Vor seinem Abflug nach Helsinki gab sich DJ Bobo noch sehr zuversichtlich: "Ich gehe nach Helsinki, um zu gewinnen." Der 39-Jährige Sänger René Baumann wusste als Realist, dass sein Vorhaben nicht leicht sein würde: "Ich habe grossen Respekt vor der Qualifikation. Dort unter die ersten zehn zu kommen, ist schwieriger, als danach im Final einen guten Rang zu erreichen." So kam es dann auch: Trotz seiner riesigen europaweiten Fangemeinde konnte er sich im Halbfinale mit seinem Dance-Song «Vampires Are Alive» nicht gegen die Konkurrenz durchsetzen. Dafür trumpfte Osteuropa gross auf: Neun der zehn qualifizierten Länder kommen aus dem Osten des Kontinents, nur die Türkei konnte dagegenhalten. Allerdings: Ich fürchte, dass DJ Bobo auch dann ausgeschieden wäre, wenn er vor einer neutralen Jury hätte auftreten müssen. Die Performance war zwar toll – viele Töne traf er jedoch nicht. Beim Eurovision Song Contest ist kein Playback erlaubt. Alle müssen live singen und dürfen den Gesang nicht ab Band einspielen. Weniger stimmgewaltige Sänger haben so aber Mühe, ein optimales Klangergebnis zu erreichen. Hat sich der Wirbel um sein Lied gelohnt? Die fast 50'000 Menschen in der Schweiz, die mit ihrer Unterschrift unter eine Petition gegen den Text protestierten, werden jetzt zufrieden sein, die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA) hat ihre Plakataktion durchgeführt und die EDU hat sich damit vor den Wahlen ins Gespräch gebracht. Und, trotz dem Scheitern: DJ Bobo hat dadurch in ganz Europa eine enorme Werbekampagne für seine nächste Tournee erhalten. Lauter Gewinner – oder Verlierer? In einem Communiqué der EDU zum Ausgang der Qualifikation in Helsinki steht: In den vergangenen Wochen sei der inhaltliche Wert (des Liedes) breit diskutiert worden. Diese Diskussion müsse weitergehen. Die EDU wünsche sich einen Dialog, der die eigenen Werte wieder in den Vordergrund rücke. Dann folgen gute Wünsche und gar Weisheiten: „Herrn Baumann, seiner Familie und der ganzen Truppe wünschen wir von Herzen alles Gute. Wertvoll im Leben und besonders im Misserfolg ist der Rückhalt in der Familie. Misserfolg führt auch zum Erfolg – nur ist der Weg etwas länger.“ Erfolgreich war er schon seit vielen Jahren, darauf muss er nicht warten. Kaum jemand würde DJ Bobo unterstellen, er habe diesen umstrittenen Text aus einer obskuren Einstellung heraus geschrieben. Vielmehr hatte er immer ein Gespür dafür, was dem Publikum gefallen könnte. Sein Geschäftssinn hat ihn so handeln lassen. Dieser Text – den ich auch daneben finde – hat ihm, wie es scheint, kein Glück gebracht. Ich finde jedoch, dass zu viele Leute wie Trittbrettfahrer auf das Thema aufgesprungen sind und es für ihre Zwecke instrumentalisiert haben. Ein unnötiger Wirbel im Vorfeld um einen schlussendlich gescheiterten Auftritt.
Datum: 11.05.2007
Autor: Bruno Graber
Quelle: Livenet.ch