Ordensbruder

Ein weites Herz hinter Klostermauern

Der Kapuzinermönch Bruder Tilbert Moser lebt in Olten und hat eben seinen achzigsten Geburtstag gefeiert. Die idea Redaktion hat ihn besucht und fasst das Gespräch zusammen.
Warme Ausstrahlung: Bruder Tilbert Moser im Kloster in Olten

Auch Mönche bekommen nervige Werbe-Anrufe. Bruder Tilbert Moser sitzt entspannt im Garten des Kapuzinerklosters Olten, als sein mobiles Haustelefon klingelt. Am Apparat ist die Mitarbeiterin eines Call-Centers und will ihm etwas verkaufen. Doch Bruder Tilbert dreht den Spiess einfach um: «Ich mache auch eine Umfrage: Was ist für Sie der Sinn vom Leben?», fragt er ungeniert. Es folgt ein kurzes Gespräch über den Glauben. Nicht nur in dieser Begebenheit wird deutlich: Bruder Tilbert ist kein Mann von Lippenbekenntnissen, sondern lebt und strahlt aus, was er glaubt. «Die Grundbotschaft des christlichen Glaubens ist, dass Jesus uns liebt und heimführt», betont der betagte Ordensbruder mit angenehmer Stimme.

Der «Stachel im Fleisch»

Am letzten Mittwoch feierte Bruder Tilbert seinen 80. Geburtstag. Schon früh fühlte er sich dazu berufen, einen «geistlichen Lebensweg» einzuschlagen. Er wurde 1932 in Zürich geboren und litt von Kind auf an einer schwachen körperlichen Konstitution. «Ich war immer kränklich und nicht so stark wie meine Altersgenossen», erinnert er sich. Trotzdem hatte er den starken Drang, mit seinem Leben etwas Gutes zu tun. Er suchte die Nähe zu Jesus. «Ich merkte, dass ich mich auf der geistlichen Ebene am besten entfalten kann.» So machte er die Matura in einem Benediktinerkollegium und trat 1952 dem Kapuzinerorden bei. Den grossen Wunsch, Afrika-Missionar zu werden, musste er aus gesundheitlichen Gründen verwerfen. Das stellte seinen Glauben auf eine harte Probe. Im Rückblick ist er aber sicher: «Gott macht keine Fehler.»

Überkonfessionelles Interesse

Nach einigen klösterlichen Stationen lebt er nun seit 22 Jahren zusammen mit zehn Ordensbrüdern in Olten. Im Miteinander des mönchischen Lebens fühlt er sich gut aufgehoben. «Ich war immer mitgetragen durch die Liebe der Mitbrüder.» Es herrsche viel Wohlwollen in der Klostergemeinschaft, auch wenn nicht immer alle seine Anliegen verstünden; man lasse ihn machen. Der Obere wundert sich: «Es ist erstaunlich, was Bruder Tilbert alles so treibt.» Denn dessen Horizont geht nicht nur über die Klostermauern, sondern auch über die Grenzen der katholischen Kirche hinaus. So pflegt Tilbert Moser zahlreiche Kontakte zu den verschiedensten Kirchen und geistlichen Bewegungen in der Schweiz, Deutschland und auch in Israel. Darum ist er auch seit Jahren ein interessierter idea-Leser. Hier werde er eben über das evangelisch-freikirchliche Spektrum informiert, meint er. Immer wieder beteiligt sich Bruder Tilbert aktiv und schickt der Redaktion Leserbriefe, wenn er meint, dass «noch das eine oder andere ergänzt» werden müsste.

Hochzeit zur Einheit

Die Einheit unter den Christen liegen dem Kapuziner besonders am Herzen. Die Herausforderung in der heutigen Gesellschaft sei nicht «die Verschiedenheit der Konfessionen, sondern der Unterschied zwischen Glaube und Unglaube». Er ist überzeugt: «Wir leben in einer Zeit, in der der Geist Gottes die Christen zusammenführt.» Denn Einheit entstehe durch den Heiligen Geist. Dieser bewirke, dass die «Grundpfeiler des Glaubens in Fleisch und Blut übergehen». Voraussetzung sei die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen und sich gegenseitig besser kennenzulernen, ohne alles gleichsetzen zu müssen: «Jede Konfession soll ihre Schätze so bezeugen, dass es die Einheit fördert.»

Anfang Juni war Bruder Tilbert in Bedford bei Köln eingeladen, um ein besonderes Hochzeitspaar zu trauen. Es war in seinen Worten «eine Hochzeit als Beitrag zur Einheit der Christen». Der Bräutigam war nämlich ein gläubiger lutherischer Freiherr und die Braut eine überzeugte katholische Gräfin. «Auch wenn man machtvoll die eigene Lehre vertritt: Gott ist weiter als das eigene Herz», ist er überzeugt. Bruder Tilberts Herz ist weit.

Der Kapuzinerorden
Die Kapuziner sind ein Reform-Orden, der aus den Franziskanern hervorgegangen ist. Heute gehört er mit letzteren und den Minoriten zu den drei «Zweigen des ersten Ordens des Heiligen Franziskus». In der Deutschschweiz gibt es heute noch 140 Kapuzinerbrüder. Sie wohnen in zwölf Niederlassungen. Ihre Zahl geht aber seit Jahren zurück – im Gegensatz zu Regionen in Südamerika und Afrika, wo der Orden wächst.

Diesen Artikel wurde uns freundlicherweise von «ideaSpektrum Schweiz» zu Vergfügung gestellt.

Datum: 19.07.2012
Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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