Buch von Wolfgang Bittner

"Kirche – das sind wir!"

Und wer ist "wir"? Ein Mitarbeiterkreis, die Hauptamtlichen oder irgendwie halt doch alle? Wolfgang Bittner bleibt in seinem neuen kleinen Buch die Antwort darauf nicht schuldig: Kirche, das ist die bunte Schar derer, die sich nicht länger einfach betreuen lässt, sondern die sich aus eigener Überzeugung beteiligt.
Bittner

In einem Vortrag habe er dazu einmal frei seine Gedanken geäussert. Sie stiessen nicht nur auf Gegenliebe. "Wir schliessen niemand aus", habe ihm eine Synoden-Präsidentin empört entgegengehalten. Seine Antwort konnte er damals nicht anbringen. Sie hätte gelautet: "Mit welchem Recht schliessen Sie mich denn in Ihre Kirche ein, ohne mich vorher zu fragen, ob ich das überhaupt will?"

Bittner, langjähriger Pfarrer im Kanton Aargau und jetzt in der Weiterbildung der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg tätig, drückt damit aus, wie sich viele Zeitgenossen verstehen: als kritische Randsiedler. Kirche ist ihnen schon lange nicht mehr selbstverständlich, sondern muss sich die Frage gefallen lassen: "Was bringt die Kirche mir?" Ja, was bringt sie? Dasselbe wie in den ersten Jahrhunderten: zunächst wenig Attraktives. "Wer sich unterhalten lassen wollte, der hatte genügend Gelegenheit dazu. Wer jedoch die zunehmende Sinnlosigkeit durchschaute ..., der suchte nach Menschen, deren Leben von Sinn geprägt war. Und der fand über kurz oder lang zu den Christen." Menschen, die neu zu leben angefangen hatten, und Gemeinschaften, in denen man miteinander feierte und einander beistand. Irgendwo, so Bittners Aufruf, irgendwo muss das auch heute wieder deutlich werden.

Aber dem stünden ganz massive Widerstände im Weg, allen voran die "Delegationsspirale". Die Institution Kirche hat sich aufs Betreuen verlegt – und ihre Mitglieder aufs Betreutwerden. Eine Schar Hauptamtlicher sei mit einem Mal zuständig fürs Christsein; wie eine Familie, die sich ihren Hausangestellten leistet, der nun für sie putzt, kocht, bügelt usf. Und der freut sich über sein Aus- und Einkommen, über etwas Anerkennung und dass er ja gebraucht wird. "Das System befriedigt alle. Warum also sollte es falsch sein?" Nur, was ist, wenn dieser Angestellte ausschert? "Statt Essen gibt es einen Kochkurs, statt Waschen gibt es eine Anleitung zum Bedienen der Waschmaschine, ..." Die Hauptamtlichen als Ausbilder für andere: damit die ihre eigene Aufgabe wahrnehmen, die so niemand machen könnte!

Dafür braucht es ein Umdenken auf beiden Seiten. Die Gemeinden müssen Idealbilder von Pfarrgestalten loslassen. Vielleicht hat es sie ja durchaus gegeben. Nur: "Die Bilder werden dadurch nicht wahrer." Und diese Gestalten selbst müssen bereit sein, in die zweite Reihe zurückzutreten, als Anstifter zum eigenen Glauben und Dienen von denen, die tatsächlich "noch Gemeinde sein wollen". Denn in der wird zentral Gott angebetet und erlebt, es wird in einem weiteren Kreis miteinander gelebt und zum dritten nach aussen hin gedient. – "Wer ist dabei?", möchte man spontan ausrufen.

Das Buch:
Wolfgang Bittner: Kirche, das sind wir! Von der Betreuungs- zur Beteiligungskirche, Aussaat-Verlag 2003, 128 S., 18,90 Fr.
Bestelllink: www.shop.livenet.ch/index.html?nr=155296&k=2&f=0

Autor: Pfr. Lothar Mack

Datum: 22.06.2004
Quelle: Livenet.ch

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