«Aida» und der Pfarrer
Es war eine humorvoll-herzliche Runde mit redefreudigen Gästen unter freiem Himmel. In der Mitte sass die Schweizer Opernsängerin Noemi Nadelmann (51), flankiert von Moderator Christian Zeugin und dem reformierten lokalen Pfarrer und Notfallseelsorger Peter Schulthess (60).
Stimme als Kapital
Noemi Nadelmann steht unmittelbar vor der Premiere (9. August 2013). Dann wird sie als Aida in der gleichnamigen Oper von Antonio Ghislanzoni mit Musik von Giuseppe Verdi auf die Seebühne treten. Eindrücklich schilderte Nadelmann, wie sie ihrer Stimme Sorge tragen muss. Die kleinste Erkältung kann für sie als Freischaffende zur Bedrohung werden – und damit zum Notfall. «Ich bin froh und dankbar, eine fantastische Hals-Nasen-Ohren-Ärztin zu haben», sagte die Mutter einer 20-Jährigen. Jamileh startet aktuell eine internationale Karriere als Modedesignerin.
Musik als Teppich zum Herz
Mit Notfällen bestens vertraut ist Peter Schulthess, der die Vorbereitungen des Seebühnen-Spektakels quasi vor der Haustür mitverfolgt. «Die Geschichte der Aida ist äusserst dramatisch und damit nahe an der Notfallseelsorge dran», bemerkte Schulthess. Was ihn generell an der Oper fasziniere, sei der Körpereinsatz beim Singen. Er bedauere, dass die Pfäffiker in den Kirchenbänken eingeklemmt seien. Bewegung beim Singen sei biblisch und gesund. Musik sieht Peter Schulthess als roten Teppich zu den Herzen der Zuhörer. «Ich als Pfarrer träufele mit meiner Predigt dann bloss noch ein paar Tröpfchen hinein.» Von Moderator Christian Zeugin auf leere Kirchenbänke angesprochen, bekräftigte Schulthess, dass es ihm nicht auf die Masse ankomme, sondern der Einzelne für ihn entscheidend sei.
Glaube bedeutet gehalten sein
Wie hält es Frau Nadelmann als Einzelperson mit Gott? Diese Frage beantwortete die Sängerin ausführlich: «Ich fühle mich gehalten, und ich glaube, dass es dort oben jemanden gibt, der mich lieb hat und auf mich aufpasst. Ich empfinde mich als Menschen, der Glück hat. Sonst würde ich mich alleine fühlen. Ich pflege diesen Kontakt, bitte oft und danke aber auch. Dankbarkeit zu zeigen ist wichtig!» Sie teile diese Überzeugungen mit ihrer Mutter – «Meine Mama ist ein grosses Geschenk in meinem Leben!» Die Schauspielerin stand ihrer Tochter bei, als diese vor bald zwanzig Jahren eine schlimme Angst-Krise durchlebte – konkret von einem Menschen bedroht wurde. Seither redet Noemi Nadelmann mit den himmlischen Wesen und spüre sie immer wieder.
Von Engeln bestärkt
Ist von Engeln die Rede, befindet man sich auch bei Peter Schulthess an der richtigen Adresse. Er hat darüber gar ein Buch geschrieben. Es sei am Ende seines Theologiestudiums gewesen, als er die himmlischen Wesen erstmals mit eigenen Augen gesehen habe: «Ich war enttäuscht, weil meine Predigt nicht zu den Leuten durchzudringen schien. Verzweifelt betete ich und war gedanklich nah dran, in meinen vorigen Beruf als Kaufmann zurückzukehren. Plötzlich sah ich die Kirche auf Dachhöhe von einer Schar von Engeln umgeben, wie auf einem Dia.» Dieses und ein weiteres Erlebnis hätten dazu geführt, dass er heute Pfarrer sei.
Reste aus der Militärküche
Peter Schulthess bezeichnet sich als einfachen Theologen. «Ich bin in Uster zusammen mit fünf Geschwistern unter sehr, sehr bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen. Wir haben die Reste aus der Militärküche geholt: Kakao, Reis, Hackfleisch – das waren Festessen für uns.» In dieser Not hätten seine Eltern zum Glauben an Jesus Christus gefunden; durch Christen, die ganz praktische Hilfe geleistet hätten. Später habe sich Peter Schulthess den «Jesus People» angeschlossen, einer Gegenbewegung zur 68-Revolution. «Wir trugen ebenfalls lange Haare, aber unsere Droge hiess Jesus.» Echten «Stoff» habe er nie angefasst, erklärt Peter Schulthess und ergänzt verschmitzt: «Mich haben die schönen Frauen mehr interessiert, und die wollte ich mit klaren Augen sehen.»
Wetter-Glück
Nicht immer klar, aber regenfrei blieb der Himmel während der Aufzeichnung des Talks. Glücklich darüber, meinte der Moderator abschliessend: «Herr Schulthess, Sie haben vor der Sendung bei Petrus bestimmt ein gutes Wort für uns eingelegt.» Der Pfarrer winkte ab und bewies erneut Humor: «Oh nein, das habe ich schön bleiben lassen. Wissen Sie, der da oben ist ziemlich durcheinander. Die Hochzeitsleute wollen Sonne, die Bauern Regen, da misch ich mich nicht auch noch ein.»
Datum: 08.08.2013
Autor: Manuela Herzog
Quelle: Livenet