«Bis bald, geliebter Timon»

Tief bewegende Trauerfeier für verunfallte Adelbodner

Betroffenheit herrscht in der Schweiz: Sechs junge Menschen aus Adelboden werden in Schweden aus dem Leben gerissen. Die Trauerfeier wurde nun in Frutigen in der «Widi»-Halle durchgeführt, weil in Adelboden kein Ort vorhanden war, der die Massen an Trauernden hätte aufnehmen können. Das Medienecho war ebenfalls gross.
Trauerfeier in der «Widi»-Halle in Frutigen
Kerzen beleuchten die Fotos der Todesopfer
Regierungsrat Pierre-Alain Schnegg
Die Grablegung fand nur im engsten Familien- und Freundeskreis statt

Mitte Januar kamen sechs junge Männer bei einem Unfall im Norden von Schweden ums Leben. Die meisten von ihnen stammen aus christlichen Gemeinden aus dem Berner Oberland.

Über 2'000 Gäste an Trauerfeier

Gleich von Beginn weg war die Solidarität in den Adelbodner Freikirchen gross. Pastoren und Seelsorger waren für die Angehörigen da und an einem gemeindeübergreifenden Jugendabend wurde an verschiedenen Posten den Freunden gedacht. Taschentücher wurden in einen Krug gesteckt, in Anlehnung an die Worte in Psalm 56: «Sammle meine Tränen in deinen Krug; ohne Zweifel, du zählst sie.»

Bei der Abdankungsfeier vor mehr als 2'000 Trauernden schwang nun ebenfalls Trost mit: In all den Erinnerungen von Freunden und Angehörigen schwang die Hoffnung und auch das Vertrauen mit, dass die Verstorbenen nun bei Gott seien und es im Himmel ein Wiedersehen geben werde. «Bis gly», verabschiedete sich jemand von einem Angehörigen und Freund.

«Natürlichkeit, die ansteckend war»

Vor dem Saal waren von Kerzen beleuchtete Fotos der sechs Todesopfer aufgestellt. Ein grosses Holzkreuz schmückte die Szenerie. Das Schweizer Fernsehen SRF spricht von einer «liebe- und würdevollen Abdankungsfeier, in der sich Angehörige und Bekannte der Verstorbenen an die sechs jungen Männer erinnerten. Immer zu zweit traten sie ans Mikrofon und erzählten aus dem Leben der Verstorbenen, allesamt lebensfrohe, junge Männer, die gerne in der Natur waren, Humor hatten und zum Glauben gefunden hatten.»

Im Gespräch mit «SRF» sagt Simon Beer von der «Gemeinde für Christus»: «Es waren junge Menschen, die mitten im Leben gestanden sind, die das Leben gern hatten, die ihren Glauben gelebt hatten, dies in einer Natürlichkeit, die ansteckend war.» Auch die Frage nach dem «Warum?» sei präsent. «Darauf wolle man nicht einfach eine billige Antwort geben.» Es sei nicht klar, ob man auf dieser Erde je eine haben werde. «Davor stehen wir still, wir wollen nicht billige Antworten geben.» Die Tragödie habe die Gemeinde zusammengeschweisst.

«Getragen auf Adlers Flügeln»

Zu den Mitgliedern der «Gemeinde für Christus» gehört der Berner Regierungsrat Pierre-Alain Schnegg. Er sagte: «Der grauenhafte Unfall rüttelt uns im Tiefsten auf und konfrontiert uns unvermittelt mit der Ewigkeit.» Ein solches Ereignis fordere heraus, sich den fundamentalen Fragen zu stellen. «Niemand kann verstehen, warum ein solches Unglück passieren musste. Wir sind fassungslos. Entsetzt. Wütend. Oder sogar empört.» Und weiter hielt er fest: «Möge Gott, der Allmächtige, unser Tröster und unsere Zuflucht sein.»

«Getragen auf Adlers Flügeln bis hinein in die Ewigkeit», sang ein grosser Chor zu Beginn der Feier, berichtet «20 Minuten» – und weiter: «Während des Gottesdiensts wurde immer wieder gesungen – jede der Opferfamilien hatte ein Lied ausgesucht.» Für einen besonders emotionalen Moment sorgte eine Mutter, als sie sich unter Tränen von ihrem Sohn verabschiedete: «Bis bald, geliebter Timon», berichtet «20 Minuten» weiter.

«Farbiges, lebendiges Christentum»

«Wir haben eine Sauna gebaut, gefischt und den Schweizern am Weltcup in Oslo zugejubelt», hatten die jungen Oberländer während ihrer Reise den Angehörigen berichtet. Und sie hatten das Polarlicht gesehen.

Die Lapplandreise habe ihnen Kraft gegeben, sagte Prediger Jürg Hostettler gegenüber «bluewin.ch». Er sprach von gelebter Jüngerschaft, die die Freunde gepflegt hätten. «Die jungen Männern, mit ihren zum Teil wilden Hobbys, Macken und Ecken zeugten von einem farbigen, lebendigen und mutigen Christentum in einer Zeit, wo der christliche Glaube oft als grau und traurig beschrieben werde.»

Zum Thema:
Den kennenlernen, der die Tränen trocknet
Nach der Tragödie: Beispielhafte Solidarität der Adelbodner Freikirchen

Datum: 31.01.2019
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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