John Stott gestorben
John R. W. Stott war der Architekt der Einheit: Er hat die evangelikale Bewegung im 20. Jahrhundert durch theologische Klarheit, als überzeugende Persönlichkeit und mit ansteckender Herzlichkeit geprägt. 2005 zählte ihn die Zeitschrift Time zu den weltweit 100 einflussreichsten Menschen. Er schrieb, predigte, lehrte und wirkte in zahlreichen Bewegungen. Mit seinen Bibelauslegungen und geistlichen Einsichten beschenkte er Generationen von Christen. «Vielen hat er eine Liebe für die weltweite Kirche mitgegeben, dazu eine Leidenschaft für die Treue zur Bibel und eine Liebe zum Retter», sagte sein Freund Benjamin Homan.
Das Christsein global gedacht, vertreten…
Pfr. Dr. John R. W. Stott diente seiner Londoner All Souls-Gemeinde, in der er aufgewachsen war, über 60 Jahre. Mehrere Ehrendoktorate wurden ihm verliehen. 1958 hatte er «Basic Christianity» verfasst. Den in viele Sprachen übersetzten Klassiker überarbeitete er 50 Jahre später (!) selbst, um ihn den aktuellen Denkhorizonten anzupassen (deutsch neu: Der christliche Glaube. Eine Einführung).
Die Lausanner Verpflichtung von 1974, die die Evangelikalen zur globalen Bewegung verband, trägt Stotts Handschrift. Er engagierte sich für die Evangelische Allianz und blieb zeitlebens Ehrenvorsitzender der Lausanner Bewegung für Weltmission. In den 1980er Jahren beschäftigten ihn die grossen sozialethischen Fragen. Sein Hauptwerk «Issues Facing Christians Today», 1984 erschienen, revidierte er Ende der 1990er Jahre ein zweites Mal. Die Mitte seines Denkens bezeichnet «The Cross of Christ» von 1986.
…und nachhaltig gefördert
John Stott liebte die Bibel. Er legte grosse Teile des Neuen Testaments in allgemein verständlichen, präzisen Kommentaren aus. Über 50 Jahre las er die ganze Bibel jedes Jahr durch. Und er liebte die Vögel. Der ledige Theologe war ein passionierter Beobachter der Flug- und Überlebenskünstler. Eines seiner zahlreichen Bücher ist den «Vögeln als Lehrern» gewidmet.
In den letzten Jahrzehnten konzentrierte er sich auf Langham Partnership International (in den USA: John Stott Ministries). Diese Initiative, jetzt unter der Leitung von Christopher J.H. Wright, fördert die Ausbildung von Predigern in der Dritten Welt. Doktoranden werden Stipendien ausgerichtet, damit sie in den Seminaren ihrer Herkunftsländer unterrichten können. Zudem wird für Pastoren günstige theologische Literatur bereitgestellt. Die erheblichen Lizenzgebühren seiner Werke leitete John Stott in die Produktion und Verteilung von theologischen Büchern für den globalen Süden.
Integer und überzeugend
Der Theologe David Wells, der durch Stott 1959 zum Glauben an Christus kam und dann fünf Jahre bei ihm wohnen konnte, würdigte seine Leiterqualitäten. Er habe durch seine persönliche Integrität und sein Leben als Christ überzeugt. «Er war weltbekannt, aber wer ihn traf, erlebte einen höchst frommen, demütigen christlichen Mann. Privat und in der Öffentlichkeit war er derselbe. Er posierte nicht.»
Geoff Tunnicliffe, Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA), unterstrich Stotts Engagement «für biblische Rechtgläubigkeit, Weltmission und die Einheit des Leibes Christi». Der greise Billy Graham liess durch einen Sprecher verlauten, die evangelische Welt habe einen ihrer grössten Sprecher verloren. «Ich freue mich, ihn wiederzusehen, wenn ich in den Himmel komme.»
Zum Thema:
Grosses Interview von John Stott (1996)
Datum: 28.07.2011
Quelle: Livenet / APD, Christianity Today, Langham Partnership International