Stammzellforschung: Krankheitsgene gezielt ausgeschaltet

Die vielfältigen Zellen des peripheren Nervensystems werden durch unterschiedliche Färbungen dargestellt und durch neurale Stammzellen hervorgebracht.

Washington. Bislang hat die Manipulation am Erbgut embryonaler Stammzellen nur bei Mäusen funktioniert. Zwei US-Forschern ist diese Manipulation durch die Technik der homologen Rekombination jetzt erstmals bei humanen Stammzellen gelungen. Sie konnten gezielt ganz bestimmte Gene ausschalten. Beim diesem Versuch machten die Forscher James Thomson und Thomas Zwaka von der University of Wisconsin die Zellmembranen porös, damit diese massgefertigte Gene aufnehmen können. Unter geeigneten Bedingungen finden und ersetzen die alte Version, schreibt Nature Biotechnology.

Mit dem Verfahren sei es möglich, auf jedes einzelne Gen Einfluss zu nehmen, sagte Zwaka. Die Technik mache möglicherweise auch einmal die bisher wenig erfolgreichen Methoden der Gentherapien überflüssig, glaubt der 30-Jährige.

"Das ist schon ein Durchbruch für die Forschung", bestätigt Stammzell-Experte Wolfgang-Michael Franz vom Universitätsklinikum Grosshadern in München. "Die Technik ermöglicht, im Reagenzglas an einzelnen Zellen gezielt Gene auszuschalten." Nun könnten Forscher eine genetisch bedingte Krankheit direkt an menschlichen embryonalen Stammzellen studieren. Wichtig ist das neue Verfahren Franz zufolge unter anderem bei Herzkrankheiten, weil viele Störungen nicht an Mäusen erforscht werden können. Einige Leiden des Menschen sind im Erbgut von Mäusen nicht verankert, neben Herzrhythmusstörungen zum Beispiel auch das seltene Lesch-Nehan-Syndrom, das bei Jungen eine Verminderung der geistigen Entwicklung hervorrufen kann. Zwaka gelang es, das Gen für dieses Syndrom in menschlichen embryonalen Stammzellen auszuschalten. Auf ähnliche Weise wolle er einmal die genetischen Wurzeln der Insulin- oder Cholesterinproduktion ändern und andere Krankheitsgene ein- oder ausschalten, sagt er.

Embryonale Stammzellen teilen und vermehren sich unbegrenzt. Sie sind der Grundstock, aus denen sich alle rund 220 verschieden Zellarten im Körper entwickeln. Manche Mediziner hoffen, sie einmal zur Gewinnung von Ersatzorganen und -geweben nutzen zu können. Mit Zwakas Technik könnte es in Zukunft möglicherweise einmal gelingen, Patienten genetisch "bereinigte Ersatzteile" zu liefern. Demnach würden Genetiker einem Kranken Gewebe entnehmen, aus ihm Stammzellen gewinnen und diese nach Zwakas Verfahren von Krankheitsgenen befreien.

Diese veränderten Stammzellen könnten dann mit Hilfe wachstumsfördernder Mittel das benötigte Ersatzgewebe liefern und dem Patienten anschliessend eingepflanzt werden, erläutert Zwaka. So würden Mediziner Parkinson-Kranken Dopamin produzierende Stammzellen ins Gehirn transplantieren können, ohne Gefahr zu gehen, dass diese Zellen den gleichen Defekt enthalten und über kurz oder lang einen neuen Krankheitsschub erzeugen.

Noch einfacher wäre es, wenn es Zwaka oder anderen Forschern tatsächlich gelingen sollte, jene Gene auszuschalten, die das Abwehrsystem gegen Spenderorgane oder -gewebe mobilisieren. Dann könnten Biotechnologen eines Tages Stammzelllinien zur Behandlung bestimmter genetisch bedingter Krankheiten entwickeln und sie gefahrlos jedem beliebigen Patienten einpflanzen.

Datum: 13.02.2003
Quelle: pte online

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