Wenn der Tabak-Konzern Mediziner unterstützt

Vor kurzem ist ein Meilenstein im Kampf gegen die Folgen des Tabakkonsums erreicht worden: Die Weltgesundheitsorganisation WHO verabschiedete ihre Anti-Tabak-Konvention. Sie zielt unter anderem auf die weitgehende Verbannung der Tabakreklame aus der Öffentlichkeit, auf den Schutz vor dem Passivrauchen in öffentlichen Räumen, ein Verbot des Verkaufs an Kinder und Jugendliche und die Unterbindung des Zigarettenschmuggels.

Dass der Kampf gegen die Schäden des Tabakkonsums Risiken beinhaltet, zeigt ein Urteil des Bundesgerichts: Es hat die Verurteilung von zwei Tabakgegnern aufgehoben, welche das Genfer Kantonsgericht im Januar wegen übler Nachrede ausgesprochen hatte. In einem Pressecommuniqué hatten die Präsidenten der Anti-Tabak-Organisationen Cipret und Oxy Genève 2001 den schwedischen Wissenschafter Ragnar Rylander scharf angegriffen. Sie warfen dem Forscher, der teilzeitlich für die medizinische Fakultät der Universität Genf arbeitete, vor, er sei heimlich vom Zigarettenmulti Philip Morris finanziert worden. Rylanders Untersuchungen zu den gesundheitlichen Folgen des Passivrauchens seien daher fragwürdig.

Der schwedische Professor Ragnar Rylander war, dies ergab die Untersuchung des Kantonsgerichts, tatsächlich als Berater für Philip Morris tätig gewesen – seit 1972. Und er bezog jährlich bis zu 85'000 Dollar. Die Genfer Justiz hielt auch fest, dass der Forscher 1991 die Daten einer Untersuchung über Atemwegerkrankungen von Kindern modifizierte, damit kein Zusammenhang zum Passivrauchen hergestellt werden konnte. Rylander habe sich nicht gescheut, das Publikum im Interesse seines heimlichen Geldgebers zu täuschen.

Trotzdem befand das Kantonsgericht im Januar, die beiden von Rylander eingeklagten Anti-Tabak-Organisationen hätten Bussen von je 1000 Franken wegen übler Nachrede zu zahlen, weil sie in der Zeitung von einem „noch nie da gewesenen wissenschaftlichen Betrug“ gesprochen hätten. Das Bundesgericht hob dieses Urteil nun auf, wie die NZZ berichtet. Die Formulierung sei nicht übertrieben gewesen, sondern habe zum Ausdruck gebracht, dass das Verhalten Rylanders aussergewöhnlich und schwerwiegend gewesen sei.

Quelle: NZZ/Livenet

Datum: 02.06.2003

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