Eine Narbe als stummer Zeuge

Das Nierenwunder

Jamie Dean lebt und ist kerngesund. Seine türkischstämmigen Eltern lehnten mehrfach eine empfohlene Abtreibung ab. Und trotz der gegenteiligen ärztlichen Diagnose erlebten sie schliesslich die Geburt eines gesunden Jungen.
Kerngesund: Jamie Dean

Als Evrim* vor etwa einem Jahr ein wenig überrascht bemerkte, dass sie schwanger war, fühlte es sich genauso an wie bei den zwei vorherigen Schwangerschaften auch. Die Freude bei ihr und ihrem Mann Akgün*, mit dem sie seit einigen Jahren in Deutschland lebt, war gross. Doch bei einer Routineuntersuchung im vierten Monat stellte die Gynäkologin fest, dass der Embryo keine Nieren hatte und riet der werdenden Mutter, zu einem Organdiagnostiker zu gehen. Der aufnehmende Arzt äusserte sich zunächst noch sehr zurückhaltend und optimistisch. «Ich sehe auch keine Nieren. Es könnte aber sein, dass wir noch nicht genug sehen, weil es so ein frühes Stadium ist. Wir müssen das beobachten.»

«Keine Überlebenschance!»

Kurze Zeit später war die Menge des Fruchtwassers plötzlich deutlich verringert. Ein Hinweis darauf, dass das Kind möglicherweise keinen Urin ausscheidet, also keine Nieren hat. Evrim und Akgün, beides orthodoxe Christen, vereinbarten wieder einen Termin in der Klinik. Nachdem das Fruchtwasser aufgefüllt worden war, sagte der behandelnde Arzt: «Nieren sehe ich nicht. Kommen Sie am besten in einer Woche wieder, dann nehmen wir das Kind weg. Es hat keine Überlebenschance.» Er sagte das, ohne mit der Wimper zu zucken. Auf die Nachfrage, wie hoch denn die Wahrscheinlichkeit sei, dass das Kind keine Nieren habe, hiess es, sie würde bei etwa 70 Prozent liegen. Das bedeutete im Umkehrschluss, dass es immerhin eine 30-prozentige Chance gab, dass das Kind gesund war.

Nach intensiven Gesprächen entschieden Evrim und Akgün, nichts zu unternehmen: «Wir wollten das Leben unseres Kindes nicht künstlich beenden. Wenn es nicht überlebt, dann ist es Gottes Wille. Das müssen wir Gott überlassen.» Ein anderer Arzt machte ihnen während dieser schwierigen Monate immer wieder Hoffnung.

Plötzlich bewegte sich das Kind nicht mehr…

Nach weiteren Untersuchungen folgte ein Aufenthalt in einer Spezialklinik im Rheinland. Dort wollte man aufgrund des Blutbildes herausfinden, ob das Kind Nieren hat oder nicht. Die Untersuchung, bei der mit einer Nadel Blut aus der Nabelschnur entnommen wird, ist nicht ungefährlich. Über zwanzig Mal stach der Arzt Evrim in den Bauch, und traf dabei auch versehentlich das Kind. «Meine Frau hatte danach tagelang Schmerzen. Und das Kind bewegte sich plötzlich überhaupt nicht mehr. Wir gingen wieder zum Frauenarzt», berichtet Akgün.

Das Kind bewege sich, aber nur sehr wenig, teilte die Gynäkologin mit. Immerhin: das Fruchtwasser verringerte sich erstaunlicherweise nicht weiter. Fast täglich gingen Evrim und Akgün in die Kirche und beteten immer wieder für ihr ungeborenes Kind.

Klein, aber voll funktionsfähig

Schliesslich wurde die Geburt eingeleitet. Das Kind wurde sofort gründlich untersucht. Zur Überraschung aller wurde eine Niere entdeckt. Klein, und nur halb so gross wie bei einem normalen Säugling, aber voll funktionsfähig. Der Junge wurde für eine Woche auf die Intensivstation verlegt. Es ging ihm erstaunlich gut – alle Nierenwerte waren in Ordnung. Danach erlebte die Familie noch ein echtes Wunder. Die Niere von Jamie wuchs innerhalb kurzer Zeit um 2,5 Zentimeter auf die Normalgrösse heran. Die Ärztin war verblüfft. So etwas habe sie noch nie gesehen, das sei ein Wunder. In der Zwischenzeit wurde tief im Becken von Jamie sogar noch eine zweite Niere entdeckt.

Eine Narbe am Oberschenkel ist jedoch geblieben – dort, wo der untersuchende Arzt das Kind mit der Nadel verletzt hat. Diese Narbe wird ihn immer daran erinnern, wie bedroht sein Leben war. Und auch daran, dass seine Eltern dem Druck einer mehrfach empfohlenen Abtreibung widerstanden haben. Sie machen allen Eltern Mut, das Leben von ungeborenen Kindern nicht anzutasten, sondern es ganz in Gottes Hand zu legen.

*Name von der Redaktion geändert

Dieser Artikel erschien ursprünglich im «Brief an die Freunde der GGE» Nr. 49. Die aktuelle Ausgabe finden Sie hier.

Datum: 14.04.2013
Autor: Henning Dobers
Quelle: GGE-Deutschland

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