Albert Schweitzer

«Den Geist dämpfet nicht»

Am Pfingstsonntag 1905 predigte in der Strassburger Kirche St. Nikolai der evangelische Vikar Albert Schweitzer (1875-1965), der später als Arzt und Theologe Weltberühmtheit erlangen sollte. 1952 wurde er sogar mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Sein Predigttext: «Den Geist dämpfet nicht!»
Albert Schweitzer - ein engagierter Arzt und Theologe.
Albert Schweitzer

Schnell kam der damals 30jährige Theologe zur Sache, mit dem Blick in die Kirche seiner Zeit: Eigentlich wollte der Geist Gottes bewirken, dass ein heiliges Feuer ausbreche. «Doch das Feuer kann nicht ausbrechen, weil es keine Luft und Nahrung hat», hörten die Gottesdienstbesucher von der Kanzel.

Schweitzer klagte aber nicht nur, er nannte auch die Gründe für diesen Zustand: «Der heilige Geist wird gedämpft durch die Ordnung und durch die Vernunft.» Es läge an unseren wohlorganisierten Kirchen, dass der Geist Gottes gedämpft und gebremst würde. Weiter erläuterte Schweitzer, dass der Heilige Geist ein «Unbekümmertsein um das Urteil der Menschen, eine gewisse Überspanntheit»" sei.

Seit dem ersten Pfingstfest sei von unvernünftigen Menschen der Geist Christi über die Welt ausgegangen. An Vernünftigen gäbe es auch in der Kirche keinen Mangel, aber an solchen, die unverrückt im Geiste handeln und reden, damit aber der Welt überspannt erscheinen. «Seid nicht zu vernünftig», rief der Vikar in seiner Pfingstpredigt in die Kirche St. Nikolai.

Ordnung und Vernunft bremsen Gottes Geist? Nicht wenige Zeitgenossen leben heute in der Sehnsucht nach Ordnung und vernünftigen Lösungen für die Probleme unserer Zeit. Das steht doch auch schon in der Bibel: «Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens.» Wir müssen hierbei sicher zwei Ebenen auseinanderhalten. Wenn es um unsere sozialen Belange und Regelungen geht, dann muss es ordentlich und vernünftig zugehen.

Sein Wirken entspricht aber nicht immer unseren menschlichen Vorstellungen und Wünschen. Er ist eben Gott in Allmacht und Allwissenheit. Wird das Wirken des Geistes Gottes in kleinliche religiöse Kanäle festgelegt und durch bürgerliche Ordnungsvorstellungen geregelt, dann - das meinte der Strassburger Prediger vor mehr als 100 Jahren! - wird der Heilige Geist gedämpft und gebremst. Das ist auch heute noch die Warnung und Mahnung zu Pfingsten.

Datum: 10.06.2011
Autor: Wilhelm Drühe
Quelle: idea Deutschland

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