Heil geworden

«Ich war eine Kinderprostituierte»

Geboren wurde ich im Krankenhaus in Hamburg-Harburg. Meine alkohol- und drogenabhängige Mutter war erst 15 Jahre alt. Sie liess mich gleich nach meiner Geburt in der Obhut meiner Grosseltern. Als ich 6 Jahre alt war, bekam ich einen Brief von einer jungen Frau, die behauptete meine Mutter zu sein. Ich wollte sie unbedingt kennen lernen!
Prostitution: «Ich fühlte mich dreckig, schmutzig, verbraucht, ungeliebt, allein und leer.» (Foto: iStockphoto)
rettung

Als ich mit acht Jahren wieder einmal am Wochenende bei meiner Mutter war, lernte ich auch meinen Vater kennen. Auch er war drogenabhängig und arbeitete als Zuhälter auf dem Hamburger Kiez. Allerdings erfuhr ich das erst viel später.

Hilflos ausgeliefert

Ich besuchte ihn regelmässiger und er stellte mich nach und nach seinen Freunden vor. Wenn sie feierten, wartete ich im Schlafzimmer. Eines Abends feierte er wieder ausgelassen mit Alkohol und Drogen. Einer der Freunde meines Vaters kam zu mir und vergewaltigte mich. Als ich es meinem Vater erzählte, setzte er mich unter Druck, dass ich es keinem sagen dürfte. Ich war erst neun und gehorchte ihm.

Das tat ich auch bei den nächsten Malen, als ich missbraucht wurde. Vater drohte mir mit den schlimmsten Sachen, zum Beispiel dass er mich oder jemanden aus meiner Familie umbringen würde. Ich ertrug es still, wenn seine Freunde ins Zimmer kamen und auch Papa vergewaltigte  mich.

Als ich mich aufgegeben hatte und mir egal wurde, was sie mit mir machten, brachte er mich hin und wieder in einer seiner Bordell-Bars unter. Ich war neuneinhalb Jahre alt.
Meinen Grosseltern musste ich sagen, dass ich ein paar Wochen bei meinem Vater bleiben wollte. Er schickte mich nicht mehr zur Schule, sondern besorgte ärztliche Atteste, dass ich schwer krank sei und die Aufgaben und Arbeiten zuhause unter seiner Aufsicht machen würde. Das reichte der Schule und sie fragten nicht weiter nach.

Der Albtraum geht weiter

Nach der 4. Klasse wanderten meine Grosseltern mit mir aus. Der Kontakt zu meiner Mutter war abgebrochen. Ich dachte, ich hätte es überstanden und könnte diese schlimme Zeit endlich vergessen. Aber dem war leider nicht so. In den Ferien musste ich wieder zurück nach Deutschland. Jedes Mal dauerte es keine zwei Wochen und mein Vater stand vor der Tür,  um mich abzuholen. Ich musste so tun, als sei dies mein Wunsch.

Mit zwölf Jahren wurde der Druck so gross, dass ich meinen Grosseltern das Doppelleben meines Vaters offenbarte. Sie schickten mich zum Psychiater und bezichtigten mich der Lüge. Der Umgang mit Freunden und auch mit meinem Vater wurde mir verboten.

Mein Leben schien sinnlos und ich versuchte mich umzubringen. Einen ganzen Arzneischrank von Tabletten schluckte ich und lag daraufhin zwei Wochen am Tropf. Nach einem sechsmonatigen Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik ging es mir besser und ich kam in eine Mädchen-WG ausserhalb Hamburgs.

Eines Tages, als ich von der Schule kam, musste ich eine Stunde vor der Haustür warten, weil die Betreuerinnen noch Dienstbesprechung hatten. Ich setzte mich auf die Stufen, ein Wagen hielt vor dem Gartentor und mein Vater stieg aus. Ich war zu geschockt, um wegzulaufen. Er schleuste mich wieder in seine Geschäfte ein und ich musste für ihn anschaffen.

Die Razzien auf dem Kiez wurden verstärkt und Papa wurde es zu gefährlich. Also verkaufte er mich an einen Zuhälter in einer anderen Stadt. Das war nicht das letzte Mal, es folgten noch viele Male, bei denen ich einfach weiterverkauft wurde, an den Höchstbietenden.

Die Flucht

Als ich 18 war und in München am Strassenstrich stand, merkte ich, dass ich gerade nicht beobachtet wurde. Es war bitter kalt und der Mann, der auf mich achten sollte, war kurz weg. Ich lief weg. Ein Passant erlaubte mir mit ihrem Handy zu telefonieren und ich rief bei der Hamburger Polizei an. Sie setzten mich in den ICE nach Hamburg, wo ich von einem Beamten vom Hauptbahnhof abgeholt wurde, der mit mir sofort Klamotten kaufen ging, da ich noch meine «Arbeitskleidung» anhatte.

Ich fühlte mich dreckig, schmutzig, verbraucht, ungeliebt, allein und leer. Und ich sagte leise: «Wenn es dich gibt, Gott, dann bitte hilf mir!» Dann brach ich zusammen. Als ich aufwachte, weinte ich aus Verzweiflung. Meine ganze  Fassade war nun zerbrochen. Für die Beamten war klar, dass ich ganz dringend einen Platz brauchte, an dem ich nicht allein war, an dem mir geholfen werden konnte, wo ich mich wohl fühlte.

Die Rettung

Sie klapperten viele Frauenhäuser und Hilfsorganisationen ab, aber keiner fühlte sich zuständig. Also wurde ich in einen getrennten Raum gebracht, damit ich mich ausruhen konnte. Kaum hatte ich mich hingelegt, fielen mir die Augen zu.

In meinem Traum sah ich Licht. Ein helles, schönes, angenehmes Licht, von dem eine Wärme und ein wunderbarer Geruch ausgingen. So etwas hatte ich so noch nie erlebt. Aus diesem Licht kam eine Hand und eine sehr angenehme, vertrauenswürdige, ruhige Stimme: «Ich werde dir helfen, vertrau mir, ich liebe dich!»

Als ich aufwachte, liefen mir die Tränen über die Wangen. Wie sollte mich jemand oder etwas lieben? So etwas Dreckiges und Verschmutztes wie mich? Meine Eltern oder Grosseltern liebten mich nicht einmal genug, um mir zu glauben. Warum dann jemand anderer? Echte Liebe werde ich sowieso nie erfahren, dachte ich. Trotzdem liess mich dieser Traum nicht mehr los.

Ich sagte: Also Gott, wenn du das warst, gib mir bitte ein anderes Zeichen! Zehn Minuten später kam eine Beamtin, die von einem Schwestern-Orden erzählte: Dort lernte ich meinen persönlichen Engel, eine der Schwestern kennen. Sie hat das Eis in mir gebrochen, mir Selbstvertrauen gegeben und mir gezeigt, was Liebe und Vertrauen bedeutet.

Nur wegen ihr bin ich aus dem Milieu raus gekommen und habe zu Gott gefunden. Wir fanden eine WG für mich, und ich fing an regelmässig in eine Kirche zu gehen. Heute führe ich ein erfülltes Leben, habe einen lieben Ehemann und wir haben zwei wunderbare Söhne. Gott vollbringt Wunder, nicht nur in der Bibel, auch heute noch!

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Datum: 04.07.2011
Quelle: mission-freedom.de

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