Was steckt hinter Israels Öffnung zu seiner Muslim-Umwelt?
Zur Zeit gastiert das internationale jüdische «Klezmer-Orchester» in vielen europäischen Städten und bald auch in der Schweiz. Auf dem Programm haben die in der Mehrzahl moldawischen Musiker und Sänger neben der eigentlichen Festtagsmusik der aschkenasischen «Klezmorin» auch Psalmen und hebräische Gebete um Frieden. Die Sensation sind aber drei arabische Musiker in der ersten Reihe, die aus Syrien fliehen mussten. Und ihre Lieder singt der jüdische Chor auf Arabisch mit.
So ein jüdisch-arabischer Zusammenklang wäre vor kurzem noch undenkbar gewesen. Heute passt er aber gut in den Kontext der Öffnung Israels zu seiner Muslim-Unwelt: so zum Besuch von Premier Benjamin Netanyahu im Sultanat Oman und zu den immer engeren Beziehungen Jerusalems mit dem Golfkönigreich Bahrain.
Zionismus war zuerst Araber-freundlich
Die zionistische Heimkehrbewegung war in ihren Anfängen ganz und gar nicht Araber- oder Muslim-feindlich. Sie wollte das unter 400-jähriger türkischer Herrschaft heruntergewirtschaftete Palästina durch eine Zusammenarbeit der jüdischen Einwanderer, der «Olim», mit den ansässigen arabischen Muslimen und Christen zu einem «blühenden Garten» machen. Nur eine Minderheit sah in den «Palästinensern» nach nordamerikanischem Beispiel eine Art Indianer, die es zurückzudrängen galt. Einige wenige Zionisten waren überhaupt der Meinung, dass das «Land ihrer Väter» so gut wie menschenleer wäre.
Jedenfalls entwickelte sich auch vor Ort das Verhältnis der eingetroffenen Israelis zu den Palästinensern durchaus gutnachbarlich, ja freundschaftlich. Erst zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg begannen radikale Muslimführer gegen die «Importjuden» zu hetzen, die Rolle des Grossmuftis von Jerusalem an der Seite Hitlers tat ein Weiteres, um die Atmosphäre zu vergiften.
Seitdem war das israelisch-arabische bzw. -muslimische Verhältnis fast nur mehr von Kriegen und Unruhen gekennzeichnet. Einzige Ausnahme blieb der ägyptisch-israelische Frieden durch Sadat und Begin. Ihm hat sich aber seitdem nur Jordanien angeschlossen.
Zwei Sonderfälle
Die beiden Staaten, zwischen denen und Israel jetzt ein Tauwetter zu begrüssen ist, stellen in der islamischen Welt Sonderfälle dar. Das Sultanat Oman war einmal eine Seefahrer- und Handelsgrossmacht am Indischen Ozean, ausgedehnt über dessen westliche Küsten von heute iranischen Häfen bis nach Tansania hinunter. Dem entsprach auch seine kosmopolitische Grundhaltung sowie eine besondere Spielart des Islams, der Ibadismus. Dieser ermöglichte in der Hauptstadt Maskat einst portugiesische Kathedralen und heute christliche Kirchen-«Compounds». Auch in Richtung Judentum war es kein Zufall, dass Netanyahu als erstes arabisches Land Oman besuchen konnte.
Judenfreundliches Bahrain
In Bahrain ist es noch nicht so weit, doch sind erste Annäherungen schon gut gediehen. Das schiitische Bahrain vor der Küste des radikal sunnitischen Wahhabitenstaates Saudi-Arabien hatte seine alte jüdische Minderheit nicht wie andere arabische Länder aus Feindschaft zu Israel vertrieben. König Hamad bin Issa aus der Dynastie Chalifa machte sogar 2008 die Jüdin Hoda Ezra Nonu zu seiner Botschafterin in den USA. Es dauerte allerdings ein Jahrzehnt, bis aus diesem mutigen Schritt die heutige bahrainisch-israelische Freundschaft heranreifte.
Sicher sind Oman und Bahrain im israelisch-muslimischen Gesamtverhältnis bisher Einzelfälle. Politisch versierte – und gläubige – Israelis sehen darin jedoch Ansatzpunkte für eine breitere Aussöhnung und die Erfüllung messianischer Erwartungen.
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Datum: 31.01.2019
Autor: Heinz Gstrein / Fritz Imhof
Quelle: Livenet