Das weite Spektrum «christlicher» Meinungen
Wie lautet die christliche Position zur Armeefrage, zur AKW-Ausstiegsdebatte, zur Abtreibungsfinanzierung, zur Einwanderung, zur Familie oder zur Entwicklungshilfe? Für viele Christen sind die Positionen klar, wenn man aber christliche Politikerinnen und Politiker quer durch die Parteien fragt, treten aber erstaunliche Unterschiede zutage.
Das idea Spektrum hat in seiner Ausgabe 35/11 neun Kandidierende und Amtsträger für und aus dem Nationalrat, die regelmässig Kolumnen für das Heft schreiben, zu diesen Themen befragt.
AKW abschalten, ja aber
Zum Beispiel zur AKW-Ausstiegsfrage. Bei dieser Frage ist die Position am einheitlichsten, denn für alle neun wäre der Ausstieg zumindest wünschenswert. «So schnell wie möglich», meint Eric Nussbaumer, Nationalrat SP. Marianne Streiff, Nationalrätin EVP, möchte zumindest Mühleberg sofort abstellen. Brigitte Häberli, Nationalrätin CVP, tritt für einen schrittweisen, mittelfristigen Ausstieg ein.
Armee und Entwicklungshilfe
Grosse Meinungsunterschiede zeigen sich aber bei der Armeefrage. Auf den wünschbaren Stand befragt, treten Daniel Albietz, Nationalratskandidat der CVP, Hans-Ulrich Bigler, NR-Kandidat FDP und Nationalrat Jean-Pierre Graber (SVP) für 120'000 Mann ein. Für Brigitte Häberli, Maja Ingold und Marianne Streif (Nationalrätinnen der EVP) sowie Marc Jost (NR-Kandidat EVP) würden 100'000 Mann genügen.
Radikal in dieser Frage ist Eric Nussbaumer. Er plädiert für eine Verkleinerung der Armee auf 50'000 Mann und eine Reduktion des Budgets auf 3,5 Milliarden ein. Auf diesen Betrag möchte er umgekehrt das Entwicklungshilfebudget erhöhen! Für eine Erhöhung der Entwicklungshilfe setzen sich auch Marc Jost und Maja Ingold ein sowie Marianne Streiff (0.7% des BIP), während die andern zurückhaltend oder ablehnend sind.
Zuwanderung einschränken?
Tolerant ist Nussbaumer auch bei der Zuwanderungsfrage, denn ohne Zuwanderer wäre die Schweiz nicht so wohlhabend. Für eine offene Haltung, allenfalls den Einsatz der vorhandenen Mittel wie der Ventilklausel, sind Daniel Albietz, Hans-Ulrich Bigler, Brigitte Häberli, Maja Ingold und Marc Jost. Grossen Handlungsbedarf sehen lediglich Andreas Brönnimann und Jean-Pierre Graber.
Familien fördern
Gemeinsam ist allen das Anliegen der Stärkung der Familie, wenn sie auch andere Mittel dafür einsetzen wollen. Daniel Albietz und Brigitte Häberli von der CVP wollen die Heiratsstrafe abschaffen, die Mittelstandsfamilien entlasten, Kinderzulagen von den Steuern befreien und die Krankenkassenprämien für die Kinder abschaffen.
Andreas Brönnimann befürwortet vor allem steuerliche Entlastungen der Familien, Jean-Pierre Graber höhere Kinderzulagen. Die EVP-Nationalrätinnen Maja Ingold und Marianne Streiff befürworten einen Elternurlaub, eine Entschädigung für Ferienablösung wenn Angehörige gepflegt werden, höhere Kinderzulagen und Steuerentlastungen für Familien, die ihre Kinder selbst betreuen.
Marc Jost will auch die Pflege-Elternschaft fördern. Eric Nussbaumer tritt für finanziell tragbare Kinderkrippen für Familien ein, wo beide Eltern arbeiten müssen, um die Familie durchzubringen sowie für Ergänzungsleistungen für bedürftige Familien und die Förderung des genossenschaftlichen Wohnungsbaus.
Auf die Frage «Warum lieben Sie die Schweiz besonders?» lieferte Hans-Ulrich Bigler die kürzeste Antwort: «Sie ist meine Heimat.»
Datum: 01.09.2011
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Idea Spektrum Schweiz