Die Passion ist nicht das Ende
Bei der Toggenburger Passion ist einiges anders. Zum Beispiel, dass die Handlung teilweise in der Schweiz stattfindet, im Toggenburg. Zurückzuführen ist dies auf den Maler Willy Fries (1907 – 1980). Er entwarf 18 Bilder zum Ostergeschehen. Das Besondere daran ist ihr Hintergrund: Schweizer Landschaften und Ortschaften. Die Passion spielt auf dem Kirchplatz von Wattwil, zwischen den Türen der Amtsstuben und den imposanten Gipfeln der Churfirsten.
Diese Gemälde faszinierten den St. Galler Komponisten Peter Roth. Und sie inspirierten ihn zu einem musikalischen Werk: 1982 komponierte er «die Toggenburger Passion». Der Schweizer Chor «Chores» bringt dieses Werk zu Ostern 2008 auf die Bühne: in Bern und Solothurn, aber auch in Innsbruck und Salzburg.
Er kämpfte mit Bonhoeffer
Chorleiter Erich Stoll: «Der Besucher wird konfrontiert mit den Bildern des Malers Willy Fries. Seine Bilder inspirierten Peter Roth, die Toggenburger Passion zu komponieren.» Willy Fries sei ein Studentenkollege des Theologen Dietrich Bonhoeffer gewesen. Die beiden hätten sich Mitte des letzten Jahrhunderts gegen die Hitlerjugend gestellt. Stoll: «Im Untergrund druckten sie nazi-kritische Schriften und leisteten damit Widerstand.»
Auf seinen Bildern, die er nach dieser Zeit malte, verlegte Fries das Passions-Szenario in die Schweiz. «Auf einem eindrücklichen Bild wird Jesus in einem Buchenwald von Schweizer Soldaten mit Schweizer Stahlhelmen gefangengenommen.» Ebenfalls provokativ sei, dass sowohl klassische wie auch volkstümliche Musik im Werk vorkämen.
Jesus zieht in Hemberg ein
Ein grosser Chor stehe auf der Bühne, sagt Mitorganisatorin Karin Erb: «Neben 80 Sängern stehen 4 Solisten und 20 Berufsmusiker. Untypisch für eine Passionsmusik ist, dass der Sopran die Rolle von Jesus übernimmt. Ausserdem reicht die Geschichte vom Einzug in Jerusalem über das Kreuz bis zur Auferstehung an Ostern. Das Werk endet mit einem jubilierenden Pfingstchor.»
Das Ganze spiele aber nicht nur in Jerusalem, sondern zugleich in der Landschaft des Toggenburg. So zieht Jesus in das Toggenburger Dorf Hemberg ein. «Beim Buchenwald wird Jesus dann gefangengenommen», schildert Karin Erb.
Das Kreuz war nicht das Ende
Dann wird Jesus verspottet und das Volk fordert die Kreuzigung, und sie wird auch vollzogen. «An dieser Stelle hören die meisten Passionswerke auf, und die Besucher gehen sehr gedrückt nach Hause.» Weder Peter Roth noch Willy Fries hätten die Menschen aber am Kreuz stehen lassen wollen. Bilder und Musik werden weitergeführt. «Wir erleben die Grablegung und die Auferstehung mit. Es endet mit einem grossen Pfingstchor, so dass die Besucher freudig und getröstet rausgehen.»
Die Bilder von Willy Fries sind im Konzertheft in Farbe und ganzseitig abgedruckt, und auch der Text ist darin zu lesen. Dadurch hätten die Besucher die Bilder während des Konzerts vor Augen. Alle Sinne seien angesprochen, sagt Karin Erb.
Das habe man auch bei den Proben gesehen: «Die Sänger setzten sich nicht nur mit der Musik auseinander, sondern auch mit dem Text. Vielen wurde wieder bewusst, was die Passionsgeschichte bedeutet.»
Auf nach Österreich
Erstmals spielt «Chores» die «Toggenburger Passion» auch im Ausland. Chorleiter Erich Stoll: « Coultours Europe aus Salzburg hat uns eingeladen, nach Österreich zu kommen. Wir spielen nun in Salzburg und Innsbruck.»
Laut Tourneeplan spielt man in Salzburg in der renomierten Kollegienkirche und in Innsbruck in der Kirche Allerheiligen, die ebenfalls als Konzertkirche bekannt sei.
Datum: 21.03.2008
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch