebte Rinaldo in seiner Familie herausfordernde Jahre: «Mein Vater litt unter schweren Depressionen. Er zog sich jeweils in sein Bett, seine Höhle, zurück und ging nicht mehr zur Arbeit.» Unvergessen bleibt die kämpferische Seite der Mutter. «Kommt, wir beten», habe sie ihre beiden
Kinder immer wieder aufgefordert. Dabei schloss sie ihren risikofreudigen Sohn in die Gebete mit ein. Rinaldo präzisiert: «Wenn wir mit unseren Autos oder Motorrädern unterwegs waren, hatten alle meine Kollegen irgendwann Unfälle – nur ich nicht. Das führe ich auf die Gebete meiner Mutter zurück!» Diese stand treu zu ihrem Mann und gab die Ho nung auf Besserung nie auf. Derweil sagte sich der Sohn: «Ich werde keiner von diesen Frommen…»

IT-Geschäfte in den USA

Bereits während seiner Ausbildung zum Radio- und Fernsehelektriker entdeckte Rinaldo sein Geschick als Verkäufer. Gerade mal 18 Jahre jung, stieg er zunächst mit einem Schulfreund in die IT-Branche ein. Später gründete er mit anderen Partnern weitere IT-Unternehmen, liebte stets das Risiko. 1991 zog er für sein Business mit Esther in die USA. Die Geschäfte liefen wie geschmiert. Geld scheffeln und sich im Erfolg sonnen … Auf einmal blitzten Sinnfragen bei dem jungen Businessmann auf. Rinaldo erinnert sich: «Ich war Mitte zwanzig und fragte mich: 'Ist das alles?'»

«Ich war Mitte zwanzig und  agte mich: 'Ist das alles?'»

«Gratiskonzerte» und  grosse Liebe

In dieser Zeit lud ein Nachbar das Paar zu einem Gottesdienst ein. «Die Musik dort war grossartig!», ist Rinaldo noch heute begeistert. Für die «Gratiskonzerte» liessen die beiden die Predigten jeweils über sich ergehen. Doch sie wurden durch die Botschaften berührt und zu Jesus-Nachfolgern. Ein gutes Jahr später heirateten sie. Heute Eltern von zwei erwachsenen Kindern, bekräftigt Rinaldo: «Esther ist die beste Frau, die Gott mir geben konnte – sie ist ein grosses unverdientes Geschenk, wir führen eine wunderbare Beziehung. Achtsam miteinander umzugehen, und auch über sich selbst lachen  zu können, das finde ich sehr wichtig.»

Zurück in die Heimat

1994 verkaufte Rinaldo seine Firma und zog mit Esther wieder in die Schweiz. «Nach all den Jahren im Ausland hatte ich keine Ahnung, was ich nun machen sollte und fiel in ein grosses Loch», erinnert er sich. Rinaldo verlor zuerst seinen Vater – und kurz darauf seinen ersten Job als Angestellter, nach nur drei Monaten. «Ich bin und bleibe offenbar ein Unternehmer», bemerkt er und schmunzelt. 1995 gründete Rinaldo das IT-Unternehmen UPGREAT AG in Fehraltorf, das heute 110 Beschäftigte zählt, darunter 15 Auszubildende. Rinaldo blühte wieder auf. Jedoch: «Ich hätte ein richtiges A… werden können, überzeugt von mir selbst und meinen Fähigkeiten», gibt er unumwunden zu. Die Gesundheit bremste ihn ab. Rinaldo bekam Magenbeschwerden, Angstzustände, hatte depressive Verstimmungen und als sein Blinddarm platzte, überlebte er nur knapp.

«Ich hätte ein richtiges A… werden können, überzeugt von mir selbst und meinen Fähigkeiten.»

Wichtig ist der Bläser

«20 Jahre lang wurde mein Charakter geschliffen, ich erkannte meine Abhängigkeit von Gott und seiner Kraft, auch für meine Arbeit. Ich wollte mich nicht in die Höhle verkriechen, wie mein Vater», erklärt Rinaldo. Esther blieb stets der Fels an seiner Seite, seine Vertrauensperson, die zuhörte, mit ihm betete, für ihn glaubte – und miterlebte, wie ihr Mann mit Gottes Hilfe reifte. «Es dreht sich nicht (mehr) alles um mich, vielmehr sehe ich mich als Blatt im Mundstück einer Klarinette», sagt Rinaldo und erklärt: «Zentral ist die Person, die Luft durchbläst und damit den Klang erzeugt. Für mich ist das Gott, der Schöpfer des Universums!»

Jeden Morgen betet Rinaldo und bittet Gott um Weisheit und Führung für den neuen Tag. Die Arbeitswochen oder Sitzungen von UPGREAT beginnen ebenfalls mit Bibellektüre und Gebet. «Beten entspannt mich ungemein und beeinflusst die Atmosphäre der ganzen Firma positiv», sagt Rinaldo. Auch eine Gruppe von älteren Menschen faltet regelmässig für den Chef und die Angestellten samt deren Familien die Hände.

«Beten entspannt mich ungemein und beeinflusst die Atmosphäre der ganzen Firma positiv.»

Ora et labora

Rinaldo hat seinen Freund, Dominic Prétat, in Teilzeit angestellt. Als Coach steht der Theologe den Mitarbeitenden während der Arbeitszeit für geschäftliche oder private Fragen zur Verfügung und begleitet sie wo nötig. 2021 gründeten Rinaldo Lieberherr und Dominic Prétat die Stiftung Lab-Ora, um Arbeit und Gebet praktisch zu verbinden.

«Es läuft deshalb nicht immer alles glatt», stellt Rinaldo klar. Er denkt an seinen Entscheid vor sieben Jahren, als er die Leitung der Firma in neue Hände übergab. «Ich wollte mich anderen Aufgaben widmen. Esther warnte mich davor, aber ich hörte nicht auf sie», gesteht er. Schliesslich musste er das Ruder wieder selbst übernehmen.

Abschliessend erklärt der Geschäftsmann: «Meine Frau ist nun an allen Entscheidungen beteiligt – sie hat eine gute Intuition, und ich höre auf sie.»

Datum: 12.05.2023
Autor: Mirjam Fisch
Quelle: HOPE-Regiozeitungen