Andrea Vonlanthen: „Die Expo.02 wird die Gestalt und die Geschichte der Schweiz in diesem Jahrhundert nachhaltig prägen“, schreibt Expo-Chef Franz Steinegger. Ein sehr grosses Wort... Welches Schweiz-Bild will die Expo vermitteln? Gewagte Projekte und mitten drin die Kirchen mit ihrem verstaubten Image. Was soll ihr Auftritt? Die christlichen Kirchen und Verbände haben sich im Verein ESE.02 zusammengeschlossen. Wer ist dabei? Was will der Verein? Wie spielt die Zusammenarbeit? Wie sieht der kirchliche Beitrag konkret aus? - Das Projekt „Un ange passe, sieben Räume des Glaubens“, eine feste Ausstellung in Murten dem See entlang. Über sieben „Himmel“ werden in sieben Hüttchen kleine Ausstellungen gezeigt. Es ist ein Projekt der Expo. Aber die Kirchen gestalten es mit. - „Event“ an Pfingsten: 120 Chöre werden auf den vier verschiedenen Arteplages auftreten und von Ort zu Ort ziehen. Den Abschluss bildet eine gemeinsame Vesperfeier. - „Event“ am Bettag: Unter dem Stichwort „Starpeople“ soll es zu Begegnungen zwischen Stars aus Showbusiness, Sport oder Kunst sowie den wirklichen Stars des Lebens, wie Diakonissen oder Missionaren, kommen. Am Morgen ist ein gemeinsamer Gottesdienst aller christlichen Kirchen geplant. „Un ange passe, sieben Räume des Glaubens“ (ein Engel geht vorbei): Was steckt dahinter? Also eine religiöse Kunstausstellung? Das tönt schon ein bisschen esoterisch... Was sollen diese „Himmel“ bewirken? Das Chorfestival an Pfingsten: Ein geistlicher oder doch eher ein folkloristischer Anlass? Was wird kirchlich rund um die Arteplages von Biel, Murten, Neuenburg und Yverdon geboten? Im Juli gibts auch eine Woche der fünf Weltreligionen: Eine Konzession an die multikulturelle Gesellschaft? Was kostet die Kirchen das Expo-Engagement? Was erwarten sie als Christ vom ganzen kirchlichen Engagement? Wird die Schweiz nach der Expo ein bisschen „christlicher“ sein? Beim Projekt „Un Ange passe“ wird die Frage gestellt „Wer bist du für Gott?“. Was schreiben sie auf den Antwort-Talon? Und wie sieht Gott wohl die Expo?
Fritz Herrli: Sicher ein hoher Anspruch! Die Expo ist wohl zu vielfältig, um in eine bestimmte Richtung prägend wirken zu können. Aber die Diskussionen über all die starken Bilder und Symbole, die gezeigt werden, könnten nachhal-tig wirken.
Wenn ich an die vielen Projekte denke, sehe ich dahinter das Bild einer offenen, dialogfähigen, kreativen, auch selbstkritischen Schweiz, die sich den Problemen der heutigen Zeit stellt. Die Expo mit ihren gewagten Projekten ist keine Leistungsschau, sondern eine Chance, um über sich selber nachzudenken.
Die Kirchen stehen vor einer besonderen Herausforderung! Ihre ersten Vorschläge waren ja von der Expo-Leitung abgelehnt worden. Wenn ich ganz ehrlich bin, muss ich sagen, dass wir zu kirchlich dachten und das spezielle Umfeld zu wenig berücksichtigt haben. Jetzt geht es darum, zu zeigen, dass die Kirchen den modernen Stil ertragen und einen eigenständigen Beitrag leisten können.
Es gehören alle christlichen Kirchen dazu, inklusive mehrere orthodoxe Kirchen und die Freikirchen. Nicht dabei sind nur die klassischen Sekten wie die Zeugen Jehovas oder die Mormonen. Doch die Breite dieses Vereins ist bisher einmalig.
Wir wollen an der Expo Präsenz markieren und ein gemeinsames christliches Zeugnis ablegen.
Hochinteressant! Wir haben einen grossen Prozess hinter uns. Es war zum Beispiel eindrücklich zu erleben, wie ein Pfingstler und der katholische Bischof gemeinsam für christozentrische Aussagen kämpften. Es erstaunt mich, wie stark das Evangelium im Zentrum steht - trotz aller Verschiedenheiten.
Es sind drei Bestandteile:
Es geht um sieben wichtige Themen zum Leben und Glauben, wie Schöpfung, Wort oder Wunder. Jedem Thema wurde ein Raum oder „Himmel“ zugeordnet, in dem das Thema von einem Künstler dargestellt wird.
Durchaus, aber es sind nicht Bilder, sondern Installationen. Da gibt es zum Beispiel sieben schreiende gelbe Esel in einer schönen Landschaft. Es ist dies der „Himmel der Schöpfung“. Die sieben Esel symbolisieren Römer 8: die Schöpfung, die nach Erlösung schreit.
Bei einer symbolischen Umsetzung stellt sich immer die Frage nach der Sicht des Betrachters. Ein Symbol an sich leistet der Esoterik noch nicht Vorschub. Zentral ist die Bemühung, Inhalte des christlichen Glaubens darzustellen. Dazu gibt es teilweise begleitende Informationen mit klaren biblischen Aussagen.
Sie sollen in erster Linie Fragen auslösen und die Leute nachdenklich machen. Zum Teil werden sie dazu auch interaktiv herausgefordert. Im „Himmel der guten Nachricht“ heisst die Frage zum Beispiel „Wer bist du für Gott?“. In jedem „Himmel“ sind Personen anwesend, um Fragen zu beantworten.
Beides! Jodler, Männerchöre, Gospelchöre, gregorianische Chöre - die Vielfalt wird gross sein. Jeder Chor singt zentrale Lieder des Glaubens. Und jeder Chor hat einen Begleiter, der eine Brücke zum Publikum bildet.
An jedem Ort wurden lokale kirchliche Vereine gebildet, die ein grosses Angebot vorbereiten. Überall gibt es Orte der Stille, Gottesdienste, Vorträge, Konzerte und auch soziale Angebote. In Biel gibt es zum Beispiel ein Betreuungsangebot für Mitarbeitende, an einem anderen Ort hörte ich von einer grossen Kinderhüte.
Es gibt auch ein Haus der Religionen und andere Projekte, in denen die verschiedenen Religionen einbezogen sind. Die Expo soll ein Abbild der Realität sein. Es gibt nun einmal in der Schweiz mehr Muslime als Freikirchler!
Das Kostendach für alle drei Projekte beträgt total 2 Millionen Franken. Dazu kommen Betriebskosten des Vereins ESE.02, der 1996 gegründet wurde, von etwa 200000 Franken jährlich. „Un Ange passe“ kostet 4,5 Millionen, doch die Kirchen bezahlen nur eine Million daran. Den Rest übernimmt die Expo. Die Freikirchen beteiligen sich an diesem Projekt finanziell nicht, weil sie lange einige Bedenken hatten. Für die ganze Finanzierung gibt es einen Verteilschlüssel. Die beiden Landeskirchen tragen gegen 90 Prozent der Kosten.
Spannende Begegnungen! Und zwar einerseits mit Leuten aus dem kirchlichen Umfeld und anderseits mit einem entkirchlichten Publikum. Gerade von Christen erwarte ich eine offene Auseinandersetzung mit der Expo und positive Rückwirkungen auf ihre Gemeinden.
Ich hoffe es! Ich hoffe, dass viele Schweizer offener werden für das Angebot der Kirchen und für das Evangelium.
Ich bin der von Gott geliebte Lümmel von der zweitletzten Bank!
Möglicherweise wie es Salomo sagt: „Ein eitles Haschen nach Wind...“ Darum sind wir als Kirchen dabei: dass mehr aus der Expo wird!
Datum: 14.05.2002
Autor: Andrea Vonlanthen
Quelle: Chrischona Magazin