«Ein Esel hat in Syrien mehr Rechte als die Kurden»
Daniel Zingg, was tut
Aseba im Krisengebiet und seit wann seid ihr vor Ort?
Daniel Zingg: Aseba
arbeitet zusammen mit einem amerikanischen Partner seit 2015 in Kurdistan/Irak
vor allem in Erbil und Umgebung. Damals wütete der IS auch in Mossul. Tausende
Menschen flüchteten aus den vom IS belagerten Gebieten in den kurdischen Teil
Iraks, um so dem sicheren Tod zu entkommen. Wir konnten beim Aufbau der
Unterkünfte und jetzt auch bei der Versorgung der Flüchtlinge helfen.
Welche Situation
erleben eure Partner vor Ort?
Das Flüchtlingsproblem ist aus den Medien
verschwunden, was aber nicht heisst, dass es auch vor Ort gelöst ist. Leider.
Obwohl bereits viele Flüchtlinge wieder in ihre Heimatdörfer zurückkehren
konnten, sind nach wie vor Tausende Menschen in Flüchtlingslagern. Die ersten
Kinder, die dort geboren wurden, gehen nun in provisorisch errichtete Kindergärten
in den Flüchtlingslagern. Durch den Einmarsch der Türkei in Syrien
hat sich die Lage in Kurdistan dramatisch verschlechtert. Viele Menschen, die
vor der türkischen Armee flüchten, suchen jetzt Zuflucht. «Unsere kurdischen Flüchtlingsfreunde aus
Syrien sagen uns, ein Esel habe in Syrien unter Präsident Assad mehr Rechte als
die Kurden», schreibt uns unser
Partner aus Erbil.
Was erleben die
Menschen, die auch durch euch betreut werden?
Im Winter finanzierten wir anfänglich Kerosin, damit die
geflüchteten Familien in den Bergregionen einigermassen heizen können. Einige
von diesen Familien konnten inzwischen in ihre Heimatdörfer zurückkehren. Eine
Bäckerei, landwirtschaftliche Fahrzeuge und Gerätschaften konnten wir
mitfinanzieren. So war es den Flüchtlingen möglich, selber für einen Teil ihrer
Bedürfnisse zu sorgen. Die landwirtschaftlichen Fahrzeuge und Gerätschaften
sind jetzt beim Wiederaufbau und als Starthilfe für eine hoffentlich sichere
Zukunft von irakischen Christen im Einsatz. Das sind ehemalige Flüchtlinge, die
bereits seit zwei Jahren wieder in ihrer Heimat leben! Schwerpunktmässig unterstützen wir zurzeit den
Kindergarten, damit die Flüchtlingskinder sechs warme Mahlzeiten pro Woche
haben.
Welche Hoffnung haben
die Kurden?
Das ist sehr schwer zu sagen. Kämpften die Kurden Seite an
Seite mit dem Irak gegen den IS, war nach den Unabhängigkeits-Bestrebungen
Kurdistans plötzlich die Irakische Armee der erklärte Feind der Kurden. Das
gleiche scheint sich auch jetzt wieder abzuspielen, indem die Kurden vor der
Türkei und auch vor Syrien fliehen müssen. Die Frage ist nur: Wohin?
Gibt es Berichte, wie
Gott eingreift und Menschen verändert, mitten in diesem Tumult?
Ein weltweites Phänomen zeigt sich auch in Kurdistan: Wo
die Not gross ist, wächst die Gemeinde. Und Geschichte wiederholt sich: Die
Gemeinde Jesu in Erbil und Kurdistan wächst. Immer mehr Leute wenden sich
enttäuscht vom Islam ab und finden Hoffnung und Kraft durch eine lebendige
Beziehung zu Gott.
Was bewegt Euch
innerlich beim Ausführen der Projektarbeit?
Die Dankbarkeit der Kinder, wenn sie regelmässig Mahlzeiten
oder sonst Lebensnotwendiges erhalten, ist enorm. Und immer wieder sind wir berührt,
wenn unser Partner uns Bilder vom Gottesdienst, zum Teil im Keller, und von
Tauffeiern im Bassin seiner Kinder auf der Terrasse schickt!
Was sind die nächsten
Projekte, die vor Ort geplant werden?
Nebst humanitärer Hilfe beteiligen wir uns mit am Projekt
«Bibel-Transport» in Kurdistan, das über unseren Partner organisiert wird. In
den letzten 2,5 Jahren konnten 58'000 Bibeln und 41'000 Büchlein mit
Geschichten von Jesus in ein islamisches Land geschmuggelt werden. Aus
naheliegenden Gründen möchten wir hier aber keine Details nennen. Die
Transporte sind abenteuerlich und Menschen riskieren ihr Leben. In diesen Tagen
erreichte uns das Zeugnis eines jungen Muslims, der durch eine geschmuggelte
Bibel zum Glauben an Jesus Christus fand!
Zum Thema:
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Datum: 25.11.2019
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet