Scheidungskinder

Getrennte Weihnachten

An Heiligabend bei Mama und am Weihnachtstag bei Papa. Was hilft Scheidungskindern an Weihnachten? Die Ehe - und Familientherapeutin Suhanya Erne aus Aarau verrät, was Kindern an Weihnachten wirklich brauchen.
Getrennte Weihnachten
Suhanya Erne.

Livenet.ch: Frau Erne, das Bedürfnis nach Harmonie ist an Weihnachten besonders gross. Für ein getrenntes oder geschiedenes Elternpaar wird es aber sehr kompliziert, wenns ums Feiern geht. Ist es am besten, man verzichtet auf eine gemeinsame Familienfeier?
Suhanya Erne:
Es kommt darauf an, wie stark die Eltern sich in ihrer neuen Rolle bereits angepasst haben und wie gross die Spannungen zwischen den getrennten Partner sind. Da sich die organisatorischen und emotionalen  Anforderungen über die Weihnachtszeit für die Patchworkfamilien vervielfachen, ist es eine grosse Herausforderung, die Harmonie zu bewahren.

Was können Eltern dann tun?
Es ist wichtig, dass man die Weihnachten frühzeitig  bespricht, um genaue Abmachungen zu treffen.  Konflikte und Missverständnisse können vermieden werden, wenn die Rahmenbedingungen für Weihnachten im Vorfeld festgelegt werden. Zudem gibt es den Kindern Halt, zu wissen, was sie erwartet  und worauf sie sich innerlich einstellen dürfen.

Sollte man sich einfach gar nicht sehen?
Jede Situation ist individuell und sollte auch individuell behandelt werden. Wenn ein Besuch nicht möglich ist, ohne dass das Kind in den Beziehungskrieg verwickelt wird und ein Teil des Gefühls- und Organisationschaos wird, sollte man sich den Besuch überlegen. In der Regel gilt, dass es für die Kinder sehr wichtig ist, mit beiden Elternteilen Weihnachten zu erleben. 

Weihnachten kann bei den getrennten Eltern Trauer und Wut  auslösen kann, weil Erinnerungen hochkommen oder Spannungen noch existieren. Daher ist es möglich, dass die Kinder subtile Abneigungen gegenüber dem bevorstehenden Besuch wahrnehmen und dadurch einen  Loyalitätskonflikt empfinden. Als Folge davon lehnen sie den Besuch beim anderen Elternteil ab. Diese Ablehnung wird oft falsch interpretiert. Man versucht dann das Kind vor dem  Besuch zu schützen. Das Kind braucht jedoch die Zusicherung von Mutter oder Vater, dass sie dem Besuch zustimmen.

Ist es schmerzhaft für die Kinder, wenn sie nicht mit beiden Elternteilen feiern dürfen?
Bei kürzlich vollzogenen Trennungen kann es für die Kinder sehr schmerzhaft sein, wenn sie nicht in der gewohnten Umgebung mit beiden Elternteilen feiern können. Wenn sie jedoch mit den Jahren Kontinuität in Bezug zur Weihnachtsfeier und eine gute Haltung von den Eltern dem ehemaligen Partner gegenüber wahrnehmen, ist es sehr wohl möglich, dass Weihnachten ein positives Erlebnis für die Kinder wird.

Gibt es da ein Ritual oder etwas, was sie empfehlen können?

Beispiel für  Rituale sind Spaziergänge bevor man die Geschenke auspackt, Grittibänze backen, zusammen ein Lied singen, eine gemeinsame Geschichte lesen etc. Es ist zu überlegen, ob man die Weihnachtsfeier aufteilen soll (24. mit Mama, 25. mit Papa) oder ob man sogar ein Teil der Feier gemeinsam erleben kann.

Wie wichtig sind den Kindern Rituale?
Rituale haben für Kinder eine heilende Funktion, besonders im Scheidungsfall. Sie geben den Kindern Struktur, Halt und Sicherheit.

Als Familientherapeutin werden Sie wissen, was sich Kinder wünschen.
Kinder wünschen sich Geborgenheit, Sicherheit und Zugehörigkeit. Geschenke können ein Teil des Weihnachtsrituals sein und haben auch eine Bedeutung. In erster Linie sehnen sich Kinder aber nach Geborgenheit und Zugehörigkeit.

Was tun, wenn Eltern zerstritten sind?
Die Konflikte sollten unter keinen Umständen auf das Kind übertragen werden. Es ist grundsätzlich wichtig, dass man als Eltern an der persönlichen Haltung gegenüber dem ehemaligen Partner arbeitet, da auch subtile Abneigungen gegen den jeweils anderen Elternteil für das Kind sehr belastend sein können.

Jesus hat uns Frieden angeboten und die Möglichkeit der Vergebung und Versöhnung. Ist Frieden zwischen getrennten Paaren möglich?
Durchaus. Jesus kam, damit wir Frieden haben. Die Versöhnung ist mit der Kraft des Heiligen Geist wirklich möglich. Dies kann oft aber auch ein Prozess sein, da Verletzungen noch da sind. In der Bibel im Psalm 147, Vers 3 steht: «Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und lindert ihre Schmerzen.» Wir können Heilung von Jesus empfangen. Trotz schmerzhafter Trennung ist durch Jesus ein friedlicher Umgang in der Familie möglich. Die Voraussetzung dafür ist die Bereitschaft zur Versöhnung und der Entscheid für den Frieden.

Suhanya Erne hat einen Master in Psychologie und ist spezialisiert auf Einzel-und Familientherapie. Sie arbeitete einige Jahre in einer Klinik in Los Angeles, die vor allem auf sexuelle Übergriffe spezialisiert war. Zurzeit ist sie in der christlichen Fachstelle in Aarau und in einer Gemeinschaftspraxis in Altstetten, Zürich als Erziehungs- und Familienberaterin tätig.

Zum Thema:
Das Weihnachtsdossier von Jesus.ch

 

Datum: 24.12.2010
Autor: Iris Muhl
Quelle: Livenet.ch

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