Gewaltfilme und Propaganda – im Islam und in den USA
Technisch versierte Mitglieder von Al Kaida und ähnlich orientierten Gruppen modifizieren kommerzielle Computer- und Videospiele. In den neuen Versionen müssen US-amerikanische Truppen in die Rolle der zu besiegenden Gegner schlüpfen, die sich mit schwerbewaffneten radikalen Islamisten tödliche Duelle liefern. Darauf wies kürzlich das amerikanische Verteidigungsministerium die Kongress-Mitglieder hin.
Kampf den Kreuzrittern
Diese „Spiele“ sind auf fundamentalistischen Webseiten zu finden und sollen vor allem Jugendliche für den Guerilla-Kampf begeistern. «Battlefield 2» beispielsweise hat eine offene Struktur. Die Spieler können ohne weiteres eigene Ideen einbringen und das Programm modifizieren. Eine Variante zeigt Araber, die sich gegen einmarschierende US-Truppen zur Wehr setzten. Dazu passend, sind Original-Einspielungen von „Kreuzzugs“-Zitaten des amerikanischen Präsidenten, negative Äusserungen amerikanischer Prediger über den Islam und Fotos von gefallenen US-Soldaten auf den Seiten eingebaut.
Ein Panzer für 1400 Dollar
Die Islamisten drehen damit den Spiess um. Denn „normale“ Spiele und Hollywoodfilme verherrlichen die amerikanische Armee und liefern den Unterbau für die Kriegsziele ihrer Anführer. Captain Philip Strub ist eine Schlüsselfigur. Der Vietnam-Veteran hat im Pentagon den Posten eines Unterhaltungsbeauftragten. Wer für seinen Action-Film ungewöhnliche Requisiten sucht, ist bei ihm an der richtigen Adresse: U.S. Army, Office of the Chief of Public Affairs, 10880 Wilshire Boulevard, Suite 1250, Los Angeles California 90024-4101. Ein Abrams-Panzer ist dort für 1400 Dollar Tagesmiete zu haben; für «Black Hawk Dawn» wurden sogar 8 Hubschrauber, einige der besten Kampfpiloten und 100 Soldaten nach Marokko geschickt. Drei Millionen Dollar standen dann auf der Rechnung des Produzenten.
Die einzige Bedingung: der geplante Film muss „das Verständnis der Streitkräfte befördern“ und „dem nationalen Interesse dienen“. Dafür studiert Strub die Drehbücher und macht auch mal Vorschläge für Korrekturen. Das Abschiessen eines Schweins aus dem Helikopter war so eine. Diese Szene war in besagtem Streifen als besonderer Gag vorgesehen, fiel aber Strubs Rotstift zum Opfer.
Die Absichten im Hintergrund
Wohlgefallen fand das Pentagon dagegen an «Iron Eagle», denn dieser Streifen unterstützt den Mythos von der eigenen Unbesiegbarkeit, und an «Armageddon»: Dort tauchen derweil schon mal die Mini-Atombomben auf, an denen man im Verteidigungsministerium seit Jahren bastelt. – Die Masche ist nicht neu. Der erste „offizielle“ Kriegsfilm datiert aus dem Jahr 1920. Damals erhielt der Stummfilm «Wings» einen Oscar für seine realistische Darstellung der Luftschlachten im Ersten Weltkrieg. „Die Luftwaffe leistete in grossem Umfang Produktionshilfe“, erklärt der Unterhaltungs-Leutnant.
Dieses Engagement ist alles andere als eine selbstlose Filmförderung. Zwei Ziele werden damit verfolgt:
1. Geschichtsklitterung
Der Einsatz im Somalia 1993 endete für die Armee mit einem Desaster. 19 Soldaten kamen ums Leben, und der Abzug der Einheiten war alles andere als rühmlich. «Black Hawk Dawn» korrigiert das: Elitesoldaten beschwören den Kampfgeist der Truppe. In «We were soldiers», einem Vietnam-Epos mit Mel Gbison würden endlich auch „die positiven Eigenschaften unserer Streitkräfte“ gezeigt. Insofern sei dieser Film „als Korrektiv wesentlich und erlösend“, schwärmt Strub. – Der Übergang zur Propagandalüge ist fliessend.
2. Nachwuchs-Rekrutierung
Das amerikanische Militär ist auf Freiwillige angewiesen. Die muss man anwerben. Ein positives Image der Armee macht diese Arbeit leichter. Da verwundert es nicht, wenn bei «Top Gun» Werber der Armee sogar mit in den Kinos sitzen und anschliessend gezielt die Zuschauer zugehen. Wenn George W. Bush davon spricht, dass der „Krieg gegen den Terrorismus“ in etwa 60 Ländern geführt werden müsse, dann ist es sicher hilfreich, wenn die jungen Leute im voraus darauf eingestimmt werden. „Komm' zur Army, da kannst du das alles in der Realität erleben!“ heisst es im Abspann eines Videospiels, das die US-Armee vor vier Jahren gezielt in Umlauf brachte.
Wer wollte da mit dem Finger auf Islamisten zeigen, wenn die nun ihrerseits „spielerisch“ fürs Töten rekrutieren.
Weiterführende Links:
Die Army ist käuflich
Ein eingespieltes Team
Datum: 13.05.2006
Quelle: Livenet.ch