«Mobilität ist biblisch»
Das Eröffnungsreferat hielt der Direktor des Bundesamtes für Verkehr BAV, Peter Flüglistaler. Er bestätigte am 25. Juni 2011 in Aarau die Beobachtung: «Neue Verkehrsmittel und Reisemöglichkeiten bedeuten immer, dass sich die Mobilität erweitert». – Sie verschaffe uns nicht mehr Freizeit. Die tägliche Reisezeit habe sich in 100 Jahren nicht verändert. Sie habe bereits 1900 1,5 Stunden pro Tag betragen. Nur habe man damals pro Jahr lediglich 280 Kilometer pro Jahr und Person zurückgelegt. Heute seien es 17.000 Kilometer.
Der Mehrverkehr habe jedoch soziale Auswirkungen, gab der BAV-Direktor zu bedenken. Daher stelle sich die Frage nach dem Sinn des Reisens. Füglistaler: «Der gesunde Menschenverstand sagt uns: Mehr ist nicht immer besser!» Trotzdem werde das Wachstum nicht gebremst. Denn laut den geltenden Prognosen werde der Güterverkehr bis 2030 um 30 - 80% steigen, der Personenverkehr um 15 - 30%.
Mobility-Pricing
Zwar wären laut dem BAV-Direktor aus ökonomischer Sicht die gefahrenen Kilometer volkswirtschaftlich erwünscht. «Doch die Infrastrukturen bei allen Verkehrsträgern seien an einer Leistungsgrenze angelangt. Deshalb, und weil der Verkehr für Mensch und Natur verkraftbar bleiben müsse, sprach sich Füglistaler für ein umfassendes Mobility-Pricing aus. Das heisst: alle zahlen für die tatsächlich gefahrenen Kilometer, egal ob auf der Strasse oder der Schiene. Dabei müssten auch die externen Kosten werden gedeckt. Ausserdem müsste das Fahren in der Hauptverkehrszeit teurer sein.
Was ist uns Mobilität wert?
«Wir müssen uns die Frage stellen: was ist uns die Mobilität wert?», so Füglistaler. Heute sei sie zu billig. Doch die Erfahrung zeige, dass die Bedürfnisse da seien, nicht aber die Bereitschaft, mehr zu zahlen! Das neue Prinzip müsse daher lauten: Pay as you drive! Es brauche die Umstellung von der blossen Nutzerfinanzierng auf die Nutzniesserfinanzierung. Das gebe es bereits in Frankreich, nicht aber in der Schweiz.
Mobilität – Lust oder Last?
In einem weiteren Grundsatzreferaten sprach Roland Stettler, Oberarzt Ambulante Dienste der Klinik Sonnenhalde in Riehen und Vorsitzender des Fachkreises «Psychologie und Glaube» der VBG, über die Frage «Mobilität – Lust oder Last?» Er verwies dabei vor allem auf die gesundheitlichen und psychischen Auswirkungen des Pendelns, insbesondere auch des Wochenpendelns über weite Strecken.
Christen haben einen mobilen Gott
Der Theologe Peter Henning (alt Rektor TDS) ist überzeugt: Mobilität ist biblisch. Denn Christen hätten einen mobilen Gott, der schon mit dem Volk Israel unterwegs gewesen sei. Auch Jesus sei immer unterwegs gewesen und habe schliesslich seine Jünger auf die Reise geschickt. Doch heute sei die Mobilität ein Problem, weil sie masslos geworden sei. Es gebe heute sogar eine Mobilitätssucht. Hennig präsentierte neun Thesen zu einer zeitgemässen Mobilität der Christen.
Zum Thema:
Mehr über die Tagung
Neun Thesen von Peter Henning
Die Arbeitsgemeinschaft Kllima – Energie – Umwelt
Datum: 29.06.2011
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet / ideaschweiz