«Als Christen Fragen stellen, die das Land weiterbringen»
Christen in der Schweiz wollen die Politik auf Basis christlicher Werte konstruktiv mitgestalten. Deswegen haben etliche Verbände und Organisationen den Verein «Christian Public Affairs» (CPA) gegründet. Das christliche Medienmagazin pro hat mit Paul Mori, Sonderbotschafter der Heilsarmee, über die Ziele des neuen Vereins gesprochen.
Herr Mori, was war der
Anstoss, um die Organisation zu gründen?
Paul Mori: Wir stellen seit
Jahren fest, dass viele politische Entscheidungen an den Kirchen vorbei
getroffen werden. Als Heilsarmee haben wir in vielen Ländern einen guten Zugang
zur Politik und unsere Expertise wird geschätzt. Auch in der Schweiz wollen wir
uns nun gemeinsam mit unseren Partnern des CPA vermehrt äussern, um
Entscheidungen möglichst in unserem Sinn mitzugestalten.
War es schwierig,
Mitstreiter zu finden?
Es gibt schon länger das
Bedürfnis, dass Christen in der Schweiz ihre Expertise bündeln, damit wir
vermehrt eine konsolidierte Position vertreten können. Das Vorgehen entspricht
auch dem Bedürfnis insbesondere christlicher Politiker. Dieser Status hat zu
einem breiten Konsens geführt, den Verein zu gründen. Zudem sind wir auch offen
für die Zusammenarbeit mit weiteren interessierten Kreisen aus Kirche und
Gesellschaft, mit denen wir im Gespräch sind.
Wie soll die Arbeit in der
Praxis strukturiert werden?
Wir haben einen Massnahmenplan
mit Prioritäten beschlossen, die wir nun angehen wollen. Die Aktivitäten
ergeben sich auch aus den aktuellen Anlässen der politischen Agenda. Die Themen
sollten im Einklang mit den Prioritäten des Bundes und den zu erwartenden
Entwicklungen stehen: Sozialversicherungsreform, Migration, Gewalt, Arbeit, die
eidgenössischen Wahlen und anderes.
Welches sind die
wichtigsten Themen der Agenda?
Wir haben aktuell vier bis fünf
konkrete Themen, die uns wichtig erscheinen. In der Schweiz wurde zum Beispiel
heftig über das Thema debattiert, dass Pfarrer oder Kirchgemeinden sich
strafbar machen, wenn sie Asylsuchende bei sich aufnehmen. Es ist aus unserer
Sicht problematisch, wenn Mitmenschlichkeit und Rechtsstaat sich in die Quere
kommen. Hier braucht es Lösungen. Wir schauen anhand der Parteiprogramme, wo es
mögliche Anknüpfungspunkte für gemeinsame Interessen gibt. Im Gespräch suchen
wir Themen und Partner, mit denen wir Allianzen eingehen können.
Wie kann es gelingen,
christlichen Themen in der Gesellschaft Gehör zu verschaffen?
Das ist eine gute Frage, die
wir aber erst in Zukunft beantworten können. Wir sind nun gestartet und dazu
angetreten, «Farbe zu bekennen» und lösungsorientiert einen Beitrag zu leisten.
Ich nehme wahr, dass einzelne Politiker beginnen, sich für unsere Arbeit und
Positionen zu interessieren. Wir haben einen breiten Themenkatalog aufgestellt.
Jedes Mitglied kann Themen, die ihm wichtig sind, schriftlich und bei unseren
monatlichen Videokonferenzen einbringen. Es gibt keine Tabus, aber wir verfügen
natürlich in vielen Bereichen nicht über die Expertise, um uns zu äussern.
Gemeinsam als Christen an einem Thema zu arbeiten und darüber nachzudenken wird
jedoch mit Sicherheit ein Mehrwert für alle. Es ist der Anfang einer
Entdeckungsreise, die aus unserer Sicht ein grosses Potential hat.
Was wollen Sie gerne in
fünf Jahren erreicht haben?
Sicher ist es ein Ziel,
politische Vorstösse zu lancieren und proaktiv Themen auf die politische Agenda
zu bringen. Wir wollen als CPA Fragen stellen, deren Beantwortung uns als Volk
und Land und auch als Teil der europäischen Gemeinschaft weiterbringt.
Zu den Gründungsmitgliedern gehören die Heilsarmee, die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA), Freikirchen Schweiz VFG, ERF Medien, HMK Hilfe für Mensch und Kirche sowie «ethik22 - Institut für Sozialethik». Drei weitere Institutionen prüfen einen Beitritt. Der Verein wird geleitet von Christine Volet (Heilsarmee, Präsidentin) und Marc Jost (SEA, Vizepräsident) und hat zwei Mitarbeiter mit Paul Mori (Sonderbotschafter Heilsarmee) und Michael Mutzner (Mediensprecher Réseau évangélique suisse RES) sowie zwei Teilzeitmitarbeiter.
Zum Thema:
Scheinheilige Gebete?: Reaktion des SEA-Generalsekretärs zu «Missionierungs-Vorwurf»
Livenet-Talk: Religion – raus aus der Öffentlichkeit?
Glaube in der Öffentlichkeit: Die Privatisierung kann nicht die Lösung sein
Datum: 28.05.2019
Autor: Johannes Blöcher-Weil
Quelle: PRO Medienmagazin / Livenet