Konkubinat: «Gemeinden sollten mehr anleiten als verurteilen»

Zusammen
Siegbert Lehmpfuhl

Das Konkubinat wird in der Gesellschaft kaum noch kritisch betrachtet. Siegbert Lehmpfuhl vom «Team.F» über die grosse Spannung zwischen schnellem Spass und ernstem Ehealltag.


Chrischona-Magazin: Hält der Trend zum eheähnlichen Zusammenleben ohne Trauschein unter Jugendlichen an?

Siegbert Lehmpfuhl: Anders gefragt: Wie steht die Gesellschaft zu Ehe und Familie? Da ist ein starker Trend ablesbar. Heute wird von zwei geschlossenen Ehen eine wieder geschieden. Immer weniger Eheschliessungen krönen die Statistiken und immer mehr Kinder wachsen ohne die klassische Familie auf. Über die Ehe ohne Trauschein macht sich heute kaum noch jemand Gedanken. Was ich für wesentlich bedenklicher halte, ist die Praxis des «One-Night-Stand». Der schnelle Spass ohne Verbindlichkeit ist ein Zeichen der allgemeinen Situation im Land. Die Devise lautet: «Nimm dir, was immer du haben kannst. Alles ist erlaubt, wenn keinem anderen damit geschadet wird.»

Was sind die Gründe dafür? Angst vor dem enttäuscht werden, Bindungsangst oder die «Wegwerf- und Ausprobiergesellschaft»?
Im Grunde treffen Sie mit diesen vier Begriffen den Nagel auf den Kopf. Menschen von heute versuchen alles abzusichern. Wenn die finanziellen Voraussetzungen nicht gegeben sind, kann man eben nicht heiraten. Und Spass möchte man auch haben, bevor man sich in den «ernsten» Ehealltag stürzt. Immer mehr junge Menschen leben nach dem Prinzip des Computers: Digital, entweder Strom oder kein Strom. Dazwischen gibt es nichts. Aber in der Ehe müssen Kompromisse geschlossen werden. Davor haben viele Angst.

Wie sieht es unter christlichen Jugendlichen aus?
Grosse Unsicherheit gibt es bei der Frage «Wie finden ich den Partner fürs Leben?». Das Zusammenleben ohne Trauschein wird so zum Thema unter Christen. Da müssen Gemeinden gute Strategien entwickeln. Ein Problem, dass ich sehe, ist die Kraft, die christliche junge Menschen aufbringen müssen, um sich gegen ungute gesellschaftliche Trends zu positionieren. Ich denke da an eine Gruppe junger Christen, denen ich eine Frage stellte. Es ging um das Thema «Vom One-Night-Stand zum One-Life-Stand». Unter anderem herrschte in dieser Gruppe die Meinung, dass ein One-Night-Stand ohne seelische Schmerzen besser wäre als eine längere Beziehung, die dann Schmerzen in der Seele verursachen kann. Und das waren wohlgemerkt Antworten von jungen Menschen, die für Jesus brennen!

Wie können Gemeinden mit Paaren umgehen, die ohne Trauschein zusammenleben?
Auf keinen Fall sollte meines Erachtens eine Gemeinde solche Paare verurteilen, ohne Hilfen anzubieten. Mir geht in diesem Zusammenhang Paulus Hilferuf nach Vätern und Müttern nicht aus dem Kopf. Er sagt: «Zuchtmeister haben wir ausreichend, aber wo sind die Väter?» Ich bin davon überzeugt, dass Gemeinden neu lernen müssen, für Beziehungen zu arbeiten. Gute Beziehungen wachsen nicht von allein.

Welche Alternativen zum Leben ohne Trauschein gibt es?
Ich bin begeistert von der Vorstellung, dass eine Bewegung innerhalb der christlichen Gemeinden entsteht, die die Vorbereitung auf verbindliche lebenslange Beziehung in der Ehe zur Chefsache macht. Wir dürfen die Menschen an dieser wichtigen Stelle ihres Lebens nicht allein lassen. Für mich bleibt das Leben ohne Trauschein keine Alternative zur Ehe unter dem Segen Gottes. Aber wir können viel dazu beitragen, dass das Zusammenleben in der Ehe auch gut wird. Darum bin ich von allen gemeindlichen Aktivitäten überzeugt, die eine gute Vorbereitung auf die Ehe zum Ziel haben.

Interview: Manuel Liesenfeld

Datum: 30.05.2005
Quelle: Chrischona Magazin

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