Das Segel voll im Wind
Du bist mehrfache Schweizermeisterin im Surfen. Wie oft durftest du bisher den Titel in Empfang nehmen?
Seit 1999 jedes Jahr, wobei der Titel leider nur offiziell anerkannt wird, wenn mindestens 14 Teilnehmerinnen gemeldet sind. Das war eigentlich nur 1999 der Fall.
Und internationale Erfolge?
Bis Ende 2002 bin ich an internationalen Regatten gestartet.
Wo liegen sportlich gesehen deine Stärken und Schwächen?
Früher hatte ich für Schweizer Verhältnisse technisch einen sehr hohen Stand. Meine spezielle Stärke ist bestimmt der Start, bei dem es aufs perfekte Timing ankommt. Gewisse Defizite habe ich im physischen Bereich. Vor allem im Vergleich zu den Männern fehlt es mir einfach an Kraft. Dies kompensiere ich mit der Erfahrung, die ich aus internationalen Rennen gewonnen habe.
Wie viele Wettkämpfe bestreitest du pro Jahr und wie bereitest du dich auf ein Rennen vor?
Ich fahre noch alle Schweizer Regatten im Rahmen des TCS-Cups und den Engadin Surfmarathon. Die unmittelbare Vorbereitung hängt von der Windstärke ab. Bei heftigem Wind habe ich Respekt, weil dies noch grössere Anforderungen an die Kraft stellt. Gebet und Musik sind für mich ganz wichtige Faktoren in der Wettkampf-vorbereitung.
Dein grosses Ziel, die Olympiade in Athen 2004, hast du leider verpasst. Was hat das damals für dich bedeutet?
Der sportlich durchaus realistische Traum „Olympia" scheiterte an fehlenden finanziellen Mitteln. Der Entscheid, das Unterfangen abzubrechen, löste bei mir ein Wechselbad der Gefühle aus. Einerseits war da Erleichterung, weil damit ein grosser Druck von mir abfiel. Andererseits bleibt es ein unerfüllter Traum, der ab und zu noch heute Emotionen in mir weckt...
Im Sport liegen Erfolg und Misserfolg ja sehr nahe beisammen. Wie gehst du persönlich mit Niederlagen um?
Zuerst ist da ganz klar meine Beziehung zu Gott und die Gewissheit, dass ich in seiner Hand geborgen bin, dass ich in ihm Ruhe und Frieden habe. Ich weiss mich von ihm geliebt, egal, welche Leistungen ich erbringe. Das hilft mir, einen Sieg oder eine Niederlage in den richtigen Relationen zu sehen.
Dann ist da natürlich mein persönliches Umfeld, Familie und Freunde, die mich in schwierigen Situationen immer wieder ermutigen und aufrichten.
Was macht für dich ganz persönlich die Faszination des Surfens aus?
Es ist dieses Gefühl des „Fliegens", wenn in der Gleitphase nur noch die Finne des Brettes das Wasser berührt - ein geniales Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit...
Zudem fasziniert mich ganz einfach der Kampf mit den Naturelementen.
Du stehst ganz offen zu deinem Glauben und dem Stellenwert, den Gott in deinem Leben einnimmt. Was bedeutet er dir?
Bei allem auf und ab der Gefühle, ist er der konstante Pol in meinem Leben. Er ist immer da. Vor allem, als ich allein im Ausland unterwegs war, war es gut zu wissen, doch nie ganz alleine zu sein.
Spitzensport und Christsein ist dies nicht ein Widerspruch?
Im Gegenteil, mir tun all jene Sportler leid, die den enormen emotionalen Schwankungen eines Spitzensportlers ausgesetzt sind, ohne Jesus zu kennen.
Ich vergleiche Gott manchmal mit dem Wind: Der ist auch nicht sichtbar, aber trotzdem da und hat eine enorme Kraft. Als Mensch geht es nun darum, sein Segel richtig in diesen Wind zu stellen, um vorwärts zu kommen und das Ziel zu erreichen...
Wie lebst du deinen Glauben konkret?
Das Gebet ist extrem wichtig für mich und zwar nicht im clichéehaften Sinn von Beten mit gefalteten Händen nach dem „Bitte-Danke-Schema". Es geht für mich in erster Linie um Beziehung mit Gott. Er ist mein ständiger Begleiter. Mit ihm rede ich wie mit einem Freund, dem ich alles sagen kann. Ich erzähle Gott offen und ehrlich, was mich gerade beschäftigt. Gerade auf dem Surfbrett geniesse ich das laute Gespräch mit Gott sehr.
Hat die Begegnung mit Jesus deine Beziehung zum Sport verändert?
Oh ja, vor allem das erste Camp mit Athletes in Action oder die Sportbibelschule, die
ich absolviert habe. Es hat mir geholfen, Sportler kennen zu lernen, denen es gelingt, Sport und Glaube miteinander in Einklang zu bringen. Ich habe meine sportlichen Fähigkeiten als Gabe Gottes schätzen gelernt und erkannt, dass ich auf diesem Weg Gott dienen und ihm Freude bereiten kann. Früher habe ich mich zu sehr über die - sportliche - Leistung definiert. Heute weiss ich, was meine wahre Identität ist und wer ich in Jesus bin.
Carmen Imhof ist jeweils als Leiterin an AiA-Windsurf-Camps dabei.
Websites:www.athletes.ch
www.neustarten.ch
Datum: 29.07.2009
Quelle: Athletes in Action