«Zur Liebe befreit»
Die Holzkunst von Erwin Würth ist einerseits ein Protest gegen die Mentalität der Wegwerfgesellschaft und zugleich Wegweisung, wie man verantwortlich mit der Schöpfung umgehen sollte.
«Neues Leben»
Künstler ist Erwin Würth nur im Nebenberuf. Vier Tage in der Woche arbeitet er als Leiter einer Holzwerkstatt für psychisch Kranke in Pirmasens. Doch sein Herz schlägt für die Kunst. Denn mit seinen Holzarbeiten kann er zeigen, was ihn bewegt: sein Glaube an Gott. Wenn er seine Werke erläutert – bei Ausstellungen in Kirchen, Gemeindehäusern, Banken oder Galerien –, spricht der sonst eher ruhige Mann leidenschaftlich über das Wunder der Schöpfung und die christliche Auferstehungshoffnung. Entsprechend lautet sein Motto: «Zu neuem Leben».
Am Anfang stand Strandholz
Bei einem Urlaub 1991 in Dänemark entdeckt er sein Talent. Vor allem das am Strand angeschwemmte Holz fasziniert ihn. Begeistert sammelt er die ausgewaschenen Holzstücke, ordnet sie an – und erkennt vor seinem «inneren Auge» plötzlich eine Möwe, ein Kreuz, eine Stadtansicht. Er erkennt: wenn ich totes Holz, gestrandetes Holz zusammensetze, kann daraus etwas Lebendiges werden. «So wie ich als Mensch in Gott zu neuem Leben finde, so darf ich weggeworfenes Strandgut zu neuem Leben erwecken.»
Diese Gabe sieht er bald als Geschenk Gottes an. Er sucht auch im Wald nach geeignetem Material. Wurzeln, Astverzweigungen und Baumstämme mit kranken Wucherungen haben es ihm besonders angetan. Er sieht die Stücke an – und weiss intuitiv, was er aus ihnen herausholen kann: Engel, Altarschmuck, Tiere. Fasziniert ist er auch von Weinstöcken und ihren Wurzeln. Er macht aus ihnen Gestalten wie Musiker oder Feiernde, die er dann biblischen Geschichten rund um den Wein zuordnet.
Gleichnis für Gottes Liebe
Mehrere Ausstellungsserien sind in den letzten zwei Jahrzehnten unter Würths Händen entstanden. «Gott schreibt Geschichte mit den Menschen» heisst beispielsweise ein Projekt mit 17 Holzobjekten, die 2000 Jahre Christentum lebendig werden lassen. Beeindruckend ist auch der Werkzyklus «Zur Liebe befreit» – hier stellt Würth das Leben des Ordensgründers Franz von Assisi nach.
Sieben Bücher sind über sein Werk bislang erschienen; zu einigen hat seine Frau Petra Texte beigesteuert. Besonders freut sich Erwin Würth, dass sich auch viele Nichtchristen für seine Kunst interessieren – wegen ihrer tröstlichen Botschaft. Das Weggeworfene, das Unnütze, das Alte erhält unter seinen Händen einen Wert. Der Künstler sieht darin ein Gleichnis für Gottes Liebe zu den Menschen: «Bei Gott sind wir wertvoll – egal wie krank oder überflüssig wir uns fühlen», ist Würth überzeugt.
«Ich bin geliebt»
In einem Radiointerview sagte er dazu: «Es gibt nichts, was nicht noch einen Wert hat. Es gibt so viele Dinge in unserer Schöpfung, die wir achtlos wegtun, da stecken aber so viel Schätze drin, man muss es nur mit der richtigen Liebe betrachten und ich denke, es kommt immer auf den richtigen Blickwinkel an. Gott sieht uns in einer unheimlichen Liebe an, ob wir jetzt der schlimmste Verbrecher oder egal – ich bin trotzdem geliebt von Gott.
Ich bin mit meinen Fehlern und Schwächen von Gott geliebt so wie ich bin – das war für mich dieses Highlight. Weil ich nämlich keinen hohen Schulabschluss hab, weil ich ein Legastheniker bin. Und da hat man als Jugendlicher schon seine Probleme und seine Ängste. Und dann plötzlich gesagt zu kriegen: du bist geliebt mit all deinen Fehlern und Schwächen, das war für mich der Punkt, wo ich gesagt hab: Das ist es!»
Würth schliesst daraus: «Wenn ich für mich begriffen habe, dass Gott mich liebt mit meinen Fehlern und Schwächen mit meinen Leidenschaften, dann kann ich gar nicht mehr anders als auch zu lieben.»
Datum: 24.11.2011
Autor: Bruno Graber
Quelle: Jesus.ch / Idea.de / SWR