Der Romanheld von Joanne K. Rowling verkörpere "nicht die Macht des Erfolgs, sondern die Demut der Selbsthingabe", urteilt der Literaturkritiker Paolo Gulisano, der sich in Italien unter anderem mit umfangreichen Kommentaren zu Tolkiens "Herr der Ringe" einen Namen machte. Harry Potter erscheine als Inbild eines Menschen, "der einem Ziel folgt, das ihn übersteigt". Der Florentiner Literaturwissenschaftler Edoardo Rialti beschreibt den Zauberlehrling hingegen als einen falschen Helden, der von den Irrlehren der Gnosis (gefährliche Konkurrenzbewegung zum Christentum in der Antike; Red.) geprägt sei. Rialti kritisiert an den sieben Romanen die Idealisierung von Zauberei und die Manipulation von Dingen und Menschen dank okkultem Wissen. Darin komme "die alte gnostische Versuchung" zum Vorschein, schreibt Rialti, der ebenfalls Tolkien-Experte ist. In "Harry Potter" fielen wie bei der Gnosis Rettung und Wahrheit mit einem Geheimwissen in eins. Deshalb seien auch in Rowlings Romanzyklus, obwohl er reich an christlichen Werten sei, diese von ihrer "wahren Quelle" abgelöst. Gulisano sieht es anders: Rowling vermittle ihren jungen Lesern "die Wahrheit des Guten, an das sie glaubt", ohne dabei den moralischen Zeigefinger zu heben. Ihre Romane unterstrichen, dass "der mühelose Erfolg, Reichtum, ewiges Leben auf dieser Welt nichts sind, nur Illusionen", schreibt Gulisano. "Das, was wirklich zählt, sind Engagement, Freundschaft, Liebe."Kritik: Harry Potter folgt gnostischem Denken
Datum: 18.01.2008
Quelle: Kipa