Champions League des Lebens?

Die Gemeinde sollte eine Sehschule sein

Markus Müller will zur negativ belasteten Diskussion über die «Alten» einen Kontrapunkt setzen. Er sagt: Das Beste kommt noch. Und dies nicht erst nach dem Tod!
«Champions League» im Fussball
Dr. phil Markus Müller
Buchcover von «Champions League des Lebens»

Im Livenet-Talk mit Florian Wüthrich erläutert der promovierte Heilpädagoge, Altersheimpfarrer und Buchautor, weshalb er für den letzten Altersabschnitt das überraschende und sportliche Bild von der «Champions League des Lebens» braucht.

Es liegt noch viel drin

Markus Müller wendet sich dezidiert gegen das Vorurteil, das Alter bedeute nur ein Abstieg. Denn die zufriedensten Menschen seien Menschen zwischen 65 und 75. Er lädt dazu ein, sich auf diese Abschnitt zu freuen. Aber auch in der Zeit nach 70 liege noch viel drin.

Ein Trainingscamp

Sportliche Fitness hilft, aber Müller warnt davor, sich darauf zu fixieren mit dem Ziel, möglichst mit 100 noch einen Marathon zu laufen und darauf zu trainieren wie ein Verrückter. Der Begriff «Champions League des Lebens» soll heissen, dass das Finale nicht schon mit 50 erreicht ist.

Wir werden sein, was wir waren

Die Weichen für unsere Befindlichkeit in der fortgeschrittenen Lebenszeit werden bereits in jungen Jahren gestellt, davon ist Müller überzeugt. Die Phase des Älterwerdens sei hoch spannend, beobachtet der Seelsorger im Gespräch mit älteren Menschen. Er hat daher dankbare und zufriedene Menschen über 90 gefragt, wie sie früher gelebt hätten und stellt uns die Frage: «Lasse ich mir von andern etwas sagen, oder weiss ich immer alles besser?» Denn Rechthaber und Besserwisser tun sich im Alter schwer, wie er immer wieder beobachtet. Das zeigt sich besonders dann, wenn die herausfordernde Phase des Älterwerdens eintritt.

Das Trainingscamp christliche Gemeinde

Von der christlichen Gemeinde erwartet er, dass sie die Menschen auf die Zeit als Senioren besser vorbereitet: «Ich bedauere manchmal, dass die Gemeinde nicht lebenspraktischer ausgerichtet ist.» Sie müsse Menschen helfen, einen Blick auf die Zukunft zu gewinnen. Denn: «Wer keine Zukunft hat, wird immer Probleme haben mit Niederlagen, Schwächen und abnehmenden Fähigkeiten.» Ihm schwebt eine Gemeinde als «Sehschule» vor: Für das, was vor dem Tod kommt, und danach.

Sackgasse Selbstbestimmung

Markus Müller macht öfter die Beobachtung: Wie ich das Leben gestalte, bestimme ich. Diese Zeitgeisthaltung komme immer mehr auch in den christlichen Gemeinden an. Wichtig sei aber, dass sich der Glaube im Leben bewährt. Daher müsse in den Gemeinde auch öfter über Schwächen und Niederlagen, und wie wir damit umgehen können, gesprochen werden. «Wer mit 50 nie etwas darüber gehört hat, wird es mit 75 schwer haben», prophezeit der Buchautor im Livenet-Talk.

Jeden Tag ein Tag jünger

Er rät dazu, den Blick zu drehen und sich klar zu machen, dass wir im Blick auf das Ende, das einer Neugeburt gleichkommt, immer jünger werden. Denn: «Alt werden heisst sehend werden», so Müller. In dieser Haltung falle es älteren Menschen auch leichter, loszulassen. Von Fähigkeiten, Möglichkeiten, Besitz... Müller beobachtet «viele glückliche Menschen im Heim, weil sie das Neue sehen», das auf sie zukommt. Sie haben erkannt: «Auch im körperlichen Leiden und im sozialen Schmerz kann man wissen: Das Beste und Schönste kommt noch.»

Zum Livenet-Talk:

 

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Datum: 01.04.2019
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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