Im Gesamtbild betrachtet

«Zwingli war der Pionier»

Der Zwingli-Film stellt den Zürcher Reformator neu vor Augen, den Kämpfer für soziale Gerechtigkeit mehr als den Theologen. Der Zürcher Reformationshistoriker Peter Opitz ergänzt das Bild.
Max Simonischek als Zwingli
Prof. Peter Opitz

Im LKF-Interview würdigt Peter Opitz die Quellennähe des Films. In ihm werde der Reformator nicht als grosser Held dargestellt, «der über allem schwebt und sich nie irrt». Dass Zwinglis Theologie und eigentliche Botschaft zu kurz komme, sei verständlich. Der Film könnte, so Opitz, «eingeschliffene Geschichtsmythen über Zwingli» korrigieren.

Der Reformator wollte, wie er selbst in einer Predigt formulierte, «das edle Angesicht Christi, das entstellt und verschmiert worden ist, wieder reinigen und säubern». Sein Verständnis des Gemeinwesens, das er reformieren wollte, war laut Opitz weniger durch seine Lehre von Christus geprägt als durch das 16. Jahrhundert. «Er dachte genossenschaftlich mit einem Schuss eidgenössischem Patriotismus.»

Keine Täuferverfolgung von 1525-32

Der leitende Zürcher Kirchenhistoriker sieht in den Jahren 1525-32 in Zürich keine «Täuferverfolgung» (im Unterschied zur folgenden Zeit). Die Quellen sprächen gegen die gängige Meinung: «Weder gab es in diesen Jahren des teilweise chaotischen Umbruchs eine reformierte Kirche, noch eine einheitliche Täuferbewegung. Und das Hauptproblem war weniger die Glaubenstaufe als die Verweigerung des christlichen Bürgereids durch die Täufer, im 16. Jahrhundert Grundlage des rechtlichen und geordneten Zusammenlebens überhaupt.»

Zwingli hat laut Opitz Recht, «wenn er darauf hinweist, dass die Unterscheidung zwischen Spreu und Weizen allein Gottes Sache ist. Christen sollen ernsthaft Christus nachfolgen (hier haben die Täufer recht!), ins Herz von anderen Menschen und in Gottes Pläne hinein sehen sie nicht.»

Was eine Gemeinde lebendig macht

Wo liegt Zwinglis Relevanz für heute? Opitz sieht die Reformatoren zusammen: «Die Aufgabe aller Christen aller Zeiten ist es, auf Christus zu hören, wie er in der Bibel bezeugt ist, und sich nicht zu schämen, sich öffentlich zu ihm zu bekennen, ganz egal, was das für Konsequenzen hat. Solange man in einer Gemeinde ernsthaft darüber diskutiert, was das in der Gegenwart bedeutet und bereit ist, voneinander zu lernen, ist eine Gemeinde lebendig.»

Das ganze Mail-Interview finden Sie hier.

Peter Opitz, Dr. theol., ist Professor für Kirchen- und Dogmengeschichte von der Reformationszeit bis zur Gegenwart an der Universität Zürich. Er leitet das Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte. Dieses wurde bei der Konzeption des Films beratend mit. Peter Opitz hat eine Kurzbiografie von Zwingli verfasst und zentrale Texte des Reformators in heutigem Deutsch herausgegeben.

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Datum: 10.02.2019
Autor: Peter Schmid
Quelle: LKF

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