Wahrheit

Wahrheit ist Wirklichkeit, das Echte im Gegensatz zum Schein und zur blossen Form

Unter Wahrheit versteht das Neue Testament die Wirklichkeit, das Echte, Tatsächliche im Gegensatz zum Schein und zur blo­ssen Form: »Lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit«, das heisst: in Wirklichkeit (1. Joh. 3,18).

Paulus schreibt den Galatern: Den falschen Brüdern »wichen wir auch nicht eine Stunde ..., damit die Wahrheit des Evangeliums bei euch bestehen bliebe« (Gal. 2,5), das heisst: damit die Galater das wirkliche Evangelium be­halten und nicht einen Schein davon.

Wahrheit bedeutet dann auch: die wirkliche Berührung des Menschen durch Gott oder die wirkliche Erfassung Gottes durch den Menschen. Jesus sagt der Samariterin: Die Zeit kommt, wo Gott im Geist und in der Wahrheit angebetet wird (Joh. 4,23.24).

Der Mensch kann see­lisch beten, dann ist das Gebet ein religiöser Vorgang, der in­nerhalb seiner Seele (Person) bleibt; das ist ein Scheinbeten. Anders, wenn Gottes Geist den Menschengeist berührt - dann betet er in (der) Wahrheit, also wirklich. Deine Worte verhallen nicht ins Leere; er spricht tatsächlich mit Gott.

Wahrheit ist tatsächliches (nicht eingebildetes oder in Zeremonien abgebildetes) Leben mit Gott

»Das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden« (Joh. 1,17). Damit ist gesagt: Die Formen göttlichen Lebens sind durch Mose gegeben, die unmittelbare Nähe Gottes (Gnade) und das wirkliche Leben mit Gott (Wahrheit) hat Christus gebracht.

Jesus sagt: »Wer die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offenbar wird, dass seine Werke in Gott getan sind« (Joh. 3,21). Das bedeutet: Wer wirklich Gott dient, den wirklichen Willen Gottes tut, der scheut sich nicht, an das Licht zu kommen, das Jesus bringt. Wer zum Schein Gott dient oder sich bloss einbildet, Gottes Willen zu tun, scheut das Licht der Gegenwart Christi.

Jesus sagt: »Wenn ihr bleiben werdet an meinem Wort, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch freimachen« (Joh. 8,31.32). Das bedeutet: Jesus sagt denen, die empfänglich sind für das, was er ihnen zu sagen hat, dass die Wirklichkeit Gottes ihren Geist berühren (erleuchten) wird.

Durch diese tatsächliche Berührung mit Gott werden sie frei werden vom Dienst der Sünde. Jesus sagt es seinen Jüngern zu, dass der Geist sie in alle Wahrheit leiten wird (Joh. 16,13), das heisst in die wirkliche (nicht bloss vorgestellte) Erkenntnis Gottes und seines Willens.

»Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist die Wahrheit« (Joh. 17,17); damit wird gesagt, weihe sie für ihren Dienst dadurch, dass du ihnen wirklich nahe kommst; wenn du persönlich zu ihnen sprichst, haben sie wirkliche Be­rührung mit dir.

Das Bibelwort wird erfahrene und wirksame Wahrheit durch die Offenbarung des Heiligen Geistes

Dass Gottes Wort die Wahrheit ist, bedeutet nicht ohne weiteres: das Bibelwort ist die Wahrheit. Das Bibelwort kann zur wirkli­chen Erkenntnis Gottes führen, wenn Gott jetzt durch dieses Wort spricht. Schweigt Gott einem Menschen gegenüber, so kann dieser Mensch die Bibel von Grund aus studiert haben und doch ganz fern sein von der Wahrheit, das heisst von der wirkli­chen Gotteserkenntnis.

Wie oft ist gerade das Schriftwort ein Eingangstor für Irrtum und Lüge gewesen, weil man ihm eine ganz willkürliche Auslegung gab! Jesus musste gerade den bibelfesten Leuten seiner Zeit sagen: »Ihr habt den Teufel zum Vater ... er ist ein Lügner und ein Vater der Lüge. Weil ich aber die Wahrheit sage, glaubt ihr mir nicht« (Joh. 8,44.45).

Der Satz: »Die Thora (die Heilige Schrift) ist die Wahrheit« war der Grundpfeiler der rabbinischen Theologie und der jüdischen Kirche, der Synagoge. Jesus zeigt, dass dieser Pfeiler nicht trag­fähig ist. Eine Kirche, die sich nur auf diesen Satz stützt, muss zusammenbrechen.

Das Schriftwort an und für sich ist eine Form, die einen sehr verschiedenen Gehalt bekommen kann; es ist sinnentleert oder sinnentstellt, wenn Gott fern ist. Erst wenn Gott nahe ist, kommt es zur Sinngebung des Schriftwortes.

Die Wahrheit muss immer neu aufleuchten. Das geschieht, wenn Christus nahe ist

Man kann die Wahrheit nicht konservieren zwischen den schwarzen Deckeln der Bibel, man kann sie nicht einfangen in ein System der Lehre, in Katechismen oder Dogmen. Wie Gott in Wahrheit ist, was er wirklich will, kann nur der erkennen, dem Gott selbst begegnet.

Darum sagt Jesus: »Ich bin die Wahr­heit« (Joh. 14,6); damit ist ausgesagt, wo er persönlich nahe ist, da werden Menschen wirklich von Gott berührt, göttlich er­leuchtet. Da erst fallen ihnen die Schuppen von den Augen: wie klein, wie eng, wie trübe, wie falsch ihre bisherigen (auch »bi­blischen«) Vorstellungen von Gott waren.

Datum: 09.12.2009
Autor: Ralf Luther
Quelle: Neutestamentliches Wörterbuch

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