Soviel du brauchst – wieviel denn?
Der EKD-Ratsvorsitzende, Nikolaus Schneider, erklärte auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, der Kirchentag sei «Kraftquelle und Kreativstätte zugleich» gewesen. Das Motto des Treffens «Soviel Du brauchst» (2. Mose 16,18) habe dazu geführt, «dass wir auf vielfältige Weise über das rechte Mass unserer Bedürfnisse nachgedacht haben». Die Pointe zur biblischen Geschichte hinter der Kirchentagslosung bestehe darin, dass sich die Gier und das Horten nicht lohnten: «Gott liess verderben, wenn im Übermass gehortet wurde.»
Der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Heinrich Bedford-Strohm, zeigte sich «begeistert» vom Kirchentag. Dort sei «die Lust am Christsein, am Glauben» spürbar gewesen. Zugleich seien die Fragen der Zeit angesprochen worden. Angesichts des friedlichen Miteinanders sagte der Bischof: «Christen brauchen keine Polizei. Das ist anders als bei Fussballspielen.» Der Landesbischof der gastgebenden Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, Gerhard Ulrich, sprach von einem «grossen Glaubensfest». Der Kirchentag habe einmal mehr gezeigt, «dass Kirche und Glauben immer politisch sind».
Evangelische Allianz sieht Licht und Schatten
Lob und Tadel äusserte der Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Präses Michael Diener. Besucher von Bibelarbeiten, Feierabendmahlen und Gottesdiensten hätten «einen reichen Schatz geistlicher Erfahrungen» mit nach Hause nehmen können. Das Vorurteil, beim Kirchentag gehe es «nur» oder «vor allem» um Politik, sei so falsch wie unausrottbar. Das Treffen trage «erheblich» dazu bei, gesellschaftliche Entwicklungen im Licht der christlichen Botschaft zu deuten: «Manches Mal zu (politisch) einseitig und insgesamt dennoch sachdienlich und wesentlich». So sei es in diesem Jahr «hervorragend» gelungen, das Thema «Inklusion» neben wirtschaftsethische Fragestellungen zu positionieren.
Warum wird nicht missionarisch zu Jesus Christus eingeladen?
Zugleich richtete Diener kritische Anfragen an das Treffen: «Warum verzichtet der Kirchentag darauf, in einem immer säkulareren und atheistischeren Umfeld missionarisch zu Jesus Christus einzuladen?» Die Verantwortlichen des Kirchentages müssten sich ferner «bei allem lobenswerten Einsatz für die Ausgestossenen und Stimmlosen» fragen lassen, warum Juden, die Jesus Christus als den Messias erkannt hätten, oder Befürworter eines uneingeschränkten Schutzes ungeborener Kinder unerwünscht seien. Als ein «echtes Skandalon» bezeichnete es der Präses, dass der Kirchentag Personen öffentlich Raum gebe, die polyamouröse Beziehungen – Liebesbeziehungen zu mehreren Partnern gleichzeitig – als christlich ethisch verantwortbar bezeichneten. Zugleich würden aber Beratungsangebote für Homosexuelle, «die ihre sexuelle Identität nicht finden können, von jeglicher Teilnahme» ausgegrenzt.
Methodistische Bischöfin: Freikirchen gehören dazu
Die Vizepräsidentin der Vereinigung Evangelischer Freikirchen und Bischöfin der Evangelisch-methodistischen Kirche, Rosemarie Wenner (Frankfurt am Main), äusserte die Hoffnung, dass das Thema des Kirchentages «Soviel Du brauchst» nachwirke: «Die verändernde Kraft des christlichen Glaubens ist dringend gefragt in unserem Land.» Die Schere zwischen Arm und Reich dürfe um Gottes und der Menschen willen nicht noch weiter auseinandergehen.
Datum: 07.05.2013
Quelle: idea