Mike Nawrocki über den bleibenden Einfluss seiner Figuren
«Ich bin in einer Militärfamilie aufgewachsen, geboren wurde ich auf der Wright-Patterson Air Force Base in Ohio, dem Geburtsort des motorisierten Flugs der Gebrüder Wright», erinnert sich Mike Nawrocki. Sein Vater war Berufssoldat bei der US Air Force. «Wie es bei vielen Militärfamilien üblich ist, zogen wir alle drei bis vier Jahre um. Ich bekam viel von der Welt zu sehen: Vier Jahre lang lebten wir in Japan, ausserdem in Südkalifornien, Colorado und Washington D.C..»
Im Laufe seines Dienstes fand sein Vater zum christlichen Glauben. Mike Nawrocki: «Er war früher ein typischer, strenger Offizier, ein echter Workaholic – doch nun hatte sich etwas Grundlegendes gewandelt. Diese Veränderung beeinflusste unsere ganze Familie. Innerhalb eines Jahres waren wir alle Christen.»
Start mit Puppenspiel
In seiner Jugendgruppen-Zeit entdeckte Mike Nawrocki seine Leidenschaft fürs Unterhalten, für Musik, Gesang und Schreiben. Nach dem Schulabschluss entschied er sich, zunächst ein bis zwei Jahre an einem College ein paar Bibelkurse zu absolvieren.
«Anschliessend wollte ich an eine Universität mit einem vorklinischen Studiengang wechseln, da mein ursprünglicher Plan war, Medizin zu studieren.» Hier musste jeder Studierende einen praktischen Dienst übernehmen. Mike Nawrocki entschied sich für das Puppenspiel. «Dort begegnete ich Phil Vischer, der später als Stimme von Bob der Tomate bei ‘VeggieTales’ bekannt wurde.»
«VeggieTales» statt Afrika
«Phil und ich hatten viel Freude am kreativen Arbeiten. Wir erkannten, dass die aufkommende Technik der Computeranimation uns neue Möglichkeiten bot, wir konnten Figuren erschaffen und Geschichten erzählen, ähnlich wie mit unseren Puppen. So entstand die Idee für ‘VeggieTales’.»
Zur selben Zeit wurde Mike Nawrocki in das Peace Corps aufgenommen. «Ich hätte für zwei Jahre nach Afrika gehen sollen, um Biologie zu unterrichten. Doch genau in diesem Monat kam Phil mit der Nachricht: ‘Wir haben die Finanzierung für die erste Folge.’ Ich stand an einem Wendepunkt: Afrika oder ‘VeggieTales’? Nach viel Gebet und Beratung entschied ich mich gegen das Peace Corps und wir begannen mit der Arbeit an der ersten Folge.»
Der Durchbruch von VeggieTales
«VeggieTales» war die erste vollständig computeranimierte Serie überhaupt. «Wir warben in christlichen Elternzeitschriften und erhielten etwa 500 Vorbestellungen. Mit den Einnahmen – rund 60’000 Dollar – konnten wir die erste Folge produzieren. Unter den Bestellungen war auch eine von ‘Word Records’, die gerade ein neues Kinderlabel, Everland Entertainment, gründeten.»
Im Februar des darauffolgenden Jahres unterschrieben die beiden einen Vertriebsvertrag mit «Word». Die Produktion war enorm aufwendig. «Aber als wir die erste halbe Stunde Animation fertig hatten, wussten wir: Wir haben es geschafft.»
Eine schmerzhafte Zeit
Die Serie setzte sich durch. Mike Nawrocki: «Die Kinder verliebten sich in Larry und die anderen Figuren – durch die witzigen Lieder. Sie vertrauten diesen Figuren, hörten ihnen zu, wenn sie über Gottes Liebe sprachen. Das war überwältigend zu sehen.»
Mit dem Erfolg wuchs auch die Firma. «Wir entwickelten ‘3-2-1 Penguins’ und planten mit Jonah sogar einen Kinofilm. Doch die Produktion überforderte uns kreativ wie technisch. Wir gerieten finanziell in Schieflage, verloren einen Rechtsstreit, der später zwar aufgehoben wurde, aber alles zusammen führte zur Insolvenz. Wir verloren alles, sogar unsere Häuser standen auf dem Spiel.»
Besonders traurig war es, das engagierte Team auflösen zu müssen. «Viele hatten die Arbeit als Berufung gesehen. Für mich persönlich wurde in dieser Krise deutlich: Meine einzige wirkliche Sicherheit liegt in meiner Beziehung zu Jesus. Nur sie trägt, wenn alles andere wankt.»
Ein neuer Anfang: Dead Sea Squirrels
Nach der Insolvenz wurde das Unternehmen von einer Firma übernommen, welche die Arbeit weiterführen wollte. «Wir zogen nach Nashville und arbeiteten mit einem neuen Geschäftsmodell, kreative Arbeit bei uns, Animation ausgelagert.»
Schon lange trug Mike Nawrocki die Idee für eine neue Serie in sich. «Etwas, das Kindern heute auf unterhaltsame Weise Geschichten aus dem Neuen Testament näherbringt. Die Grundidee: Encino Man trifft auf die Schriftrollen vom Toten Meer. Zwei Charaktere aus dem ersten Jahrhundert landen in der Gegenwart. ‘Dead Sea Squirrels’ war geboren.»
Aus sechs wird zwölf
Ein Sechs-Bücher-Deal wurde zu einem Zwölf-Bücher-Vertrag. «Gemeinsam mit Steve Taylor – Musiker, Filmemacher und Leiter des Filmstudiengangs an der Lipscomb University – produzierten wir einen Pilotfilm.» Eine neuseeländische Animationsfirma übernahm die technische Umsetzung.
«Für die Musik gewannen wir Matthew West als singenden Jesus, Mac Powell als Johannes den Täufer und Ellie Holcomb. Es ist grossartig zu sehen, wie sich alles zusammenfügt und wie wir durch die Serie Kindern von der frohen Botschaft erzählen dürfen.»
Und: «Immer wieder begegne ich heute jungen Erwachsenen, die sagen, dass ‘VeggieTales’ ihre Kindheit war. Zu hören, wie sehr unsere Geschichten sie geprägt haben, ist zutiefst bewegend und demütigend.»
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