Ernstfälle in Havanna

Strassenszene in Kuba. (alle Fotos: HMK)
Kühe gehören grundsätzlich dem Staat.
Die kubanische Flagge.
Der Sozialismus konnte die Armut nicht vertreiben.
Ein Gottesdienst in Kuba.

Kuba hat eine malerische Seite: Endlos lange Strände aus der Märchenwelt. Doch die Regierung in Havanna sorgt auch für eine Kehrseite der Medaille: Manche Menschen werden unterdrückt.

Den traumhaften Stränden zum Trotz: für viele Einwohner ist Kuba ein hartes Pflaster. So etwa für manche Christen. Sie werden im Karibikstaat teilweise verfolgt. «Während sie in manchen Gegenden alle Freiheit haben, unterdrückt sie an einem anderen Ort der Bürgermeister», sagt ein Mitarbeiter der «Hilfe für Mensch und Kirche» (HMK). *

Er verantwortet das Kubaprojekt seines Werkes, das seit 1998 auf Kuba tätig ist. Aus Sicherheitsgründen bleibt der Name des Mitarbeiters ungenannt, nur soviel: er ist selbst Lateinamerikaner.

Unterdrückung könne so aussehen: «Eine Pastorin wurde plötzlich angeklagt und zu einer hohen Busse verurteilt. Auf rechtlicher Ebene versuchte man sie zu verteidigen, doch man kam nicht durch.» Sie habe das Haus verloren und umziehen müssen. Oft würden die Behörden wegen lapidarer Gründe auf Pastoren losgehen und sie zwingen, das Gebiet zu verlassen.

Auf der Strasse

«In einem Fall wurde einem Pastor verboten, Gottesdienste abzuhalten. Er musste untertauchen und das Dorf wegen ernster Drohungen verlassen. Zwei andere mussten weg, weil ihnen das Haus genommen wurde. Versammlungsstuben wurden auch schon mit Bulldozern flachgewalzt.»

Oft stehe der Pastor dann auf der Strasse. Umziehen sei in Kuba keine einfache Sache; der HMK-Mitarbeiter spricht von einem „Weltsunterfangen“. «In Kuba ist es so, dass „die Revolution“ einen versorgt. Das Haus ist kein Privateigentum. Bis man eine neue Wohnung hat, kann das drei Jahre dauern. Meist findet der Pastor bei Christen eine Bleibe oder geht zurück in die Gemeinschaft, die ihn als Missionar in eine andere Gegend Kubas gesendet hatte. Dort findet er dann ein Zimmer.»

Dann kam der Sozialismus

Diese Fälle würden in Kuba unter den Teppich gekehrt: «Sagt einer der Betroffenen etwas, geht es ihm noch schlechter. Es wird eingestuft als „kontrarevolutionäre Aktion“.» Die Beamten hätten Angst, dass die Menschen Gott mehr gehorchen als ihnen.

Der HMK-Mitarbeiter: «Dass der Sozialismus in Kuba boomt, macht mich traurig, Aber irgendwie verstehe ich es auch. In den 80er Jahren wurde dem Land die Globalisierung verkauft. Aber die Armen sind immer noch arm. Nur die Sozialisten konnten der Globalisierung die Stirn bieten. Darum gewann Castro an der Urne.»

Hunger und leere Felder

Als Latino bedaure er die Situation sehr. «Bei den Ressourcen könnte Kuba locker mit europäischen Ländern mithalten. Es gibt wenig Analphabeten, viele Ärzte, wenig Kinder pro Familie und ein hohes Bildungsniveau.»

Erstaunlich seien der Überlebenswille der Kubaner, ihr Humor und ihre unglaubliche Kreativität. Das grösste Problem für die Christen sei nicht mehr die Verfolgung, sondern die Armut. Denn der Sozialismus habe gewaltige Fehlentscheide gebracht. Das Land baute auf Zuckeranbau und den Export in die Sowjetunion. Als diese Union zusammenbrach, habe der Staatsapparat nur schleppend reagiert.

Wie auch anderswo. «Die Leute hungern. In einer Plantage sahen wir sieben Felder; auf zweien wird Zuckerrohr angebaut, und fünf liegen brach, weil der Stadt einen anderen Anbau verbietet.» Ihre Kühe hätten die Landwirte vom Staat nur im Mandat. Sie schlachte und essen, das wäre bereits ein Schritt in die Illegalität.

Auch wenn der Parteisekretär nebenan wohnt ...

Acht bis zehn Prozent der Einwohner seien Christen. «Viele Menschen finden zu Jesus.» Ebenfalls weitverbreitet sei die sogenannte Santeria, eine Religion mit Voodoo-Elementen und Blutopfern. «Da gibt es auch Illegales, aber der Staat lässt sie machen und spricht von Folklore.»

Deshalb hätten die Christen ebenfalls auf mehr Freiheit gepocht, und seither dürfen sie beispielsweise in den eigenen Häusern Gottesdienste feiern. Dies mache nun aber den Behörden angst, weil sie fürchten, dass Christen plötzlich die Macht ergreifen könnten.

Dennoch würden die Christen fröhlich und laut ihre Gottesdienste feiern, so wie es der Mentalität der Menschen entspreche. Auch wenn ein Parteifunktionär nebenan wohne. «Die Christen predigen das Evangelium und sind darauf bedacht, sich nicht politisch zu äussern. Ein Pastor sagte mir, die Christen in Kuba würden leben wie der biblische Hiob, dem alles genommen wurde. Aber sie würden dadurch im Glauben geprüft. In Europa sei es umgekehrt. Der Teufel häufe immer noch mehr Materielles auf – und die Christen würden geprüft, ob sie trotz des Überflusses am Glauben festhalten.»

* früher: Hilfsaktion Märtyrerkirche

Datum: 04.02.2008
Autor: Daniel Gerber

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