"Neben der Vorstellung aller 16 teilnehmenden Teams auf jeweils drei Seiten mit 26 Stickern, gibt es dieses Mal Action-Sticker der besten Spieler der teilnehmenden Nationen, 2er-Puzzle-Sticker der Stadien und Stadtansichten, natürlich den Pokal der UEFA EURO 2008TM und historische Bilder aller bisherigen Europameister von 1960 bis 2004", so Panini-Product-Manager Jens Presche. Weltweit konnten seit dem Jahr 1970, als das erste Panini-Album zur Weltmeisterschaft in Mexiko herauskam, 25 Milliarden Pickerln oder Bildli, wie die Sticker in Österreich bzw. der Schweiz heissen, verkauft werden. Den Erfolg der Fussball-Sticker konnte Panini auch in vielen anderen Bereichen umsetzen. So produziert das in Modena (Italien) beheimatete Unternehmen Sticker für erfolgreiche Disney-Produktionen oder auch Barbie. Weiters ist ein Comic- und Kinderbuchverlag angeschlossen. Insgesamt arbeiten 705 Mitarbeiter für Panini und erwirtschaften einen kolportierten Umsatz von 600 Millionen Euro. Der Boom macht auch vor dem Internet nicht halt. Virtuelle Tauschbörsen wie etwa 90minuten werden regelrecht gestürmt. "Bereits wenige Stunden nach dem Erscheinen des Albums haben sich hunderte User eingefunden, die bereits eifrig ihre Sticker tauschen", so 90minuten-Mitgründer Werner Koberg. Das Tauschen über die Internet-Tauschbörse sei denkbar einfach. "Wenn sich die User über den Tausch einig sind, stecken diese die Sticker in die Post. Bisher haben wir nur sehr wenige Beschwerden bekommen, dass die Sticker nicht angekommen sind", so Koberg weiter. Und dennoch ziehen Wolken am blauen Panini-Himmel auf. Nach 34 Jahren hat die Deutsche Fussball den Vertrag mit Panini gekündigt und die Rechte an eine US-Firma verkauft, die statt der von Panini gebotenen 11,25 Mio. Euro um 1,15 Mio. Euro mehr gezahlt hat. Panini scheint aber noch ein Ass im Ärmel zu haben, denn laut Angaben des italienischen Unternehmens hat man Einzelverträge mit über 100 Fussballern aus Deutschland geschlossen, die die exklusive Ablichtung für Sticker beinhalten. Quellen: pte/Livenet Von Peter Schmid Die Bildli sind Kult. Alle zwei Jahre verwandeln sich - so jedenfalls der Eindruck des Nicht-Infizierten - die Schweizer in ein Volk von Sammlern. Wenn es die Bildli nicht gäbe, müsste man sie erfinden. Denn "ohne Bildli läuft gar nichts", wie das Migros-Magazin verkündet. Es hat den 100-Prozent-Sammler aller aber auch wirklich aller Bildli seit 1970 aufs Cover gesetzt. Als Hauptpfeiler der PR-Strategie leisten Panini einen unschätzbaren Beitrag zur emotionalen Stimulierung des Volkes vor dem absoluten Mega-Ereignis der Schweizer Geschichte. Sie kommen gerade recht, nachdem der Bundesrat Nachtflüge zur Subito-Rückführung unbequemer Fans genehmigt hat. Idealerweise ginge die Stimmungsmache parallel zur Begeisterung über Top-Leistungen der CH-Nati und ihren Anspruch auf den Europameistertitel. Im realen Euro-Frühling 08 darf der Sammel-und-Tausch-Hype ablenken vom zerknitterten Leistungsausweis der Mannen Köbi Kuhns. Nachbars Trost: Die Österreicher sind in den Gruppenspielen auch nicht vor Abstürzen gefeit! 1961 begannen die vier Brüder Panini im norditalienischen Modena Fussballer-Bildli zu drucken. 37 Jahre später legen CH-Sammler hingebungsvoll einiges mehr als die 113 Franken auf den Tisch, welche die 535 Bildli des vollständigen Albums kosten. Man muss nicht nur tauschen, man will auch beim Tauschen glänzen können, grosszügig sein, seltene Köpfe aus dem Ärmel schütteln. "Ohne Bildli läuft gar nichts": Während der WM 2006 in Deutschland wurden in der Schweiz für 60 Millionen Franken Panini verkauft. Damit sind wir, so das Migros-Magazin, Weltmeister (nicht bloss Europameister wie beim Bahnfahren). Wenn nicht auf dem Rasen, so doch wenigstens bei den Bildli - Champions! Mit 300 Millionen verkauften Panini, das heisst 40 pro CH-Einwohner, dürfte der Umsatz dieses Jahr noch höher liegen. Sammeln einfach um des Sammelns willen - oder weil die Fussballstars, die Idole der schönsten Nebensache der Welt, das kontinentale Selbstbewusstsein nähren? Idole brauchen wir. Ist doch viel besser, wenn sie gegeneinander kicken als (wie zweimal im letzten Jahrhundert) aufeinander schiessen. Einige hundert Unschuldslämmer, im Album vereint, dämpfen präventiv den Nationalismus, der im Juni mit Flaggen und Bannern durch die Stadien branden wird. We are one big family… Der Bildli-Kult sagt einiges über Europa - und über unsere verwöhnte Wohlfühlgesellschaft. Von Euro-Sponsoren und Medien inspiriert, veranstalten wir erneut ein nationales Panini-Festival. Es schweisst uns (als Sammler) zusammen, gibt uns (im Tauschen) individuelle Erfolgserlebnisse. Darum: Bitte keine Nachrichten von der Masern-Front - wir haben schon die Panini-Epidemie! Den Panini-Kult gäbe es nicht, wäre nicht Fussball Religion. Ersatz-Religion. Tief verbundene Gemeinschaft und enthusiastische Stimmung jetzt, totale Identifikation mit dem Team der Stunde, unvergessliche kollektive Glückserlebnisse - der Massen-Sport Nummer 1 kriegt hin, was im säkularisierten Europa scheinbar keine Kirche mehr vermag. So wie die (aussereuropäischen) Anhänger jeder Religion auf ihre Feste warten, um sie desto hingebungsvoller zu feiern, leben die Fussball-Begeisterten zwischen Lissabon und Moskau im Zweijahres-Rhythmus von WM und Euro. Die Champions League goutieren sie als Zwischenverpflegung zwischen den grossen Menus. Ich habe vor Wochen, als die ersten Promo-Artikel in die Läden kamen, gleich zugegriffen: Einen Minifussball habe ich erstanden. Statt sammeln werde ich jonglieren. Hab ich mir fest vorgenommen. Der Ball wartet auf den ersten Einsatz…Ein gutes Geschäft
Boom im Internet
Kommentar
Panini: Wir sind Weltmeister
Stimmung ist alles
Wir sind Weltmeister!
Kultureller Fortschritt
Bitte keine Spielverderber!
Stadion als Tempel
Datum: 05.05.2008