Attraktive 11vor11-Gottesdienste im Aargau
In Schwarz-Rot stehen die Sängerinnen und Sänger in der Kirche Oberentfelden auf der Bühne. Nach dem Willkommens-Lied begrüsst Pfr. Andy Wahlen die 150 Besucher. Dann fährt die Band fort mit einem Lied über Freundschaft: «…mir wei zäme vorwärts gah». Das 11vor11-Theaterteam mixt Sätze von vier Radioprogrammen – im Aargau überschneiden sich Sendegebiete – amüsant schräg durcheinander: Da wird unüberhörbar aneinander vorbeigeredet. Vor dem Lobpreis lädt eine Mutter mit ihrem Baby auf dem Arm zum Kinderprogramm ein.
Über sieben Brücken
Nach dem Lobpreis erklärt Wahlen zu Beginn der Predigt, warum die Besucher beim Eintreten in die Kirche über ein Brücklein gingen. «Über sieben Brücken musst du gehn» – der Schlagertitel von Peter Maffay ist die Antwort auf die Frage: Wenn Menschen mir Unrecht getan haben – wie gehe ich damit um? Der Pfarrer gliedert die Antwort von Jesus (Die Bibel, Matthäus, Kapitel 18, Vers 15) in sieben Punkten, die er knapp und prägnant vermittelt – sieben Brücken zum Nächsten. Dabei betont er: «Wenn wir aus der Kraft dieser Brücke, der Versöhnung mit Gott, leben, haben wir die beste Voraussetzung zur Versöhnung mit Mitmenschen.»
Ideen für ein besseres Dorf
Nach dem modern vertonten Unser Vater lädt der Pfarrer zur Entdecker-Aktion ein: «Wo ist in unserem Dorf Handlungsbedarf? Was könnten wir als Kirche beitragen?» Die Besucher sollen auf ausgeteilten Zetteln notieren, wie sie sich für ein besseres Oberentfelden einsetzen möchten. Und dies mit ihrem Namen – «damit wir euch aufbieten können, wenn es etwas zu helfen gibt».
Zu 11vor11 gehört auch das gemeinsame Mittagessen im Saal des Kirchgemeindehauses, mit leckerem Dessertbuffet. Das Konzept hat Andy Wahlen vor bald zehn Jahren mit der Kirchgemeinde verwirklicht – und das Positive überwiegt bei weiten. Im Dorf wird die Kirchgemeinde durch 11vor11 mehr wahrgenommen, auch durch die Verteilung von Flyern vor der Migros am Vortag.
Kitt im Team
Eine Hoffnung Wahlens hat sich nicht erfüllt: dass sich 11vor11-Besucher für traditionelle Gottesdienste gewinnen lassen. Doch hat 11vor11 etwa dreimal so viele Besucher wie normale Gottesdienste. In den Teams arbeiten über 50 Freiwillige mit. «Wir gehen einen Weg zusammen, erleben etwas und wachsen miteinander – alle, die in den Teams (Band, Technik, Deko, Theater, Gourmet, Abwaschen, Kinderhüte, Gebet) mitarbeiten», sagt Andrea Niffenegger, die in der Band singt. «Es gibt uns Kitt im Team. Wir freuen uns, einander auf der Strasse zu sehen.»
11vor11 multipliziert
Die Reformierten in Oberentfelden haben 11vor11 für kirchenferne 25-50-Jährige konzipiert und eine Marke geschaffen. Konzept, Logo, Plakate und schwarz-rotes Design bilden ein Ganzes, das andere Kirchgemeinden übernehmen können. Im Kanton feiern auch Othmarsingen, Frick, Tegerfelden und neuerdings Safenwil 11vor11 – mit klar positiven Erfahrungen. «Wo die Leute sich miteinander engagieren und selbst gestalten können, da läuft’s», sagt Christian Landis, Pfarrerstellvertreter in Tegerfelden. Ein Team bereitet die Inputs vor. Landis wurde am Sonntag ins Kreuzverhör genommen und hatte unvorbereitet zu antworten, mit Ein-Minuten-Limit. Die Kirche füllt sich beinahe mit über 100 Teilnehmenden – das Vielfache normaler Sonntage.
Beschwingtes Singen
Während die Tegerfelder sechsmal im Jahr 11vor11 feiern und einen Apéro anschliessen, gibt es den modernen Gottesdienst in Othmarsingen dreimal. Theres Siegrist, die das Sekretariat der Kirchgemeinde führt, freut sich jedes Mal auf die neueren, beschwingten und froh machenden Lieder und die gehaltvolle Predigt von Pfr. Hansruedi Bachmann. Vor jedem 11vor11-Gottesdienst erhalten die Haushaltungen im Dorf einen Flyer; zudem laden Plakate ein. Am kommenden Sonntag, in der Fastenzeit, gestalten die Othmarsinger Reformierten einen Suppentag. Ein sommerlicher Höhepunkt wird das gemeinsame Mittagessen im Pfarrhausgarten werden.
Motivierender Start
In Safenwil hat Pfr. Simon Graf 11vor11 im vergangenen November gestartet. 160 Personen kamen in die Kirche. Eine Gruppe erfahrener Hobbyschauspieler setzte Glanzlichter und Graf fiel es leichter, locker zu predigen. Die Band hat er aus Balsthal eingeladen. In Oberentfelden gehörte Daniel Niffenegger zu den Initianten des neuen Gottesdiensts-Formats. Zehn Jahre später motiviert ihn bei 11vor11 weiterhin «das Leben, die Freude». Bis jetzt stimme der Rahmen. «Viel mehr kann man in einem Gottesdienst nicht bieten.»
Datum: 19.02.2013
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet