Politische Freiheit und die Achtung der Menschenrechte - nicht weniger versprach Mohamed Nasheed bei seinem Amtsantritt Ende 2008. Das Volk schenkte ihm Vertrauen, denn er war früher selbst ein politischer Gefangener. Am 28. Oktober 2008 wurde er zum Präsidenten der Malediven gewählt.
Er löste Maumoon Abdul Gayoom nach über dreissig Jahren Regentschaft ab. Seither sind politische Demonstrationen erlaubt, und Andersdenkende werden nicht mehr automatisch verhaftet.
Dennoch: Unter dem neuen Präsidenten hat sich die Religionsfreiheit auf dem Inselparadies verschlechtert. Die Hoffnungen, die man auf ihn setzte, sind ebenso verpufft wie die Versprechen, die er abgegeben hatte.
Bei der Wahl war Nasheed auf die Stimmen der konservativen islamischen Partei angewiesen, berichtet das Missionswerk «Frontiers». Im Gegenzug habe er diesen Funktionären die Leitung eines neuen Ministeriums anvertraut: jenes für islamische Angelegenheiten.
Die Idee der Religionsfreiheit ist seitdem wie eine Seifenblase geplatzt. Die Verfassung schreibt nun vor, dass die Einwohner sunnitischer Moslem sein müssen und die staatsbürgerlichen Rechte gälten nur, «solange dieses Recht nicht gegen die Grundsätze des Islam verstösst». Damit nun begründen die Religiösen Verbote aller Art. An Silvester etwa wurden die Discos als «unislamisch» dargestellt und verboten, «unislamische» Websites werden blockiert, Satelliten-Empfänger dürfen nicht mehr eingeführt werden, weil man damit christliche Programme empfangen könne. Hinzu kommt, dass in einer Parlamentsdebatte gefordert wurde, das islamische Recht einzuführen - inklusive Todesstrafe und Amputationen bei Diebstahl.
Früher galten die Malediver als moderat und mischten den Islam mit ihrem Volksglauben. Doch inzwischen, so berichtet «Frontiers», würden sich Einheimische bei Taliban-Gruppen auf einen bewaffneten Jihad vorbereiten. Vor zehn Jahren hätten zwanzig Prozent der Frauen einen Schleier getragen, heute seine es achtzig Prozent. Erste Familien würden ihre Kinder aus religiösen Gründen nicht mehr in die Schule schicken. Journalisten, die darüber berichten, werden als Feinde der Verfassung gebrandmarkt.
Christen können ihren Glauben nur im Verborgenen leben, nicht-islamische Glaubensliteratur ist verboten. Nicht-moslemische Einwohner müssen ihre Kinder in den Islamunterricht geben.
Es wird Zeit, dass der Westen die Augen nicht länger verschliesst vor den deutlichen Verletzungen der Menschenrechte, die auf den Malediven geschehen. Wirtschaftshilfe und Devisen der Urlauber werden gerne einkassiert, die von den Gebern vertretene Freiheit des Menschen wird dagegen mit Füssen getreten.
Nasheed zeichnet gern das dramatische Bild vom steigenden Meeresspiegel, von einem dem Untergang geweihten Inselreich. Seine Regierung sucht und erhält Wirtschaftshilfe in Millionenhöhe, auch aus dem Westen. Doch dieselben Länder, die für diese Forderungen ihre Ohren öffnen, verschliessen die Augen vor den Menschenrechtsverletzungen.
Der Beistand muss endlich an Bedingungen geknüpft werden. Wollte man den Malediven grundsätzlich nicht zutrauen, die Menschenrechte einzuhalten, so wäre das eine Form des Rassismus. Das Nichteinfordern dieser Rechte macht uns zu billigenden Mittätern, zu Komplizen der Intoleranten.
Datum: 04.05.2010
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch